„Ich kann kein Powerpoint – aber Fußball“Trainer-Legende Hermann Gerland haut Sprüche raus

Co-Trainer Hermann Gerland geht über den Platz.

Hermann Gerland begutachtet das Training der U21 am 11. November 2021.

Talent-Experte Hermann Gerland hat appelliert, im deutschen Fußball-Nachwuchs wieder mehr Wert auf das Dribbling zu legen. Aktuell ist der „Tiger“ Co-Trainer der U21-Nationalmannschaft.

Aspach. Er ist eine echte Trainer-Legende. Hermann Gerland (67), „Tiger“ genannt, gibt nach 20 Jahren beim FC Bayern München nun sein Wissen bei der U21-Nationalmannschaft weiter. Auch wenn das jüngste EM-Qualifikationsspiel mit 0:4 gegen Polen verloren ging, hat Gerland seine gute Laune und die positive Einstellung nicht verloren.

Nach der Beförderung von Antonio Di Salvo (42) wurde Gerland für die U21 gewonnen. „Ich habe schon ein bisschen gezittert und mich erst nicht so recht getraut, ihn anzusprechen“, sagte Dortmunds Jungstar Youssoufa Moukoko (16). Im Mannschaftsquartier der DFB-Junioren sprach Gerland am Samstag (13. November 2021) über…

…das 0:4 gegen Polen: „Jeder, der Fußball gespielt hat, weiß, dass viel passieren und viel danebengehen kann. Junge Spieler sind enorm starken Leistungsschwankungen unterworfen. Der Gegner hat in allen Bereichen seine beste Verfassung gebracht. Aus negativen Erlebnissen lernt man normalerweise aber mehr als aus positiven Erlebnissen.“

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Hermann Gerland: Wir müssen Dribbler ausbilden

…die Defizite im deutschen Nachwuchs: „Ich denke, dass wir an verschiedenen Stellschrauben drehen müssen. Das Spiel eins gegen eins muss sehr früh geschult werden, wir müssen Zweikämpfe und den Ball in den Vordergrund stellen. Wir müssen den Spielern beibringen, zu dribbeln. Wenn ich immer sage pass', pass', pass' und jedes Spiel mit zwei Kontakten mache, kann ich keinen Dribbler entwickeln.“

...moderne Trainer: „An der Tafel sind die alle viel besser als ich. Powerpoint kann ich gar nicht. Aber ich kann sehen, ob einer dribbeln kann. Ich kann sehen, ob einer laufen kann. Und ich kann sehen, ob einer köpfen kann.“

...Systeme: „Früher haben wir 11-gegen-11 gespielt. Heute spielen wir 3-4-3, 4-4-2, 4-1-4-1, 5-4-1, und ich habe noch drei, vier andere Systeme vergessen.“

…die Ablenkung der Kinder heute: „Die Kinder von heute haben ja viel mehr Ablenkungsmöglichkeiten als wir es früher hatten. Diese komischen Spiele an der Playstation und so weiter gab es früher nicht. Wir hatten einen Ball, und wenn derjenige, der den Ball hatte, im Urlaub oder krank war, waren wir aufgeschmissen.“

…seinen Abschied vom FC Bayern: „Ich habe freiwillig aufgehört. Danach habe ich zu Karl-Heinz Rummenigge und Jan-Christian Dreesen gesagt: ‚Wenn ich mal mit meinen Enkelkindern ins Stadion will, möchte ich bloß nicht hören, dass die Karten ausverkauft sind‘. Dann haben sie gesagt: ‚Hermann, du kannst keine Karten kaufen. Wenn du mit deinen Enkelkindern zu uns ins Stadion möchtest, kriegst du Karten von uns.‘ Das ist Bayern München. Ein Top-Klub. Es war eine tolle Zeit.“

...eine Morddrohung: „In Bielefeld habe ich Morddrohungen erhalten. Das ist ja nicht so schlimm. Ich war gerade dabei, ins Bett zu gehen. Auf einmal kam ein komischer Anruf. Da will mich einer umlegen, hat er gesagt. Ich habe gesagt: 'Ich komm runter, in einer Stunde, Adenauer Straße 95, ich warte. Wenn du eine Waffe hast, sieh zu, dass der erste Schuss trifft. Wenn nicht, dann wird's schwierig für dich. Wenn du ohne Waffe kommst, dann bring ein paar Leute mit, die dich nach Hause führen können. Aber es ist keiner gekommen.“

Hermann Gerland wünscht sich Bochum gegen Schalke in Liga eins

...den Ruhrpott: „Ich würde mich freuen, wenn im nächsten Jahr Bochum und Schalke in der ersten Liga spielen. Im Revier hält man zusammen, das ist etwas ganz Besonderes. Derbys waren immer exzellente Spiele.“

…seine Motivation: „Ich brauche nicht mehr zu arbeiten. Ich habe dem Fußball so viel zu verdanken, dass ich mein Wissen nicht einfach so wegwerfen, sondern es mit jungen Menschen teilen möchte. Es macht mir einfach Spaß.“ (msw)