Interview

Einblick in die FC-SucheThomas Kessler verrät: „Bekomme eine Menge Trainer angeboten“

Thomas Kessler ist der neue starke Mann am Geißbockheim, wenn es um sportliche Fragen geht. Der Sportdirektor traf sich mit EXPRESS.de zum großen Interview.

Noch hat er das Büro, in dem zuvor der ehemalige Sport-Geschäftsführer Christian Keller (46) arbeitete, nicht bezogen. Aber in den nächsten Tagen soll es so weit sein. Vorher werden noch ein paar Dinge verändert.

Der neue FC-Sportdirektor Thomas Kessler (39) will sich schließlich wohlfühlen in seinem Chef-Büro im Geißbockheim. Hier hat er in der Vergangenheit schon Verträge als Profi unterschrieben, bald sitzt er dort und wird den Spielern die Papiere zur Unterschrift vorlegen. EXPRESS.de traf den ehemaligen Torwart zum Antritts-Interview. Kessler über seine neue Verantwortung, die Trainersuche und die Kaderplanungen für die 1. Liga.

Thomas Kessler erklärt die Trainersuche beim 1. FC Köln

Herr Kessler, herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg und zum neuen Vertrag als Sportdirektor. Wie liefen die Gespräche aus Ihrer Sicht?

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Thomas Kessler: Sehr, sehr konstruktiv. Ich hatte zunächst den Auftrag, in der neuen Konstellation mit Friedhelm Funkel aufzusteigen. Dass es geklappt hat, hat uns natürlich alle sehr gefreut. Danach sind wir dann inhaltlich in die Gespräche gegangen, wie die genaue Ausgestaltung der neuen Aufgabe aussehen könnte. Am Ende haben wir eine gute Einigung gefunden.

Sie sind jetzt Sportdirektor, kein Geschäftsführer Sport – war das auch Thema?

Kessler: Ich arbeite ganz eng mit Geschäftsführer Philipp Türoff zusammen und jetzt auch mit Philipp Liesenfeld, der in die Geschäftsführung aufgerückt ist. Intern wurde verkündet, dass wir jetzt die Geschäftsleitung des Klubs bilden, auch wenn ich nicht den Titel Geschäftsführer trage. Aber ich kann als Prokurist Verträge unterschreiben und bin in der Hauptverantwortung für den Sport beim 1. FC Köln. Da macht es für mich in der täglichen Arbeit keinen Unterschied, ob ich Geschäftsführer bin oder Sportdirektor. Für mich ging es in den Gesprächen hauptsächlich um die Inhalte, die ich mitgestalten kann und die ich verantworten darf.

War es ein Verhandlungsvorteil für Sie, dass der Klub ein bisschen unter Druck war? Hätte es keine Einigung gegeben, wäre die Suche nach einem Sportchef von vorne losgegangen und dann hätte auch die Trainersuche später begonnen …

Kessler: Ich habe das nicht so empfunden. Es ging um die Ausgestaltung der Stelle. Meine Ideen hatte ich schon vorher präsentiert und habe auch skizziert, wie ich den Bereich in Zukunft sehe.

Im September gibt es einen neuen Vorstand. Das neue Präsidium könnte zum Beispiel zu dem Schluss kommen, wir brauchen jetzt wieder einen dritten Sportgeschäftsführer, den setzen wir dem Kessler vor die Nase. Spielt das in Ihren Überlegungen irgendeine Rolle?

Kessler: Nein, dafür ist die Aufgabe, die ich jetzt vor der Brust habe, einfach viel zu groß und viel zu wichtig. Wir sind im Profifußball, in der Bundesliga, da gibt es grundsätzlich keine Garantien für irgendwas. Für mich geht es jetzt nur darum, mit meinem Team gute Arbeit zu leisten. Ich gehe die Aufgabe mit großer Demut an, aber trotzdem mit völliger Überzeugung. In so einer Situation das Heft des Handelns in die Hand zu bekommen, ist ein großer Vertrauensbeweis und jetzt geht es einfach darum, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um das Vertrauen zu bestätigen.

Sie treten jetzt auch aus dem Schatten von Christian Keller. Müssen Sie da ihr Profil schärfen?

Kessler: Also, ich bin da völlig uneitel. Es geht nicht um mein Profil. Für mich geht es nur darum, dass unsere Entscheidungen für den FC in Erfolg münden. Ich lege auch keinen großen Wert darauf, was Leute von außen über einen sagen. Mir ist viel, viel wichtiger, was die Mitarbeiter im Klub über mich sagen. Vor allem die, die eng mit mir arbeiten. Der 1. FC Köln ist ein riesiger Verein, wir haben viele Mitarbeiter, wir haben große Aufgaben, die wir bewerkstelligen müssen. Das wird keine One-Man-Show. Ich werde versuchen, zusammen mit meinem Team und mit wichtigen Menschen um mich herum, gute Entscheidungen zu treffen. Aber klar ist auch, dass ich den Schritt nach vorne wage. Ich muss jetzt für Dinge geradestehen.

