WM 2022:Schuften mit brennenden Füßen Gastarbeiter berichtet über Qualen in Katar

Männer in Arbeitsmontur stehen in einer Schlange.

Gastarbeiter, die für den Stadionbau in Katar eingesetzt werden, warten auf ihr Essen. (Foto: 7. Mai 2015)

Immer wieder steht die WM 2022 in Katar in der Kritik. Dass diese Kritik nicht von Ungefähr kommt, zeigen auch die schrecklichen Berichte eines jungen Tischlers, der in Katar Stadien baute.

von Julian Meiser (jm)

Doha. In 370 Tagen beginnt die Weltmeisterschaft in Katar. Das Turnier im Wüstenstaat ist umstritten, wird besonders von Menschenrechts-Aktivisten kritisiert. Fans weltweit lehnen den Austragungsort ab, fordern mit Vehemenz einen Boykott.

Doch die WM 2022 wird stattfinden, daran besteht keinerlei Zweifel mehr – selbst die Corona-Pandemie wird dem Großereignis keinen Strich durch Rechnung machen. Wie schlecht es den Arbeitern vor Ort wirklich ergeht und welche Spätfolgen viele davontragen, hat nun ein Betroffener der englischen Zeitung „The Times“ erzählt.

Amit Ali Magar: Gastarbeiter in Katar

Amit Ali Magar ist 24 Jahre alt und verdiente sein Geld in den letzten Jahren als Arbeitsmigrant im Golfstaat Katar. Jetzt ist er zurück in seinem Heimatland Nepal und erzählt über die miserablen Umstände auf den Baustellen der WM-Stadien.

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Damals ist Magar dem verlockenden Ruf des Geldes gefolgt: 220 Pfund im Monat boten ihm die Kataris für seine Tätigkeit. Zudem versprachen sie ihm angemessene Arbeitsbedingungen. Eine Lüge, wie sich später herausstellen sollte. Doch Magar reiste gutgläubig nach Katar.

Magar arbeitete als Tischler im katarischen Fußballstadion al-Thumama in Doha. Baubeginn war der 1. März 2017. Bei unmenschlichen Temperaturen mussten die Männer auf der Baustelle schuften, teilweise bei 50 Grad. Der Boden heizte sich enorm auf und die Hitze verbrannte den Arbeitern die Füße. Um die Schmerzen zu lindern, schütteten sie sich Wasser in ihre Schuhe. Anders wäre es nicht auszuhalten gewesen, gibt Magar an.

Quälende Spätfolgen für Arbeitsmigranten

Mit der Heimkehr zu seiner Mutter nach Nepal ist das Kapitel Katar für Magar jedoch noch nicht beendet, denn die Spätfolgen aus seinem Engagement im Golfstaat sind ebenso fatal: Wie Magar kehren viele Arbeitsmigranten krank nach Hause zurück, leiden an schweren Nierenerkrankungen, müssen regelmäßig zur Dialyse.

Magar selbst muss teilweise zweimal wöchentlich zur Dialyse, ist danach völlig erschöpft und ausgelaugt. Danach kann er sich kaum noch auf den Beinen halten. Ärzte diagnostizierten bei ihm außerdem ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko.

In Nepal seien ein Fünftel der Dialysepatienten Männer, die zuvor als Gastarbeiter in Katar tätig waren. Auch Transplantationen seien oft nötig. Solche Fälle nehmen immer mehr zu, heißt es.

Magars Aussagen ähneln den Berichten anderer Arbeitsmigranten, die in Katar auf Stadien-Baustellen ihr Handwerk verrichtet haben. Anfang des Jahres 2021 berichtete der britische „Guardian“ von insgesamt 6.500 Gastarbeitern, die seit der WM-Vergabe im Jahr 2010 im Katar gestorben sind. Das WM-Organisationssystem hingegen spricht von „lediglich“ 37 verstorbenen Arbeitsmigranten.

Deutsche fordern WM-Verzicht der Nationalmannschaft

Eine repräsentative Studie zeigt, dass die überwiegende Mehrheit Bundesbürger einen Teilnahme-Verzicht der deutschen Nationalmannschaft an der WM 2022 befürworten würde. Ein Befragung des „WDR“ ergab, dass sich 65 Prozent der Deutschen für einen solchen Verzicht aussprechen. Zuletzt protestieren die Fans des FC Bayern München in der Südkurve gegen den Sponsorendeal mit Qatar Airwaves.

Auch die deutsche Nationalmannschaft hat bereits versucht, auf Missstände in Katar aufmerksam zu machen. Vor dem Länderspiel gegen Island am 25. März 2021 (3:0) präsentierten die Spieler den Schriftzug „Human Rights“ auf ihren T-Shirts beim Mannschaftsfoto. Neben der widrigen Bedingungen für die Bauarbeiter, die die Stadien im Wüstenstaat hochziehen, werden auch die allgemeinen Menschenrechte im Emirat missachtet. Homosexuelle werden im Wüstenstaat beispielsweise verfolgt und Frauen unterdrückt.