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Interview

„Schwierigste Frage“Sky-Moderator Wagner über Martel & Kwasniok

Aufsteiger 1. FC Köln hat mit in den ersten Spieltagen die Konkurrenz und auch zahlreiche Experten überrascht. Im Interview spricht Sky-Moderator Thomas Wagner über die Kölner.

Der 1. FC Köln hat als Aufsteiger einen guten Start in die Saison hingelegt. Die Mannschaft belegt nach zehn Spieltagen mit 14 Punkten Platz neun in der Tabelle. Nach der Länderspielpause muss allerdings der nächste Entwicklungsschritt her.

Im EXPRESS.de-Interview spricht Sport-Moderator Thomas Wagner (54, Sky, RTL und MagentaTV) über den Kölner Saisonstart, Trainer Kwasniok und die nächsten Spiele.

Moderator Wagner lobt Kessler und Kwasniok

Wie hast du den FC bisher wahrgenommen – ist der die Überraschung der Saison bisher?

Thomas Wagner: Ja, ich habe im Vorfeld gedacht, dass der FC zu den fünf, sechs Mannschaften gehört, die um die Klasse kämpfen müssen. Doch wenn ich jetzt auf Köln blicke, glaube ich, dass der Klub nichts mit dem Abstieg zu tun haben wird. Die Neuzugänge sind top, der Trainer passt und sie spielen bisher ordentlichen bis guten Fußball.

Warum hast du vor der Saison gezweifelt beim Blick auf den FC?

Wagner: Der Aufstieg wurde eher mit Ach und Krach gemeistert, spielerisch waren sie in der Zweitliga-Saison schlechter als der Hamburger SV. Aber was sie jetzt zeigen, ist schon beeindruckend.

Lukas Kwasniok hast du schon angesprochen – ist es das Gesamtpaket, was dich überzeugt?

Wagner: Ich habe ihn schon in Jena, Saarbrücken und beim SC Paderborn genau beobachtet. Er ist ein Trainer, der eine ganz klare Handschrift hat und aktiven Fußball spielen lässt. Das gefällt mir sehr, gerade in Zeiten, in denen viele nur von Gegenpressing und Defensive reden. Kwasniok ist da sehr mutig und ich erkenne, dass er Mannschaften besser machen kann. Er ist ein super Transfer für den FC. Auch menschlich passt er gut in die Stadt. Er erinnert mich manchmal auch etwas an den jungen Christoph Daum, mit leichtem Hang zum Wahnsinn – aber wer ist schon perfekt? (lacht)

Youngster Said El Mala hat auch eine Raketen-Entwicklung hingelegt – wie siehst du ihn?

Wagner: Dass der Hype so groß ist, wenn du so einschlägst, kann doch keinen verwundern. Auch für eine DFB-Nominierung gibt es kein zu alt oder zu jung – man sollte immer fragen: Kann er der Mannschaft helfen oder nicht? Wenn jetzt WM wäre, würde ich ihn mitnehmen, denn er kann ein Spiel ab der 70. Minute mit seinen Aktionen verändern.

Lukas Kwasniok (2.v.r.) im Interview bei MagentaSport mit Moderator Thomas Wagner (r.) und den Experten Mark Uth (2.v.l.) und Fabian Klos (l.).

Lukas Kwasniok (2.v.r.) im Interview bei MagentaSport mit Moderator Thomas Wagner (r.) und den Experten Mark Uth (2.v.l.) und Fabian Klos (l.).

Wird es für El Mala in den nächsten Monaten schwieriger?

Wagner: Man hat schon gegen den BVB und in Mönchengladbach gesehen, dass sich die Verteidiger auf ihn einstellen. Er war bisher die große Unbekannte, das ändert sich nun. Said muss seine Leistungen jetzt bestätigen – die Frage ist, ob er die Form bis zum Ende der Saison halten kann. Fakt ist: Viele Verteidiger werden jetzt anders gegen ihn zur Sache gehen.

Die anderen Zugänge überzeugen dich auch?

Wagner: Ja voll! Jakub Kaminski war beim VfL Wolfsburg unauffällig, er blüht in Köln auf. Und bei Ragnar Ache hatte ich Zweifel, ob er körperlich funktioniert. Er wurde aber gut herangeführt und wirkt jetzt sehr stabil, auch über 90 Minuten. Kristoffer Lund, Sebastian Sebulonsen und Isak Johannesson gefallen mir auch.

Da hat Thomas Kessler also einen richtig guten Transfersommer hingelegt …

Wagner: Ja, auch da durfte man ja seine Zweifel haben. Aber Kessler hat das top gemacht. Er hat etwas riskiert und fast alles ist aufgegangen. Das war schon richtig, richtig gut – à la bonne heure!

Eric Martel hat gesagt, dass er sich die Entwicklung beim FC genau anschauen will. Später will er dann entscheiden, ob er verlängert oder woanders den nächsten Schritt wagt. Wie siehst du die Personalie Martel?

Wagner schmunzelt: Das ist bisher die schwierigste Frage. Ich bin da auch gespalten. In der Aufstiegssaison war er der absolute Leistungsträger, konstant gut und wichtig für die Mannschaft. Im U21-EM-Finale gegen England fand ich ihn nicht so gut. Da hat mir sein Nebenmann Rocco Reitz von Borussia Mönchengladbach fußballerisch deutlich besser gefallen. Sicherlich gibt es für Martel einen Markt, aber die Frage ist: Wie prominent ist dieser Markt? Wenn er Angebote aus Florenz oder Genua hat, muss er sich fragen, ob das wirklich der nächste Schritt ist. Oder wäre er da nicht beim FC besser aufgehoben? Aktuell würde ich sogar meinen, dass er in Köln am besten aufgehoben ist. Hier hat er die nötige Wertschätzung und viel besser kann sich ein Aufsteiger doch nicht präsentieren. Martel könnte auch mit dem FC die nächsten Schritte gehen.

Beim FC stehen nach der Länderspielpause in diesem Jahr noch schwierige Spiele an: gegen Frankfurt, in Bremen, gegen St. Pauli, in Leverkusen und gegen Union Berlin. Muss der nächste Entwicklungsschritt her, weil man als Aufsteiger mittlerweile keine Überraschungsmannschaft mehr ist?

Wagner: Im Pokal haben die Kölner in den ersten 30 Minuten so gut gespielt wie kein anderes Team bisher gegen den FC Bayern München. Der Hamburger SV war dann aber in der 2. Hälfte besser trotz Unterzahl und gegen Gladbach war die FC-Niederlage in meinen Augen auch verdient. Als Aufsteiger hat Köln die Euphorie bisher gut mitgenommen, aber jetzt kommt man in eine Phase, wo man von allen Gegnern ernst genommen wird. Die Mannschaft wird in Spielen mit Dingen konfrontiert, die man vorher so nicht erwartet hat, wie beim Derby in Mönchengladbach, wo die Fohlen den FC das Spiel machen ließen. Aber die Kölner Mannschaft wirkt gefestigt und Kwasniok halte ich für einen so guten Trainer, dass er immer Lösungen finden wird. Der FC wird sich nicht auslesen lassen. Ich bleibe dabei: Es wird eine sorgenfreie Saison mit Platz 8 bis 12 am Ende.