Als Spieler hat Marco Höger viel erreicht. Jetzt beginnt für ihn ein neues Kapitel beim 1. FC Köln. EXPRESS.de traf ihn zum Interview.
Neuer Posten beim FCMarco Höger: „Huub Stevens hat gefragt, ob ich noch alle auf der Reihe habe“
Marco Höger (35) hat nach der Saison seine aktive Karriere beim 1. FC Köln beendet. Er spielte zuletzt in der Regionalliga-Mannschaft der Kölner.
Jetzt freut er sich auf seine neue Aufgabe beim FC: Höger wird Kaderplaner der U21. EXPRESS.de traf den sympathischen Kölner im Mai 2025 zum Interview. Es entwickelte sich ein interessantes Gespräch über die eigene Karriere, Trainer wie Huub Stevens und den neuen Zeitgeist am Geißbockheim.
Marco Höger wird U21-Kaderplaner beim 1. FC Köln
Es war bestimmt kein leichter Schritt, die Karriere zu beenden. Aber beim Blick zurück, kannst du sehr zufrieden sein – was waren deine Karriere-Highlights?
Marco Höger: Da gibt es relativ viele. Ich habe ja noch zu einer erfolgreichen Zeit auf Schalke gespielt, als der Verein noch in der Champions-League gespielt hat. Wir haben damals sogar in Madrid gewonnen. 2012 habe ich ein Tor im Derby in Dortmund gemacht, das war ein weiteres Highlight. Und in Köln sind wir hier 2017 Fünfter geworden und es gab einen Platzsturm nach dem letzten Spiel. Wir wurden hier im Stadion auf dem Balkon gefeiert, als wären wir Deutscher Meister geworden. Das vergisst man nie. Und die Relegation mit dem FC gegen Kiel gehört natürlich auch zu den Highlights, obwohl man das ein bisschen anders bewerten muss, weil die Saison davor schlecht gelaufen ist. Aber wir haben es in zwei Spielen dann Gott sei Dank noch mal gekippt bekommen. Sowas bleibt dann auch besonders in Erinnerung.
Warum war für dich jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, die Karriere zu beenden?
Höger: Ich habe schon früh in der Karriere, als das Karriereende noch weit weg war, gedacht, dass 34 ein gutes Alter wäre, um aufzuhören. Aber dann kam hier in Köln die Transfersperre. Da hat der FC mich gefragt, ob ich noch ein Jahr in der Regionalliga dranhängen möchte. Die Saison hat mir dann mit den Jungs in der Kabine noch mal richtig Spaß gemacht. Ich habe gemerkt, dass mich das jung hält. Im Verlaufe der Saison habe ich mir dann aber Gedanken gemacht. Gerade in den Wintermonaten in der Regionalliga, auch mit den Spielen auswärts – da ist es mir schon schwergefallen, mich selbst zu motivieren. Beim Spiel in Duisburg, wo es mit einer tollen Atmosphäre von 20.000 Fans perfekte Rahmenbedingungen gab, habe ich dann gemerkt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Es hat in Duisburg wirklich Spaß gemacht, aber es hat mir nicht mehr so viel gegeben, wie früher. Ich war am Ende des Tages froh, dass ich weg von dem Trubel war und im Bus saß. Da habe ich dann endgültig gespürt, dass es die richtige Entscheidung ist, aufzuhören.
Spielt es auch eine Rolle, wenn man weiß, dass man in einer anderen Rolle im Verein bleiben darf?
Höger: Ja, das hat auch eine Rolle gespielt. Die Perspektive, dass ich nach der Karriere beim FC eingebunden werde, wurde schon unter Alexander Wehrle und Horst Heldt schriftlich zusammengefasst. Als ich in Mannheim gespielt habe und mich schwer verletzt hatte, habe ich dann nebenbei schon für den FC im Scouting gearbeitet. Das habe ich auch fortgesetzt, als ich hier in der U21 gespielt habe. Ich bin nun schon sehr tief drin in dieser ganzen Thematik.
