Kult-Lokale Teil 14Em Karnevalisten-Treff „Hähnche“ wurde Reker zu Henrijecke

reker besser

Oberbürgermeisterin „Henrijecke“ Reker ging Weiberfastnacht als Roter Funk hinter die Theke und begeisterte die Gäste „Em Hähnche“ mit einer Rede.

von Markus Krücken (krue)

Köln – Der Dom ist hier aus der Christophstraße in Sichtweite, auch die Hofburg liegt nicht weit. Wer im Karneval aktiv und eine Nummer ist, kommt an diesem 40 Quadratmeter-Lokal nicht vorbei. „Em Hähnche“ – das ist der Insider-Treff der fünften Jahreszeit. Und Top-Lokalität der jeweiligen Regenten…

„Das Dreigestirn schleusen wir meist durch den geheimen Seiteneingang rein“, erklärt Wirt Manfred Zender, Spitzname „Schubbi“, mit einem Lächeln, „hier können sie unter sich sein.“

Rekers jecke Rede ans Kneipenvolk

Zu einer Begegnung der besonderen Art kommt es Weiberfastnacht 2016. Ganz Köln feiert, tanzt und schunkelt. Und auch die Oberbürgermeisterin will sich nach dem ganzen Stress um die chaotischen wie traurigen Silvester-Tage den Spaß nicht entgehen lassen. „Auf einmal klingelt das Telefon und es heißt, die Frau Reker würde gerne bei uns vorbeikommen“, erinnert sich Schubbi, „das war ganz spontan.“

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Vier Monate nach dem Anschlag auf ihr Leben stand die Oberbürgermeisterin also im Kostüm der Roten Funken in dem Laden. Als einer der Gäste rief: „Eine Armlänge Abstand bitte“, da habe sie den Spaß mitgemacht – und dann eine jecke Rede ans Kneipenvolk gehalten. „Sie hat uns auch erzählt, dass sie ein Leben lang geträumt habe, die Uniform zu tragen.“

Em Hähnche

Christophstraße 7

Gegründet: In den 60ern

Betreiber: Manfred und Elke Zender

Publikum: Jung und alt, Geschäftsleute aus dem Bankenviertel, Veedelsleute und Karnevalisten

Treffpunkt für Karnevalisten

In der Eckkneipe im Gereonsviertel versammelt sich stets, was im Kölner Karneval Rang und Namen hat. Ist es mal wieder gerammelt voll, dann sieht man zum Beispiel Thomas Elster, den diesjährigen Prinzen, wie er Bauer Uli zuprostet. Am Nebentisch grüßt Rainer Tuschscherer, Präsident der Grossen Brauns-felder. Irgendwie sind sie alle von den großen oder traditionellen Gesellschaften, ob Prinzengarde, Löstige Paulaner, Blaue und Roten Funken, alle hier vertreten.

Aber wie bekam das „Hähnche“ überhaupt den Rang einer City-Kneipe, von der das kölsche Establishment immer öfter sagte: „Kum, da jon mer och hin“? Zu verdanken hat das Betreiber-Paar dies nach eigener Aussage vor allem einem stadtbekannten Jecken.

Dreigestirn um „Cola-Jupp“ begründete neue Tradition

Durch Ex-Prinz Franz-Josef Hermann, genannt „Cola-Jupp“, hat „das jecke Treiben bei uns Fahrt aufgenommen“, erklärt Schubbi. „Als Jupp 2006 Prinz war, hat er dauernd hier verkehrt und das Hähnche für die folgenden Dreigestirne sozusagen etabliert. Seither kommt das Dreigestirn immer mehrmals zu uns. Sie stehen alle auf unsere berühmten Frikadellen und die Kölschen Tapas.“ Und: „Natürlich kommt uns auch zugute, dass der Rosenmontagszug ja stets quasi vor unserer Ladentür endet.“

Seit 2000, als sie es vom mittlerweile verstorbenen Willi Becker übernahmen, führt Zender mit seiner Ehefrau Elke den Betrieb. Das Paar organisiert auch eine Schiffstour im Sommer über den Rhein sowie ein Oktoberfest für soziale Zwecke. Nur eines wissen die beiden umtriebigen Kölner Originale nicht. „Woher der Name “Em Hähnche“ kommt, kann ich selbst nicht beantworten“, rätselt Schubbi, „und immer wieder, vor allem von Touristen, werde ich danach gefragt.“