Hatten Sie noch mal Kontakt mit Christian Keller?

Kessler: Kurz nach der Freistellung von Christian waren wir kurz in Kontakt. Wir haben vereinbart, dass wir uns nochmal in Ruhe austauschen werden. Es ist völlig legitim, dass Christian enttäuscht über die Entscheidung des Klubs ist, weil er hier einfach jahrelang mit großem Herzblut für den Klub gearbeitet hat. Ich habe mich auch bei ihm bedankt, weil vieles in den letzten Jahren in die richtige Richtung gelaufen ist. Wir sind nicht im schlechten auseinander gegangen.

Hat Urs Fischer schon in Köln unterschrieben?

Wie läuft die Trainersuche aktuell? Können Sie ein paar Details bei dem Prozess verraten?

Kessler: Ich führe Gespräche, mache mir ein Bild von unterschiedlichen Kandidaten und dann komme ich irgendwann zu der Überzeugung, dass einer der richtige Trainer für den 1. FC Köln ist.

Wie sieht es zeitlich aus, gibt es da eine Deadline?

Kessler: Nein, ich lasse mich trotz aller Emotionalität von außen nicht aus der Ruhe bringen oder gar treiben. Die Saisonvorbereitung der neuen Mannschaft startet Anfang Juli, bis dahin ist noch Zeit. Aber klar ist auch, dass es nicht optimal wäre, wenn der neue Trainer erst zwei Tage vor dem Trainingsstart feststehen würde.

Gibt es eine Liste mit fünf, sechs Namen, die man abarbeitet?

Kessler: Wir haben natürlich eine Marktübersicht. Es gibt auch Trainer, die im Laufe des Prozesses beobachtet werden. Aber wir haben schon klare Kriterien erarbeitet. Und die versuche ich dann mit der Idee des Fußballs übereinzubringen. Persönliche Gespräche geben mir im Verlauf den besten Eindruck, da werden Vorstellungen bestätigt oder auch widerlegt. Wenn ich mit jemandem im intensiven Austausch bin, kann ich mir das beste Bild machen.

Haltet ihr auch an der Spielidee fest, die Keller implementiert hat?

Kessler: Ich würde eher sagen, dass es eine Ausbildungsidee ist. Es geht darum, dass wir eine gewisse Grundidee haben, welchen Fußball wir spielen wollen und wie wir ausbilden. Da gibt es dann Leitplanken, in denen wir uns bewegen wollen. Diese Leitplanken sind in der Ausbildung ein bisschen enger, als sie am Ende im Profifußball sind. Wir müssen auch flexibel und variabel sein, um auf bestimmte Ereignisse reagieren zu können, wie das Beispiel mit Friedhelm Funkel gezeigt hat.

Ist es richtig, dass Sie gerne mit Funkel als Trainer weiter gemacht hätten?

Kessler: Ich hatte mit Friedhelm einen sehr offenen Austausch und habe ihm von Anfang an gesagt, dass ich ihn gerne in dem Auswahl-Prozess haben möchte. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich für meine Entscheidung eine gute Grundlage brauche und dafür muss ich mich mit vielen Menschen unterhalten. Dass er am Ende dieses Prozesses mein Wunschcheftrainer für die neue Saison sein könnte, habe ich nicht ausgeschlossen. Er hat daraufhin aber gesagt, dass er nicht in so einen Prozess eingebunden werden will. Aber er findet die Vorgehensweise professionell. Seine Entscheidung ist völlig legitim. Das Allerwichtigste ist: Friedhelm hat nicht nur dieses Jahr, sondern auch schon vor ein paar Jahren unheimlich viel für diesen Klub getan. Er hat eine große Expertise, vielleicht können wir diese zukünftig in anderer Form beim FC einbinden.

Gibt es da schon konkrete Überlegungen, als Berater oder ähnliches?

Kessler: Nein, wozu Friedhelm bereit wäre, das kann ich nicht sagen. Wir sind so verblieben, dass ich ihn in ein paar Wochen mit seiner Frau Anja zum Abendessen einladen werde. Dann sprechen wir darüber, was Sinn ergeben könnte und was nicht.

Es gibt Berichte, dass Urs Fischer schon als Trainer unterschrieben hat. Stimmt das?

