Fortuna-Vorstand im InterviewAllofs: „Weiß, wie die wahren Ansprüche des FC sind“

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Klaus Allofs sitzt auf der Tribüne in der Düsseldorfer Arena.

von Frank Neußer (neu)

Düsseldorf – Im zweiten Teil des großen EXPRESS-Interviews spricht Fortuna Düsseldorfs neuer Vorstand Klaus Allofs (63) über die Dominanz der Bayern, das Trainerleben und die deutsche Nationalmannschaft.

Würden Sie sich als Optimisten bezeichnen?

Klaus Allofs: Ja, unbedingt! Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass ich gar nicht Pessimist sein muss. Sowohl in Bremen und Wolfsburg hatte ich Erfolg und hoffe, dass es in Düsseldorf genauso sein wird. Ich bin kein Träumer oder Fantast und sage, dass wir mit Fortuna im nächsten Jahr in die Bundesliga aufsteigen und dann dauert es nur zwei Jahre, bis wir an einem internationalen Wettbewerb teilnehmen. Dafür gibt es keinerlei Grundlage oder Voraussetzung. Aber ich bin trotzdem optimistisch, dass wir Dinge zum Guten verbessern können, weil wir Kräfte bündeln können, die leistungsfördernd sind. Wir wollen gemeinsam den nächsten Punkt ansteuern. Man muss sich realistische Ziele setzen. Wir wollen in der Zweiten Liga oben mit dabei sein. Dafür brauchen wir alle.

Alles zum Thema Markus Gisdol

Auf Schalke und in Mainz sind die Trainer sehr früh in der Saison entlassen worden. Ist die Zündschnur bei den Verantwortlichen mittlerweile sehr kurz geworden?

Meistens ist es nicht so, dass in zwei Spielen etwas passiert ist und deshalb so eine Entscheidung getroffen wird. Da ist dann vorher schon etwas vorgefallen und man hat sich danach noch einmal zusammengerauft. Dann geht man in die neue Saison und sieht, dass es doch falsch war. Schalke ist so sehr hinter den Erwartungen zurückgeblieben und 16 Spiele in Folge bis Saisonende nicht gewinnt, ist die Zündschnur nicht ganz so kurz gewesen. Da muss man den ganzen Zeitraum betrachten. In Mainz gab es eine Sondersituation, in der sich die Spieler positioniert haben. Da musste etwas geschehen. Wer der Schuldige ist, ist dann immer die Frage. Ich glaube schon, dass sich die Vereine bemühen, die Kontinuität noch stärker zu berücksichtigen und nicht leichtfertig einen Trainer entlassen.

Klaus Allofs: „Ich weiß, wie die wahren Ansprüche des 1. FC Köln sind“

Sie war selbst lange als Stürmer beim 1. FC Köln und kennen das Umfeld. Überraschend ist man nach dem Negativlauf in Köln ruhig geblieben und hat an Markus Gisdol festgehalten.

Ich würde das Umfeld von Köln und Düsseldorf nicht unbedingt unterscheiden. Das ist in unserer Heimat so. Das ist im Norden sicher etwas anderes. Ich kann Köln nur von außen betrachten, im Gegensatz zu Horst Heldt, der jeden Tag die Arbeit von Markus Gisdol sieht. Der FC hat sich aus einer schweren Situation mit dem Trainer in der letzten Saison befreit. Er kann unterscheiden, ob sich seine Arbeit zu Beginn zur aktuellen Situation verändert hat. Haben sich die Spieler verändert? Danach muss er eine Entscheidung treffen. Wenn er meint, dass der Trainer nicht für die schlechten Ergebnisse verantwortlich ist, dann muss er nicht zwingend handeln. Das wäre nur ein Zufriedenstellen des Umfeldes, die das fordern. Da muss man als Manager stark genug sein, die Entscheidung zu vertreten und die Verantwortung dafür zu übernehmen.

In welcher Situation befindet sich der 1. FC Köln?

Ich bin ehrlich gesagt, in den vergangenen Wochen sehr tief in die Zweite Liga und Fortuna eingetaucht und kann das nur schwer bewerten. Klar ist die Serie des FC nicht gut. Gisdol hat den Verein im letzten Jahr gefestigt, nun gilt es den nächsten Schritt nach vorne zu machen. Den haben sie nicht gemacht. Ich weiß auch wie die wahren Ansprüche beim 1. FC Köln sind, man träumt zwar nicht mehr von der Deutschen Meisterschaft, aber ein wenig mehr darf es schon sein, als gegen den Abstieg zu spielen.