Wie genau wird deine neue Funktion beim 1. FC Köln nun aussehen?
Höger: Mein Aufgabenfeld liegt im Leistungsbereichs-Scouting der Akademie mit dem Schwerpunkt Kaderplanung U21. Wir haben im Verein gemerkt, dass die Kaderplanung bei der U21 ein Thema ist, was genauso angegangen werden muss, wie in der Profiabteilung. Vielleicht sogar noch ein bisschen intensiver, weil du auch viele Spieler hast, die bei den Profis mittrainieren und zwischen der U21 und der Profiabteilung pendeln. Das ist schon eine riesige Aufgabe, auf die ich mich sehr freue.
War das nicht kurios, als du noch gespielt hast? Hast du dann in Spielen auch Gegner gleichzeitig gescoutet?
Höger lacht: Ja, da waren teilweise auch Jungs dabei, die wir beim 1. FC Köln auf dem Radar haben. Man blickt da auf jeden Fall anders drauf. Wenn man selbst spielt, ist es aber natürlich schwer, sie in einem Spiel zu scouten. Aber man beschäftigt sich natürlich dann noch intensiver mit der gesamten Liga und auch mit einigen Gegenspielern.
Höger über Entwicklung von Kölner Spielern
Ist der FC für dich ein Ausbildungsverein? Ist das die einzige Chance, um nochmal irgendwann ganz nach oben zu kommen?
Höger: Die einzige Chance nicht, aber es ist natürlich eine gute Chance. Man muss da schon immer ein Mittelmaß finden. Nur mit jungen Talenten, ohne Erfahrung, das wird schwierig, gerade auch in der Bundesliga. Aber man hat es ja in der abgelaufenen Saison gesehen, dass es bei uns nachweislich funktioniert hat. Acht Spieler haben beim FC als Profis debütiert. Spieler wie Max Finkgräfe und Damion Downs haben weitere Schritte gemacht – mit denen habe ich noch vor kurzem in der U21 zusammengespielt. Auf Youngsters zu setzen, ist auf jeden Fall ein guter Weg. Und wir haben in Köln einen richtig großen Pool an Talenten, die da auch das Zeug dazu haben, Profi zu werden.
Geht es manchmal zu schnell für einige Spieler?
Höger: Wir sollten die jungen Spieler mehr schützen und häufiger mal die Kirche im Dorf lassen. Es darf jetzt nicht der Weg sein, dass jeder, der geradeaus läuft, mal oben reinschnuppern darf und Einsätze sammeln kann, um sich dann Bundesligaspieler nennen zu dürfen. Da gehört dann schon ein bisschen mehr dazu. Die Jungs müssen sich das schon verdienen, müssen das auch über die U19 und die U21 nachweisen, was sie draufhaben. Aber wenn sie das tun, stehen hier im Verein gerade sehr viele Türen ganz weit offen.
Das ist schon ein Wandel, oder?
Höger: Das stimmt. Früher war das nicht so. Als ich diese Schwelle in den Seniorenfußball überschritten hatte, war es nicht so einfach, oben anzukommen. Da musste man auch viel Glück haben, dass sich zwei Profis vor dir verletzen und dass der Trainer wirklich gar keine Wahl hatte, damit er mal auf einen 19- oder 20-Jährigen vertraut. Heute wird den Jungs das wesentlich einfacher und wesentlich schneller zugetraut. Zu meiner Zeit haben Trainer wie Huub Stevens gesagt: ‚Mach erstmal 50 Champions-League-Spiele, dann darfst du mal hier ins Büro kommen und fragen, warum du ausgewechselt wurdest oder warum du nicht gespielt hast‘. Wenn ich bei Stevens irgendwann mal reingegangen bin im Alter von 20, 21 Jahren, dann hat er mich gefragt, ob ich noch alle auf der Reihe habe.
