„Mit glühenden Eisen vergewaltigt“Ordensschwester berichtet von brutaler Hexen-Jagd

Die Schweizer Ordensschwester setzt sich im Ausland für Frauen ein, die als vermeintliche Hexen verfolgt werden.

Die 75-jährige Ordensschwester Lorena Jenal lebt seit 1979 im Hochland von Papua-Neuguinea.

Grausame Folter, öffentliche Demütigungen: Was wie aus dem Mittelalter klingt, ist für viele Frauen in Papua-Neuguinea bittere Realität. Ordensschwester Lorena Jenal (75) kämpft gegen diesen Wahnsinn – und wurde für ihren Mut nun in Köln von OB Henriette Reker empfangen.

Anlass für das Treffen im Rathaus am Donnerstag (8. August 2024) war der Internationale Tag gegen Hexenwahn, den das katholische Hilfswerk „Missio Aachen“ jährlich am 10. August begeht.

Die 75-jährige Schwester Lorena ist eine ihrer wichtigsten Projektpartnerinnen vor Ort – und ihre Berichte aus dem Hochland von Papua-Neuguinea lassen einem das Blut in den Adern gefrieren.

Besonders eine Geschichte erschüttert zutiefst: die von Christina Pakuma. „Christina wurde auf dem Dorfplatz gefesselt, ausgezogen und mit glühenden Eisen vergewaltigt“, erzählt Schwester Lorena im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

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Ihr gelang die Flucht nur durch einen unfassbar mutigen Trick. Eingesperrt in einer Hütte, schob sie sich einen Stein zwischen die Beine und rief den Leuten, die sie bewachten, zu: „Ich gebäre eine Hexe.“

Die Leute glaubten ihr, schnappten sich den blutigen Stein und rannten nach draußen, um zu rufen: „Wir haben die Hexe.“ In diesem Moment floh Christina und fand Schutz bei den Ordensschwestern. „Ich habe sie betreut“, so Schwester Lorena. Der 10. August, der Tag von Christinas Flucht, ist heute der Internationale Tag gegen Hexenwahn.

Als Geschenk brachte die Ordensschwester der OB zwei Bilder mit. Eines zeigt sie mit der geretteten Christina. Das andere, erstellt mit Künstlicher Intelligenz, zeigt Katharina Henot, das bekannteste Kölner Opfer der Hexenverfolgung aus dem Jahr 1627. Ein schauriger Bogen über die Jahrhunderte.

Oberbürgermeisterin Reker trifft Schwester Lorena anlässlich des Internationalen Tags gegen Hexenwahn und ehrt ihr Engagement für verfolgte Frauen.

Oberbürgermeisterin Reker traf Schwester Lorena anlässlich des Internationalen Tags gegen Hexenwahn und ehrte ihr Engagement für verfolgte Frauen.

Seit 45 Jahren lebt Schwester Lorena in Papua-Neuguinea, doch die brutalen Hexenverfolgungen sind ein neueres Phänomen.

„House of Hope“: Ein Schutzraum für gefolterte Frauen

„In den ersten Jahrzehnten gab es das gar nicht“, sagt sie. Erst Christinas Fall öffnete ihr die Augen für das Grauen. Seitdem hat sich die Lage dramatisch zugespitzt. 2021 wurde mit Hilfe von „Missio Aachen“ das „House of Hope“ eröffnet. Ein Schutzhaus, das 352 Frauen das Leben rettete. Doch die Ordensschwester schätzt: „Vielleicht doppelt so viele sind gestorben.“

Wer wird zum Opfer? „Das kann jedem passieren“, erklärt Schwester Lorena. Ein Unfall, eine Krankheit oder ein Familienstreit – schnell wird ein Sündenbock gesucht. Die aktuelle Weltlage, Gewaltvideos auf Handys, Drogen und der Klimawandel heizen die Stimmung weiter auf. „In den letzten Monaten ist es so schlimm wie nie geworden.“

Im „House of Hope“ finden die Frauen medizinische und psychologische Hilfe. Sie können schreien, weinen und ihre Wut rauslassen. Ans Aufhören denkt Schwester Lorena nicht. „Solange ich kann“, will sie weitermachen. „Ich habe mich in die Menschen des südlichen Hochlands von Papua-Neuguinea verliebt. Es ist meine Wahlheimat geworden.“ (red)