DFB-Pleite gegen BelgienFlick, Wirtz, Goretzka, Can, Kimmich – fünf heiße Personalien

Hansi Flick verabschiedete seine Nationalspieler mit einer Kabinenansprache zu ihren Vereinen. Die Niederlage gegen Belgien gab Anlass zum Nachdenken. Einige Personalien blieben hängen.

von Marcel Schwamborn (msw)

Nach der 2:3-Niederlage gegen Belgien hatten es am Dienstagabend (28. März 2023) alle eilig. Um Punkt 23 Uhr rief Hansi Flick (58) das Team noch einmal zu einer Ansprache in der Kabine zusammen, danach ging es nach Hause. Das nächste Mal sieht sich die Nationalmannschaft erst wieder im Juni, nach der Saison.

Vorher wollte der Bundestrainer seinen Spielern noch ein paar Worte mit auf den Weg geben. Exakt 444 Tage vor dem EM-Eröffnungsspiel offenbarte der Test gegen den Weltranglisten-Vierten noch etliche Mängel. Fünf Personalien wurden nach der Partie in Köln besonders intensiv diskutiert.

Lothar Matthäus nach Belgien-Spiel: „Das war ein Komplettversagen“

Hansi Flick (58): Schnell hatten die DFB-Bosse dem Bundestrainer nach dem WM-Aus in Katar ihr Vertrauen ausgesprochen. Der oft zitierte Neustart fiel durchwachsen aus. Trotz des Aufbäumens und der kämpferischen Bereitschaft blieb am Ende die desaströse erste halbe Stunde vom Belgien-Spiel hängen.

Alles zum Thema Deutsche Fußball-Nationalmannschaft

„Was da Deutschland gespielt hat, das war das Schlechteste, was ich eigentlich in meiner langen, langen Laufbahn fast schon gesehen habe. Das war ein Komplettversagen“, schimpfte Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus (62). „Es muss einmalig bleiben, dass wir solche 25 Minuten gesehen haben“, sagte Flick nach der Partie.

Vorbereitungsspiel gegen Belgien am 28. März 2023: Die Noten der DFB-Auswahl

Die Nationalmannschaft in der Einzelkritik

1/18

„Wir haben einiges noch zu tun. Für uns war klar, dass nicht alles bei hundert Prozent ist. Aber 60, 65 Minuten war es ein gutes Spiel“. Mit diesen Worten erinnerte Flick stark an die Analyse der WM-Niederlage gegen Japan. Da wäre auch nur eine kurze Phase entscheidend für die Niederlage gewesen.

Die Spieler schätzen den verständnisvollen Ton, den der Bundestrainer gerne anschlägt. Auch in Köln wurde er weder in der Halbzeit noch nach Schlusspfiff laut. Immerhin setzte er mit seiner Systemumstellung auf 4:3:3 und den Wechseln das richtige Zeichen. Dennoch zeichnet sich ab, dass die Nationalmannschaft ähnlich konteranfällig ist, wie es der FC Bayern zu Flicks Zeiten war.

Nehmen Sie hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teil:

Florian Wirtz (19): Der Edeltechniker schlich nach der Partie enttäuscht in die Tiefgarage des Stadions. In der einen Hand seine Tasche, in der anderen einen Bilderrahmen von der Auszeichnung mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold. Bei der Übergabe vor dem Spiel hatte es Pfiffe in Müngersdorf für den früheren FC-Kicker gegeben.

Die beiden Länderspiele endeten enttäuschend für das Leverkusener Talent. Gegen Peru musste er zur Halbzeit raus, gegen Belgien schon nach 32 Minuten. „Mein Spiel war nicht gut“, murmelte er.

„Florian hatte nicht den besten Tag gehabt. Da muss er durch“, sagte Flick resolut zur vollzogenen Höchststrafe. „Er ist so gut, das spornt ihn eher noch an.“ Ob so ein Kurzeinsatz an alter Wirkungsstätte vor den Augen der Familie wirklich motiviert, bleibt abzuwarten.

Florian Wirtz schaut beim Länderspiel gegen Belgien genervt in die Luft.

Florian Wirtz erlebte ein frustrierendes „Heimspiel“ gegen Belgien. Nach einer halben Stunde musste er raus.

Leon Goretzka (28): Ausgerechnet im Jubiläums-Länderspiel (50. Einsatz) erwischte es den Münchner. In der 32. Minute musste er mit bandagiertem linkem Knöchel vom Feld. „Mein Gefühl ist gut. Ich bin umgeknickt, weil ich den Ball gegen die Fußspitze bekommen habe. Aber es sollte schon reichen bis Samstag“, sagte er auf EXPRESS.de-Nachfrage.

Der Einsatz im Top-Spiel gegen Dortmund wackelt dennoch. In München sollen noch Aufnahmen vom Fuß gemacht werden. „Ich hoffe, dass er dabei ist. Bei so einem Klassiker sollten die besten Spieler auf dem Platz stehen, da gehört er dazu. Es würde mich freuen, wenn das funktioniert“, sagte Flick.

Deutschlands Emre Can (hinten) attackiert Belgiens Leandro Trossard.

Emre Can haute nach seiner Einwechslung gegen Belgien richtig dazwischen und setzte ein Signal.

Emre Can (29): Obwohl der Dortmunder großen Anteil an der guten ersten Halbzeit gegen Peru gehabt hatte, entschied sich Flick am Dienstag zunächst gegen den Borussen. Nach der Chaos-Anfangsphase korrigierte der Bundestrainer seinen Fehler und brachte mit Can Körperlichkeit in die Partie. Er grätschte, kämpfte, rüttelte wach.

„Man muss sagen, dass Emre nach seiner Einwechslung gezeigt hat, was für eine defensive Qualität er hat. Er war, wenn man so will, der aggressive Leader, den wir gebraucht haben. Er hat sehr viele Zweikämpfe gewonnen und die Mannschaft wachgerüttelt“, lobte ihn Flick.

Der BVB-Profi durfte sich als Gewinner unter den Verlierern sehen, auch wenn er lieber tiefstapelte.  „Mir geht es um die Mannschaft. Ich habe versucht, das zu tun, was ich vielleicht am besten kann: In Zweikämpfen aktiv und präsent zu sein und der Mannschaft zu helfen“, sagte der Mittelfeldspieler.

Joshua Kimmich ließ als Kapitän wieder zu wenig Taten folgen

Joshua Kimmich (28): Der Bayern-Profi hatte die Länderspiel-Woche mit seinen Anmerkungen zum Flick-Kader mit einem verbalen Paukenschlag begonnen. Auf dem Feld ließ der Kapitän aber weniger Taten folgen. Wie schon in Katar zeigte der Münchner Mittelfeldspieler keine Leader-Qualitäten. „Zum Glück haben wir noch ein bisschen Zeit. Heute hat man gemerkt, dass wir noch nicht auf internationalem Top-Niveau sind“, gestand Kimmich.

Während Kevin de Bruyne (31) im belgischen Team wie ein echter Kopf auftrat, die Fäden in den Händen hielt, zwei Tore auflegte und eins selbst erzielte, versuchte es Kimmich wieder mit seinen üblichen Chip-Bällen. Zudem verpufften wieder seine Eckbälle. Außerdem passte abermals das Zusammenspiel mit Goretzka nicht, weil beide Akteure sehr offensiv denken.