Ist Scout und Kaderplaner auch langfristig für dich ein Thema oder könntest du dir auch vorstellen Trainer zu werden?
Höger: Langfristig habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich glaube, ich bin jetzt in dem Bereich erstmal gut aufgehoben. Die Aufgabe ist für mich auch echt ein Brett und eine Riesenverantwortung. Da kann ich mich auch nur bedanken bei den Verantwortlichen vom FC, dass sie mir so viel Vertrauen entgegenbringen. Ich bin voll und ganz zufrieden und habe da auch alle Hände voll mit zu tun. Aber während meiner Zeit in Mannheim habe ich auch den B-Plus-Trainerschein gemacht. Das hat Spaß gemacht, aber erstmal sehe ich mich außerhalb von der täglichen Arbeit auf dem Platz.
Du hast gerade gesagt: Die Aufgabe wird ein großes Brett. Auch bei der FC-U21 steht wie bei den Profis ein großer Umbruch an, oder?
Höger: Ja, es geht nicht nur um punktuelle Verstärkungen, es findet eine komplette Umwälzung statt. Deshalb ist es jetzt auch extrem viel Arbeit gerade. Nach der Transfersperre laufen bei vielen Spielern die Verträge aus. Daher sind neben mir noch sehr viele andere in die Arbeit involviert. Ab nächster Saison soll es dann mehr und mehr an mich übertragen werden. Aber sowas funktioniert immer nur in einem guten Team!
Hier siehst du die neu gestaltete FC-Akademie am Geißbockheim:
Wie siehst du den FC insgesamt aufgestellt? Kann man jetzt nach dem Aufstieg gesund wachsen?
Höger: Ja. Zuletzt wurde beim FC nicht so viel an Ablösesummen gezahlt oder in Beine investiert, dafür die Infrastruktur, vor allem in der FC-Akademie enorm verbessert. Das war auch längst überfällig, um konkurrenzfähig zu bleiben. In der Athletik-Halle ist dir früher fast die Mauer entgegengekommen und fing an zu bröckeln, wenn wir da einen Medizinball gegen die Wand geworfen haben. Jetzt ist die Halle sogar mehr als vorzeigbar. Wir können auch in der Hinsicht endlich wieder mit anderen Vereinen konkurrieren. Die Kabinen von der U17 bis zur U21 sind auch neu gemacht worden. Und es geht nach und nach weiter vorwärts. Das sind alles wichtige Schritte, um künftig neue Spieler hier hinzuholen, die man früher vielleicht gar nicht bekommen hätte.
War es tatsächlich so schlimm?
Höger: Ja, als ich hierhin gewechselt bin, wurde mir das Rhein-Energie-Stadion gezeigt. Erst als ich unterschrieben hatte, wurden mir unten die Katakomben im Geißbockheim präsentiert. Da saßen wir plötzlich im Keller ohne Tageslicht. Und ich kam vom FC Schalke, da war alles angemietet, da war es top, mit eigenem Wellnessbereich. Wir sind sogar mit dem Aufzug in die Kabinen hochgefahren. Das war halt in Köln dann anders. Natürlich wollen wir auch weiterhin unseren Spielern diese Bodenständigkeit, die daraus entsteht, transportieren. Es ist besonders, dass hier beim FC die Akademie-Teams gemeinsam mit den Profis in der Athletik-Halle trainieren. Daran ändern auch die infrastrukturellen Anpassungen nichts. Aber jetzt wurden Gegebenheiten geschaffen, wo Spieler hier hinkommen, sich das angucken und sagen: ‚Boah cool, hier kann ich mir das schon vorstellen, jeden Tag hinzukommen und zu trainieren.‘ Die Jungs in dem Alter zwischen 18 und 19, die wollen ja auch irgendwas sehen. Und jetzt kannst du auch mal sagen, guck mal, hier haben wir alles neu gemacht und das wird in Zukunft auch noch umgebaut. Sowas ist maximal wichtig.