Erstes Treffen nach 25 JahrenEM-Helden von 1996 feiern mit besonderen Gästen ihr Jubiläum

Andreas Köpke und Jürgen Klinsmann beim Treffen der Europameister von 1996 im Europapark in Rust.

Andreas Köpke (l.) und Jürgen Klinsmann hatten beim „Klassentreffen“ der Europameister von 1996 am 19. September 2021 im Europapark in Rust sichtlich ihren Spaß.

Es war ein großes Wiedersehen mit vielen Anekdoten und Erinnerungen. Die Europameister von 1996 trafen sich im Europapark in Rust erstmals nach dem Triumph von Wembley wieder.

Rust. Bis weit in die Nacht schwelgten die Wembley-Helden um Kapitän Jürgen Klinsmann (57) und den einstigen Feuerkopf Matthias Sammer (54) in EM-Erinnerungen – und über die Leinwand flimmerte natürlich auch noch mal das entscheidende Golden Goal von Oliver Bierhoff (53).

„Der Chef hat eine geniale Idee gehabt, dass er den Oliver einwechselt, was wir alle nicht verstanden haben“, witzelte Klinsmann über die Joker-Rolle des Doppeltorschützen und Matchwinners beim finalen 2:1-Sieg am 30. Juni 1996 gegen Tschechien in Richtung des damaligen Bundestrainers Berti Vogts (74).

EM-Treffen: Berti Vogts organisierte die Zusammenkunft

Der damalige DFB-Coach war auch der Initiator des 25-Jahre-Treffens der bislang letzten deutschen Fußball-Europameister im Europa-Park Rust – und bewegte sich glücklich im Kreise seiner Mannschaft, die für ihn damals in London „der Star“ war.

Alles zum Thema Joachim Löw

Beim Turnier in England musste das DFB-Team große Widerstände wie Verletzungen, Sperren und Rückstände überwinden, woran Klinsmann bei der Gala nun erinnerte. In Jens Todt (51) war sogar ein Spieler nachnominiert worden. Für die Ersatztorhüter Oliver Kahn (52) und Oliver Reck (56) wurden Feldspielertrikots mit ihren Nummern vorbereitet. „Das war die Europameisterschaft der Kameradschaft, des brutalen Willens und des Teams hinter dem Team“, rühmte Klinsmann, dessen Finaleinsatz wenige Tage nach einem Muskelfaserriss fast schon ein Wunder war.

In Rust erklärte Teamarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt (79) nun auch die überraschende Genesung des Goalgetters, er habe mit „Heilerde“ eines kroatischen Masseurs die Wade des Stürmers behandelt. Abends ging's dann vom Teamhotel heimlich in den nahen Regent Park, wo Klinsmann erste vorsichtige Läufe unternahm – und schließlich grünes Licht gab.

Europameister 1996: Auch Boris Becker war unter den Gästen

Zu den Ehrengästen zählte auch Boris Becker (53). Die spezielle Rolle des Tennishelden beim Titelgewinn und in der durchfeierten Endspielnacht, nach der er „in den Armen“ von Andreas Möller (54) aufgewacht sei, wurde intensiv besprochen. „Mit Boris zu feiern, war eine perfekte Nacht“, bemerkte der im Endspiel wie Stefan Reuter (54) gesperrte Möller.

Thomas Helmer interviewt Boris Becker beim Treffen der Europameister von 1996.

Boris Becker und seine Partnerin Lilian De Carvalho Monteiro schauten beim Treffen der 96er-Helden vorbei. Hier wurde er von Thomas Helmer interviewt.

Becker war nach seinem verletzungsbedingten Wimbledon-Aus ständig zur Behandlung im Teamhotel. Vogts erlaubte Becker am Ende sogar, im Mannschaftsbus mit ins Wembley-Stadion zu fahren. „Ein unglaubliches Erlebnis“, wie Edelfan Becker noch 25 Jahre später schwärmt.

96er-Helden: Ex-Bundestrainer Jogi Löw schaute beim Treffen vorbei

Auch Joachim Löw (61) schaute beim „Klassentreffen“ der deutschen Europameister nahe seinem Wohnort Freiburg vorbei. Gut drei Monate nach seinem persönlichen EM-Aus gegen England und dem Abschied als Bundestrainer genoss Löw am ersten der zwei Abende ein paar gesellige Stunden im Kreise alter Weggefährten wie Ex-Chef Klinsmann oder seinem langjährigen Torwarttrainer Andreas Köpke (59). Es gehe ihm gut, sagte Löw beim Gläschen Rotwein in vertrauter Runde. Er tastet sich nach 15 Bundestrainer-Jahren noch vor ins Leben nach dem DFB. Wo er das Finale 1996 gesehen hatte, wusste Löw gar nicht mehr.

Die Europameister von 1996 auf einem Gruppenbild im Europapark in Rust am 19. September 2021.

Das Gruppenbild der Europameister von 1996 im Europapark in Rust.

Im „Saal Berlin“ lebten dann am Montagabend (19. September 2021) noch mal die Bilder vom Turnier auf. Vogts schilderte, wie er Klinsmanns Wunsch nach einem Teamhotel direkt in Manchester auf seine Weise gelöst hatte. Er wählte das gediegene Landhotel „Mottram Hall“ aus. „Für mich als Trainer war es in der Stadt, für euch als Spieler war es am Arsch der Welt.“ Bis zum Endspiel am 30. Juni 1996 im Londoner Wembley-Stadion kämpfte und biss sich das verletzungsgeplagte DFB-Team durch.

Stefan Kuntz fehlte beim EM-Treffen in Rust

0:1 lag Deutschland im Finale zurück, als Vogts in der 68. Minute Bierhoff einwechselte. Der Joker stach, köpfte vor 73.611 Zuschauern schnell das 1:1. Und in der fünften Minute der Verlängerung schoss der Angreifer von Udinese Calcio Deutschland mit seinem Golden Goal zum dritten EM-Titel, riss sich das Trikot vom Leib und jubelte. „Ich bin dem Torwart immer noch dankbar“, sagte Bierhoff: „Ich behaupte immer noch, dass der Ball schneller war, als es im Fernsehen aussah.“

Acht Europameister fehlten in Rust, darunter der am Montag in Istanbul als neuer türkischer Nationaltrainer vorgestellte Stefan Kuntz (58). Immerhin kam der Stürmer im Turnierfilm vor und erklärte launig seinen Diener beim Handshake mit Queen Elizabeth vorm Finale. Seine Mutter habe ihm am Telefon befohlen: „Wenn die Frau dir die Hand gibt, machst du eine ganz tiefe Verbeugung.“ (dpa/nb)