Können Sie im Moment eigentlich ein Fußballspiel genießen?

Dortmund gegen Bayern fand ich super. Das war ein tolles Spiel. Wie direkt kombiniert wird, wie sich Spieler aus Situationen befreien können, das macht schon Spaß. Das sind schon viele gute Spiele. Aber ich habe gelernt, Spiele nicht nur zum Vergnügen zu schauen, sondern unter dem Aspekt: Was lernt man daraus, welche Spieler siehst du und was kannst du bei deinem Klub umsetzen. Unbelastet kann ich mir Begegnungen nicht angucken. Ich kann Fußball auch ehr schlecht in einer großen Gesellschaft ansehen. Public Viewing wäre nicht für mich.

Die Dominanz des FC Bayern ist in der Bundesliga riesig. Ist der Kampf um den Titel in Deutschland zu langweilig geworden?

Größten Respekt für die Bayern. Wie die Mannschaft mit Hansi Flick funktioniert, was sie für tolle Spieler haben – da kann man nur den Hut ziehen. Da macht es auch Spaß zuzuschauen. Aber es macht keinen Spaß, wenn Bayern zum Bundesligaauftakt Schalke mit 8:0 schlägt. Das kann nur Bayer-Fans gefallen. Wir laufen Gefahr, dass es immer weiter auseinanderdriftet und Bayern noch stärker wird und nur Dortmund, Leipzig, Gladbach und vielleicht Leverkusen noch mithalten können. Diese Topvereine leisten tolle Arbeit. Das heißt aber nicht, dass unten nicht gut gearbeitet wird. Die kleineren Klubs haben allerdings nicht die Mittel, um Ideen umzusetzen. Jeder würde auch gerne einen Robert Lewandowski oder Leroy Sané verpflichten. Das sind ja keine Spieler, die Bayern mit 16 geholt und entwickelt haben, sondern sind fertig gekauft wurden. Die Dominanz der FC Bayern ist deshalb nicht positiv für die Liga. Es müsste mehr Spannung in der Liga sein.

Müssen deshalb die Gelder anders verteilt werden?

Dass der FC Bayern andere Interessen als Fortuna Düsseldorf hat, ist völlig normal. Trotzdem muss man sehen, dass man wegkommt von den ureigenen Interessen und einen Blick für die Liga behält. Am Ende muss es die Bundesliga in zehn Jahren noch geben. Es geht vielleicht noch einige Zeit gut, aber irgendwann wird der Punkt kommen, dass sich die Fans nicht mehr für die Liga interessieren. Das ist die Pflicht aller, sich Gedanke zu machen, wie man die Situation verändern kann. Es ändert sich nicht, wenn ich den Bayern zehn Millionen wegnehme und das Geld nach unter verteile. Es geht nicht um eine Gleichmacherei, trotzdem muss geredet werden. Da ist nicht alleine das TV-Geld das entscheidende Kriterium, Veränderungen müssen in mehreren Bereichen sichergestellt werden.

Klaus Allofs über eine mögliche DFB-Rückkehr von Mats Hummels, Thomas Müller und Jerome Boateng

Kommen wir zur Nationalmannschaft: Merken Sie, dass das Interesse an der DFB-Elf gesunken ist?

Ich persönlich freue mich immer, wenn es in Länderspielen konkret um etwas geht. Dann ist es auch ein komplett anderes Spiel. Wir haben einfach zu viele Spiele, die Nations League ist zwar auch ein Pflicht-Wettbewerb, aber am Ende gibt es die Absolution und alle dürfen doch weiterspielen. Da fehlt die Brisanz. Wenn es im nächsten Jahr die EM geben wird, wird auch die Begeisterung bei den Fans da sein. Aber wir haben auch zu viele Partien gehabt, in denen viele Stammspieler aus den verschiedensten Gründen nicht da waren. Das ist für das Interesse der Öffentlichkeit nicht so super.

Würden Sie Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller gerne wieder in der Nationalmannschaft sehen?

Ich kann Joachim Löw auf der einen Seite verstehen, dass mit den Dreien nicht bis in alle Ewigkeit gespielt werden kann. Sein Argument war ja, dass er dann für jedes Länderspiel eine neue Diskussion gehabt hätte. Ich finde, dass in der Nationalmannschaft die besten Spieler zum Einsatz kommen sollten. Wenn Thomas Müller in München so wichtig ist, dann kann er das auch beim DFB sein. Das Fass hätte Joachim Löw nicht aufmachen müssen.