Fortunas Kult-Funktionär macht weiterNach 34 Jahren: Jäger verrät irren Pimmel-Gag

Paul Jäger steht im Stadion.

Paul Jäger ist Fortuna Düsseldorf seit mehr als 30 Jahren als Funktionär treu. Nun hängt er noch mal ein Jahr ran. Hier ist er am 14. Januar 2017 zu sehen.

Paul Jäger bleibt Fortuna Düsseldorf erhalten. Der langjährige Funktionär hat seinen Vertrag um ein Jahr verlängert. Zudem verrät Jäger eine irre Anekdote.

von Volker Geissler (vog)

Eigentlich hätte Paul Jäger (64) als kommender Rentner in diesen Tagen seinen Ausstand geben müssen – er bleibt Fortuna aber erhalten und hat seinen Vertrag als Direktor CSR bis zum 30. Juni 2024 verlängert – erst einmal. Jäger kümmert sich damit weiter um die Bereiche Wirtschaft, Ökologie und Soziales.

Fortuna ohne Jäger? Kann man sich eh nicht vorstellen. Kein Funktionär im deutschen Fußball hat eine solche Achterbahnfahrt zwischen Glückseligkeit und Fiasko hinter sich. Und alles begann am 1. Juli 1989.

Paul Jäger macht bei Fortuna Düsseldorf weiter

Jäger startete damals beim frisch gebackenen Bundesliga-Aufsteiger als Geschäftsführer. Gleich zu Beginn gab es eine Ansage vom obersten Übungsleiter. „Jäger, musst du eins verstehen: Wichtigster Mann im Verein ist der Trainer“, lautete die Begrüßung von Aleksandar Ristic (78). Das erzeugte Respekt.

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„Ich war neu und wollte natürlich vornehm sein“, erinnert sich Jäger. „Deshalb habe ich unseren Zeugwart Aleks Spengler gefragt, was ich Ristic auf Kroatisch antworten könnte, wenn er mich fragt, wie es mir geht.“ Doch da war er an den falschen Schelm geraten. Denn als Jäger dann tatsächlich das antwortete, was Spengler ihm beigebracht hatte, verzog Ristic das Gesicht. Weil die Übersetzung lautete: „Wie ein Pimmel im kalten Wasser.“ Es war nur eine von zahlreichen Verrücktheiten, die Jäger in inzwischen fast 34 Jahren bei Fortuna miterlebt hat.

Paul Jäger bei Fortuna Düsseldorf: Viele Auf- und Abstiege

„Ich bin der einzige Funktionär bei einem großen Verein, der seine erste Mannschaft in fünf verschiedenen Ligen gesehen hat. Ich bin also einzigartig. Darauf bin ich nicht stolz, aber es macht schmerzfrei“, sagt Jäger. „Außerdem habe ich so gelernt, den Fußball aus dem Blickwinkel aller Ligen zu sehen.“ Das war allerdings manchmal schon hartes Brot. Wie 1993, als sich Fortuna nach zwei Abstiegen in Folge plötzlich in der damaligen Oberliga Nordrhein wiederfand. Damals hätte es für ihn Angebote von anderen Vereinen gegeben, verrät Jäger. „Aber ich hatte mein Hobby zum Beruf gemacht und bin deshalb als geschäftsführendes Vorstandsmitglied geblieben.“

Auch, weil er an Ristic glaubte, der zwischendurch Richtung Schalke abgewandert und inzwischen wieder da war. „Es war schwer, wieder hochzukommen. Wir mussten als Meister ja auch noch eine Aufstiegsrunde gegen Paderborn, Augsburg und Braunschweig spielen. Aber Ristic hat eine bestimmte Mannschaft mit einem bestimmten System aufgebaut. Der hätte auch elf Mann aus dem Freibad in Flingern holen können und hätte es geschafft“, scherzt Düsseldorfs Funktionärs-Ikone.

