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Bei Caren MiosgaSoziologe kann Regierung Merz wenig Gutes abgewinnen: „Wir haben ein Führungsproblem“

Die erste Woche unter der neuen Bundesregierung war vieles, aber nicht langweilig - auch wenn man das meinen könnte, wenn man den gekonnten Relativierungen des neuen Kanzleramtschefs Thorsten Frei zuhört. Ein paar Mal gelingt es Caren Mioga und ihren Gästen dennoch, Frei in Erklärungsnot zu bringen.

Thorsten Frei kann wie kaum ein anderer die Politik der Bundesregierung erklären. Folgerichtig ist er nun zum neuen Kanzleramtschef ernannt worden. Am Sonntagabend (11. Mai 2025) ist er einer der Gäste bei „Caren Miosga“ im Ersten.

Dass das keine leichte Aufgabe sein wird, zeigte bereits die erste Woche unter der neuen Bundesregierung. Denn die hat zumindest innenpolitisch keine gute Figur abgegeben.

Thorsten Frei: Botschaft der Europäer „ist in Russland angekommen“

Schon der gescheiterte erste Wahlgang bei der Kanzlerwahl im Bundestag hat Merz' Souveränität nicht nur im Inland beschädigt. Aber: Bei seinem Besuch in der Ukraine hat Merz einiges davon wieder zurückgewonnen. Wenn er ein Problem habe, könne er jederzeit anrufen, soll Merz dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj angeboten haben. Am Samstag hatten die vier Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Polen und Deutschland die ukrainische Hauptstadt Kiew besucht, in enger Abstimmung mit den USA.

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„Das sind positive Signale. Und wir haben jetzt auch die begründete Hoffnung, dass das in etwas Gutes münden könnte“, freut sich Thorsten Frei. Der russische Präsident Wladimir Putin wurde bei dem Treffen aufgefordert, einer 30-tägigen Waffenruhe zuzustimmen. Diese hätte schon am heutigen Montag beginnen sollen.

Doch Putin lehnt das ab, schlägt seinerseits ein russisch-ukrainisches Treffen in Istanbul vor. Einer Waffenruhe will er erst zustimmen, wenn es dort Ergebnisse gegeben hat. „Die Botschaft der vier Europäer war sehr klar“, erklärt Frei. „Man braucht zunächst einmal die Waffenruhe, damit man überhaupt einen Raum für Verhandlungen und Gespräche schaffen kann. Und es war auch sehr klar formuliert: Wenn es diese Waffenruhe nicht gibt, dass es dann auch Konsequenzen in Form von verstärkten Sanktionen gibt und natürlich auch eine entsprechende Unterstützung der Ukraine.“ Das sei „in Russland auch angekommen“.

Thorsten Frei wertete die erste Woche unter Bundeskanzler Friedrich Merz überwiegend positiv. (Bild: ARD/Thomas Ernst)

Thorsten Frei wertete die erste Woche unter Bundeskanzler Friedrich Merz überwiegend positiv. (Bild: ARD/Thomas Ernst)

Was das Chaos im Bundestag bei der Kanzlerwahl angeht, scheint Frei so etwas wie Verständnis für die Abweichler zu haben: Im Koalitionsvertrag gebe es Vorhaben, mit denen nicht jeder einverstanden sei. Man habe die Risiken eines Scheiterns im ersten Wahlgang in seiner Fraktion besprochen, aber vielleicht seien diese nicht allen Abgeordneten wirklich bewusst gewesen. Zu den umstrittenen Vereinbarungen habe das 500-Milliarden-Finanzpaket für die Infrastruktur gehört. Zwar sei wichtig, dass eine Regierung spart. Hier sei es jedoch darauf angekommen, wofür das Geld ausgegeben werde, also für Investitionen in die Zukunft.

Beim Schuldenpaket gerät Frei in die Bredouille

Als Moderatorin Caren Miosga Frei darauf hinweist, dass viele das Aussetzen der Schuldenbremse als Wortbruch betrachten, streitet der CDU-Mann das ab. Viel mehr habe man „sehr flexibel auf eine sehr spezielle Situation“ reagieren müssen. Gemeint ist die Rede des US-Vizepräsidenten JD Vance bei der Sicherheitskonferenz in München. „Man kann aber nicht sagen, dass die Rede von JD Vance die deutschen Brücken und Straßen kaputter gemacht hat“, wirft Soziologe Armin Nassehi schlagfertig ein.

Journalistin Kerstin Münstermann machte auf Widersprüche zwischen Worten und Taten der Union aufmerksam. (Bild: ARD/Thomas Ernst)

Journalistin Kerstin Münstermann machte auf Widersprüche zwischen Worten und Taten der Union aufmerksam. (Bild: ARD/Thomas Ernst)

Vor der Bundestagszahl hatte Friedrich Merz außerdem versprochen, die Grenzen zu den Nachbarländern „dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“. Auch Menschen, die Asyl beantragen wollen, würden zurückgewiesen. Doch das ist rechtlich nicht möglich. Der neue Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die Bundespolizei nun angewiesen, diese Migrantinnen und Migranten bereits an der Grenze zurückzuweisen - Stück für Stück.

„Ich glaube nicht, dass die handelnden Akteure vorher nicht gewusst haben, dass die Dinge kompliziert sind. Was mich als Soziologe interessiert sind die beiden unterschiedlichen Ebenen dessen, was man tut und sagt und wie die operativen Dinge selbst funktionieren“, sagt Nassehi. „Möglicherweise sind in den vergangenen Monaten zu starke Sätze gesprochen worden, die sich an der Realität ein bisschen brechen“, kritisiert er.

„Die Menschen möchten das Gefühl haben, dass doch so etwas wie ein Konzept hinter den Dingen steckt“

Das sieht auch Journalistin Kerstin Münstermann von der „Rheinischen Post“ so. „Zwischen dem Wahlkämpfer Merz und dem Kanzler Merz besteht eine große Diskrepanz“, analysiert sie. „Deutschland, das immer eine Sonderrolle in der Migrationspolitik in den letzten Jahren hatte, bewegt sich eher wieder in die Mitte der Migrationspolitik in Europa“, entgegnet Frei. Es gebe ein gemeinsames Grundverständnis zwischen Deutschland und den Nachbarländern. Jetzt weise die Grenzpolizei „intelligent“ zurück.

Es bleiben Fragen: Können Beamte an der Grenze in jedem Einzelfall die richtige Entscheidung zur Zurückweisung überhaupt treffen? Muss eine Notlage ausgerufen, kann sie einfach nur festgestellt werden? „Da hat die Koalition noch einiges aufzuarbeiten“, stellt Münstermann fest. Und Nassehi fürchtet gar: „Ich glaube, wir haben ein Führungsproblem. Die Menschen möchten das Gefühl haben, dass doch so etwas wie ein Konzept hinter den Dingen steckt.“

Tatsächlich kann man den Eindruck gewinnen, dass dieses Konzept möglicherweise hier und da noch fehle. Das kann sich ändern, wenn Bundeskanzler Merz am Mittwoch seine erste Regierungserklärung im Bundestag abgibt. Dass es sich noch ändert, ist in jedem Fall notwendig. Um es mit Armin Nassehi zu sagen: „Wenn es so weitergeht, dann muss man tatsächlich sagen: Dann werden diese Führungskonzepte nicht den Erfolg haben, den man sich von ihnen verspricht.“ (tsch)