Kessler: Nein, es ist keine Entscheidung getroffen worden, wer unser neuer Cheftrainer wird. Mehr werde ich dazu nicht sagen.

Wie viele Trainer stehen denn zur Auswahl?

Kessler schmunzelt: Ich bekomme eine Menge Trainer angeboten, aber wer bei mir auf der Liste steht, das verrate ich nicht.

Neben einem Trainer braucht ihr auch einen schlagkräftigen Kader für die nächste Saison. Wie viel Keller steckt da noch in den Planungen? Und was kommt jetzt von Ihnen?

Kessler: Unser Scouting arbeitet ja nicht erst seit ein paar Wochen daran, sondern schon eine längere Zeit und wir haben als Klub Ideen entwickelt. Das sind nicht nur Ideen von Christian Keller. Jetzt liegt die Hauptverantwortung bei mir, da kann es sein, dass es die eine oder andere Anpassung von mir gibt. Es kann durchaus sein, dass wir Spieler verpflichten werden, die vorher schon auf der Liste waren. Es kann aber auch sein, dass wir Spieler verpflichten werden, die vorher nicht auf der Liste waren.

Einige Experten, darunter auch Funkel, glauben, dass der FC vier bis sechs Stammspieler braucht, um in der 1. Liga bestehen zu können. Wie bewerten Sie das?

Kessler: Eine Zahl zu nennen, wäre als Verantwortlicher zum jetzigen Zeitpunkt unseriös. Wir können jetzt noch gar nicht sagen, wie viele Transferbewegungen es am Ende wirklich geben wird. Das hat natürlich auch damit zu tun, wie viele Spieler uns verlassen werden, welche Bewegungen es auf dem Markt gibt, und wie das unser Budget beeinflusst. Vielleicht haben wir auch die Möglichkeit, in der ein oder anderen Situation mal in ein höheres Regal zu greifen. Oder wir müssen auf anderen Positionen mit einer Leihe und einer Kaufoption arbeiten. Wir haben viele Themen vorbereitet, jetzt geht es in die Phase, wo es interessant wird.

Auf welchen Positionen müssen denn zwingend Verstärkungen her?

Kessler: Wir schauen uns in jeder Positionsgruppe um und haben Ideen. Es gibt keine Position, ohne Handlungsbedarf. Wir sind auf viele Szenarien vorbereitet.

Es soll ein zweistelliges Transferbudget geben, wie groß werden die Transfers ausfallen – auch im Vergleich zur Konkurrenz?

Kessler: Ich weiß nicht, was die Konkurrenz zur Verfügung hat und werde auch nicht über unser Budget reden. Vielleicht finden wir auf einigen Positionen kreative Lösungen und bei anderen Positionen wird es vielleicht etwas teurer. Insgesamt würde ich sagen, dass wir in der Lage sind, den Kader zu verbessern, aber wir können auch keine großen Sprünge machen.

Welche Philosophie vertreten Sie bei den Transfers – eher talentierte Youngsters oder gestandene Profis?

Kessler: Wir sollten ein Klub bleiben, der ein Sprungbrett für junge Spieler ist. Es muss also auch das Ziel sein, Spieler zu holen, die den nächsten Schritt beim 1. FC Köln machen.

Kessler formuliert erstes Bundesliga-Ziel für den 1. FC Köln

Es geht aber auch um eine neue Hierarchie und Struktur, oder?

Kessler: Ja, da stecken wir im Prozess: wo holen wir Entwicklungsspieler und wo benötigen wir Spieler, die dem Team Struktur geben. Aber generell muss ich sagen, dass unsere Mannschaft zuletzt bewiesen hat, dass sie eine gute Hierarchie und Struktur hatte. Wie sie mit dem neuen Trainer zusammengearbeitet hat, wie diese Mannschaft gegen den 1. FC Kaiserslautern gespielt hat, war richtig gut. Auch wenn wir uns nicht von einem Spiel blenden lassen, bringt diese Mannschaft vieles von dem mit, was wir im kommenden Jahr brauchen. Jetzt wollen wir hauptsächlich Qualität hinzufügen, wenn diese Spieler dann auch Führungsqualität haben, umso besser.

Habt ihr eine Zielvorgabe für die kommende Saison?

Kessler: Die Zielvorgabe ist, dass der 1. FC Köln in der Saison 26/27 Bundesliga-Fußball spielt. Das ist das oberste Ziel. Dafür werden wir jetzt alles tun. Diesen Schmerz, den ich letztes Jahr beim Abstieg verspürt habe auf der Rückfahrt von Heidenheim nach Hause, den möchte ich nicht noch mal verspüren.