Doch das Auf und Ab ging weiter. Fortuna schaffte zwar den Durchmarsch in die Bundesliga, stürzte aber wenig später erneut ab. Fast alle Protagonisten mussten gehen, Jäger blieb. Und sorgte in der Saison 2000/2001, in der Fortuna sportlich in die Viertklassigkeit abstieg, für Schlagzeilen. „Ja, der IC Deichgraf war eine besondere Geschichte“, kann er heute drüber lachen. Damals reiste Fortuna nach einer Klatsche bei Mitkonkurrent Sachsen Leipzig mit dem Zug nach Hause, nach diversen Kaltschalen geriet Jäger mit Kapitän Guido Jörres (48) aneinander – beinahe wäre es zu einer Schlägerei gekommen. Trainer war mal wieder Ristic, inzwischen zum dritten Mal bei Fortuna.

Paul Jäger erinnert an legendären Zug-Zoff mit Düsseldorf-Kapitän

„Er saß irgendwo, hat an seinem Kamillentee genippt und war sehr dankbar, dass diese Geschichte vom Debakel abgelenkt hat“, schmunzelt Jäger. „Aber es ist ja auch normal, dass es Zoff gibt, wenn mir Jörres nach einem 1:5, bei dem er auch noch einen Elfmeter verschossen hat, vorwirft, ich hätte ihn bei Vertragsverhandlungen über den Tisch gezogen.“

Der eigentliche Wahnsinn begann aber nach der Saison. Fortuna brauchte noch einen Verein, dem die Lizenz entzogen wird, um in der Liga zu bleiben. Am entscheidenden Abend, als um 0 Uhr Deadline für die Einreichung der Unterlagen war, saß er mit dem Vorstand beim Italiener zusammen. „Um 23.30 Uhr bekam ich den Hinweis, dass von Wilhelmshaven noch nichts angekommen ist“, beschreibt Jäger den Auftakt zu einer wahnwitzigen Idee. Bis 0.05 Uhr faxte er permanent die Speisekarte des Restaurants an den DFB, Wilhelmshaven kam nicht durch und Fortuna blieb drin. „Es hat nie eine Nachfrage aus Frankfurt gegeben, warum an diesem Abend ständig die Speisekarte aus Düsseldorf gefaxt wurde“, wundert er sich noch immer. Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

Ein Jahr später stieg Fortuna dann trotzdem ab, der Verein war auch finanziell pleite. Mit neuen Mitstreitern schaffte Jäger dann aber das fulminanteste Comeback eines Klubs, das man je gesehen hatte. Jäger: „Es kamen Leute, die die Wende brachten. Es ging langsam und kontinuierlich nach oben. In dieser Zeit hat man gesehen, dass Fortuna deutlich größer ist als die handelnden Personen oder die Spieler, die gerade auf dem Rasen kicken.“

Fortuna Düsseldorf kehrt in die Bundesliga zurück

Sein schönstes Erlebnis in dieser Zeit? „3. Liga, vorletzter Spieltag. Wir gewannen 2:1 in Aalen und hatten alles in der Hand. Die Rückfahrt war unglaublich, als kämen wir vom Europapokal-Finale in Basel. Das war der größte Gänsehaut-Moment, eine Karawane von glückseligen Düsseldorfern.“ Die dann eine Woche später tatsächlich den Aufstieg feiern durften. 2012 ging es noch eine Etage höher – mit XXL-Getöse und Gerichtsverhandlung nach dem Relegationssieg gegen Hertha. Mittendrin? Natürlich Jäger! Der war zu Prozessbeginn noch zu Scherzen aufgelegt, sagte einem DFB-Mann in Anspielung auf den verfrühten Platzsturm durch Fortunas Fans: „Wenn man so lange enthaltsam lebt, darf man doch auch mal zu früh kommen.“

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„Aber im Prozessverlauf wurde mir immer klarer, dass wir gewinnen.“ Dafür zeigte er vollen Einsatz, verfolgte Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt (67) sogar bis aufs Klo: „Voller Einsatz als Verteidiger!“ Fortuna gewann, Jäger war trotzdem stinksauer auf die Berliner. „Die Saison danach war die einzige, in der ich mal auf den 1. FC Köln gehalten habe – als sie gegen Hertha gespielt haben.“

Wie lange er Fortuna noch erhalten bleibt? „Bis der Tod uns scheidet, zumindest als Fan“, verspricht Jäger. Und was hat er noch für (realistische) Träume rund um seinen Herzensverein? „Ich möchte gerne erleben, dass wir uns in der Bundesliga etablieren und sogar mal wieder international spielen. Und dass wir die Chancen im Pokal mal nutzen, die sich ab und zu mal bieten.“