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Frauenfußball-KolumneTurbine ohne Antrieb: Was beim Traditionsverein aus Potsdam schiefgelaufen ist

Laura Radke vom 1. FFC Turbine Potsdam schaut traurig auf den Boden.

Laura Radke von Turbine Potsdam reagiert enttäuscht über die Niederlage am 21. Oktober 2022 in Meppen.

Schon vor Beginn der neuen Bundesliga-Saison war klar, dass Turbine Potsdam vor herausfordernden Monaten steht. Nach Jahren mit ausbleibenden Erfolgen und Investitionen vollzieht der Klub aktuell einen Umbruch. 

von Alina Ruprecht (aru)

Dieser wird ihn im schlimmsten Fall die Erstklassigkeit kosten. Nach einem schwachen Start in die neue Spielzeit musste jetzt Trainer Sebastian Middeke nach sechs Partien seinen Posten räumen. Die Abwärtsspirale bei Turbine Potsdam dreht sich damit unaufhörlich weiter.

Doch alles von Beginn an. Im Sommer hatten zahlreiche Stammkräfte, unter ihnen Gina Chielinski, Sara Agrez und Selina Cerci, den Verein verlassen. Weitere elf (!) Spielerinnen taten es ihnen gleich, wodurch die Turbinen mit einem völlig neuen Kader in die Saison 2022/23 starteten. Auch auf der Trainerposition vollzog sich ein Wechsel: Middeke löste Sofian Chahed ab, der das Team noch im letzten Jahr ins DFB-Pokalfinale geführt hatte. Dort setzte es gegen die Serien-Siegerinnen des VfL Wolfsburg eine mehr als enttäuschende 5:0-Niederlage.

Champions League wäre wichtig gewesen

Die vergangene Spielzeit beendete Turbine Potsdam in der Bundesliga auf Rang vier. Damit verpasste die Mannschaft nur knapp einen Qualifikationsplatz für die Champions League. Das Geld, das die Klubs durch die Teilnahme an dem europäischen Wettbewerb erhalten, hätte man in Potsdam mehr als dringend gebrauchen können. Der Traditionsverein, der 2005 und 2010 die Champions League gewann, sowie sechsmal die deutsche Meisterschaft feierte, ist seit jeher eigenständig. Das bedeutet, er ist unabhängig von einem großen Lizenz-Klub aus der Bundesliga der Männer und dessen Geldern.

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Doch hierin liegt eines der Kernprobleme, mit dem Turbine Potsdam nun zu kämpfen hat. Die gestiegene Professionalität im Frauenfußball, die sich in den vergangenen Jahren vollzogen hat, macht(e) zahlreiche neue Investitionen notwendig. Unter anderem haben die Bundesliga-Vereine heute größtenteils ihr Personal, das berühmte Team hinter dem Team, aufgestockt und die internen Infrastrukturen verbessert.

Nicht so der ostdeutsche Traditionsverein, der im Vergleich hinterherhinkt. Spätestens seit dem Wechsel von Selina Cerci zum 1. FC Köln wurden Fragen nach der medizinischen Versorgung bei Potsdam laut. Die Top-Stürmerin riss sich in der vergangenen Saison das Kreuzband und verließ den Verein mitten im Reha-Prozess.

Auch an anderen Stellen hakt es. So ist beispielsweise der Rasen im Karl-Liebknecht-Stadion, in dem die Turbinen ihre Heimspiele bestreiten, weitestgehend als uneben und löchrig bekannt. Ein Spielfeld mit suboptimalen Bedingungen wie diesem birgt große Verletzungsrisiken für die Heim- und Gästemannschaften. Zudem konnte der Verein nach internen Streitigkeiten die Wogen in der Führungsetage noch nicht vollständig glätten. Nach dem Rücktritt des umstrittenen Präsidenten Rolf Kutzmutz ist dessen Stelle noch immer vakant. Auch Middekes Nachfolge wird bis zur Winterpause zunächst nur interimsmäßig besetzt werden.

Das fehlende Geld, die fragwürdigen Bedingungen, sowie der Fakt, dass viele Spielerinnen des Vereins neben dem Fußball noch einer anderen beruflichen Tätigkeit nachgehen müssen, um monatlich über die Runden zu kommen, macht Turbine Potsdam als Gesamtverein aktuell wenig attraktiv.

Die Konkurrenz in der Bundesliga scheint spätestens in diesem Jahr endgültig an dem reinen Frauenfußball-Verein vorbei zu ziehen. Zuletzt fehlte es in Potsdam zudem an einer klaren Zielsetzung, sowie langfristiger Planung, um einen stabilen Spielbetrieb gewährleisten zu können.

Als Resultat taumeln die Turbinen nun, scheinbar antriebslos, durch die aktuelle Saison. Dass einem Verein, der einst eines der großen Aushängeschilder des deutschen Frauenfußballs war, der Abstieg in die Zweite Bundesliga droht, verdeutlicht einmal mehr, dass besonders unabhängige Klubs es in Zukunft schwer haben werden, mit der Konkurrenz auf Augenhöhe zu bleiben. Mit der SGS Essen kämpft ein weiterer von ihnen um das Überleben im Oberhaus.


Alina Ruprecht ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.


Der Fall von Turbine Potsdam zeigt auch die Dringlichkeit einer einheitlichen Professionalisierung der Bundesliga. Nur wenn alle Vereine über ausreichend Gelder und optimale Strukturen auf und neben dem Platz verfügen, kann ein fairer Wettbewerb, sowie interne und internationale Konkurrenzfähigkeit gewährleistet werden.

Auch müssen sich die Spielerinnen endlich vollständig auf ihre Fußballkarrieren konzentrieren können, ohne nebenbei einem anderen Beruf nachgehen zu müssen. Dies wäre im Sinne aller Vereine, aber vor allem der Bundesliga selbst. Für sie wäre der Verlust von Turbine Potsdam ein großer.