Taxifahrer lieferte Hähnchen

Er erzählt eine jecke Episode: „Einmal haben wir ein Taxi bestellt zur Christophstraße 7 mit der Ansage »Zum Hähnche«. Als der Wagen vorfuhr, mussten wir staunen: Da stieg der Fahrer aus und hatte sieben Hähnchen mitgebracht.“

Bunt ist die sonstige Prominenz, die einkehrt. Kardinal Woelki, der es vom Erzbischöflichen Palais nicht weit hat, kommt mittags gern seine geliebte Kohlroulade essen. Schlagerstars wie Michaela May oder Jürgen Drews trifft man an der Theke. Kölschsänger Micky Brühl gab hinterm Tresen mit Bläck Fööss-Kumpel Erry Stoklosa schon mal ein Spontankonzert. Und wenn Box-Trainer Uli Wegner nach Köln muss, kommt er hier sein Kölsch zischen – wie auch Fußball-Coach Friedhelm Funkel.

Zufluchtsort für die Tollitäten

Wirt Zender ist selbst Vize-Präsident der Grossen Braunsfelder. Ein Leben ohne Karneval ist für ihn nicht vorstellbar. Entsprechend lang sind die Nächte in der Session. An die längste Nacht erinnert er sich gern: „Das war am 11.11. letztes Jahr, als das Dreigestirn auftauchte. Die Herren wollten abends abschalten und haben sich zu uns abgeseilt. Dann gab es spätnachts noch Rumpsteak. Einmalig!“

Legendär ist auch schon der Morgen am Tag nach der Proklamation 2014: „Das Dreigestirn um Holger Kirsch von der Flittarder KG wollte, dass die Mitglieder zuerst die Prinzenspange erhalten und machten einen Frühschoppen bei uns. Ansage war, dass 60 Mann kommen. Es waren aber 300, die Schlange reichte bis auf die halbe Christophstraße...“

Auf der nächsten Seite: Hier wird hereinspaziert in die Karnevals-Kneipe.

Der diskrete Seiteneingang

Es ist eine Art Running Gag des Lokals: Manchmal bekommen die Wirtsleute Zender gar nicht mit, wenn sich das Dreigestirn bereits im Flur des Lokals befindet. Grund ist der allen Insidern bekannte Seiteneingang. „Manchmal ist die Adjutantur schon in der Küche bei den Frikadellen, weil ein Mitarbeiter sie reingelassen hat und wir haben so gar nicht bemerkt, dass das Dreigestirn im Gang steht“, schmunzelt Schubbi.

Wenn der Laden voll ist und beim Höhepunkt der Session ein Reinkommen kaum noch möglich ist, hilft die „Promi-Tür“ an der Seite. So, als Oberbürgermeisterin Henriette Reker an Weiberfastnacht im Lokal empfangen wurde.

Doch prinzipiell gilt: „Em Hähnche“ ist jedermann willkommen – auch natürlich von außerhalb. Zender: „Stolz sind wir auf Gäste wie die Erste Große KG Sieglar. Sie wandern seit sieben Jahren jeden Vatertag 25 km zum Hähnche. Die haben die besten Sitzungen im gesamten Rhein-Sieg-Kreis.“

Auf der nächsten Seite: Die „Hähnche“-Hymne!

Die „Hähnche“-Hymne

Ein Ständche fürs „Hähnche“ – Kölschsänger Micky Brühl hat der Eckkneipe vor kurzem eine eigene Hymne komponiert.

Die Idee zu dem Lied kam dem Karnevalsstar in seiner „zweiten Heimat“: Am Wörthersee. „Die Grossen Braunsfelder waren letzten Sommer auf Rats-Tour. Meine Freunde Schubbi und Co. saßen in meinem Stammlokal „16er“ in der Veldener Bucht und hörten immer wieder das Lied, das ich letztes Jahr für das Lokal geschrieben hatte: „I schau übern See“.

Da sagten sie zum Inhaber, meinem Spezi Franz Pfauser: „Du Franz, sag dem Micky, er soll das schöne Lied auf das „Hähnche“ in Kölle umtexten“. Gesagt, getan. Brühl nahm die Nummer auf Kölsch auf und übergab dem Wirtepaar Schubbi und Elke den Text vor wenigen Wochen als Urkunde. „Mir stonn ahn dr Thek“, heißt es nun anstelle von „I schau übern See“.

Eine der Textzeilen, die es trifft: „Un is et och klein, doch jeder der föhlt sich do su wie doheim“.

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