„Stachel sitzt tief“FC-Mitgliederrat reagiert auf Forderungen, den Vorstand abzuwählen

1. FC Köln: das Podium in den MMC-Studios beim Mitgliederstammtisch.

Die Führung des 1. FC Köln beim Mitgliederstammtisch im Januar 2024: von links: Geschäftsführer Philipp Türoff, Geschäftsführer Christian Keller, Vizepräsident Carsten Wettich, Präsident Werner Wolf, Mitgliederrat-Boss Ho-Yeon Kim, Fabian Schwab (stellvertretender Vorsitzender des Mitgliederrats) und Moderator Jan Henkel.

Was passiert beim 1. FC Köln nach dem Abstieg? Kommt es sogar zur Abwahl des Vorstands? Jetzt äußert sich der Mitgliederrat.

von Uwe Bödeker (ubo)Jürgen Kemper (kem)

Die Aufräumarbeiten beim 1. FC Köln laufen auf Hochtouren. Hinter verschlossenen Türen werden intensive Gespräche geführt. Noch sind kaum Entscheidungen getroffen worden oder durchgesickert.

Die Zukunft von Trainer Timo Schultz (46) ist offen, die von zahlreichen Spielern wie Timo Hübers (27), Marvin Schwäbe (29) oder Jan Thielmann (21) und Eric Martel (22) wohl auch.

Mitgliederrat schreibt Brief an FC-Mitglieder

Im Hintergrund werkelt die Opposition um Ex-Profi Dieter Prestin (67). Der hatte zuletzt sogar ankündigt, eine außerordentliche Mitgliederversammlung anzustreben – je nachdem, wie der Vorstand auf den siebten Abstieg der Vereinsgeschichte reagiert.

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Auch der Mitgliederrat wird seit einigen Tagen von vielen Fans angeschrieben und aufgefordert, zu handeln. Jetzt hat sich das Gremium ausführlich geäußert. Am Freitag (25. Mai 2024) wurde an die FC-Mitglieder ein Brief verschickt.

Dieser beginnt wie folgt: „Der Stachel sitzt auch bei uns tief – der FC ist leider erneut in die zweite Bundesliga abgestiegen. Natürlich wird nun vieles infrage gestellt. Das sind verständliche Reaktionen und Mechanismen, die in einer solchen Situation eintreten.

In der Folge will der Mitgliederrat einige Dinge einordnen. „Unsere aktuelle Situation lässt sich nicht in Schwarz oder Weiß darstellen, auch wenn es gerade so erscheinen mag. Offensichtlich wurden folgenschwere Fehlentscheidungen getroffen. Sonst müssten wir uns nicht mit einer Transfersperre und dem siebten Abstieg in die zweite Bundesliga auseinandersetzen. Dennoch kann blinder Aktionismus uns in der Situation nicht helfen“, mahnt der Mitgliederrat zur Ruhe.

Vor allem das Thema außerordentliche Mitgliederversammlung und ein dann möglicher Abwahlantrag, um das aktuelle Präsidium um Dr. Werner Wolf (67) abzusetzen, sorgt für Diskussionen. Viele Fans fordern, dass der Mitgliederrat tätig wird. Im Brief heißt es: „Derzeit wird von manchen Mitgliedern der Wunsch an uns herangetragen, eine außerordentliche Mitgliederversammlung zur Abwahl aller Vorstandsmitglieder einzuberufen. Aus der Emotion heraus mag das ein verständlicher Gedanke sein.“

Dann erläutert das Gremium, was in der Folge passieren würde. Sollte der aktuelle Vorstand abgewählt werden oder zurücktreten, würden drei Mitgliederräte die Geschäftsführung des Vereins kommissarisch übernehmen. „Gleichzeitig sieht die Satzung vor, dass ‚unverzüglich‘ eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen ist, auf der dann ein neuer Vorstand gewählt wird“, heißt es weiter. Der Mitgliederrat müsst dann auch noch ein mögliches neues Vorstandsteam präsentieren.

Ein weiteres Problem: Im September wird auf der ordentlichen Mitgliederversammlung ein neuer Mitgliederrat gewählt. Die kommissarische Führung könnte dann sogar nochmals abgelöst werden. Chaos pur wäre vorprogrammiert.

Mitgliederrat wendet sich mit Erklärung an FC-Fans

Sollte es also eine außerordentliche Mitgliederversammlung geben, müssten innerhalb weniger Monate drei Mitgliederversammlungen (zwei außerordentliche und eine ordentliche) geplant und durchgeführt werden.

Vom Mitgliederrat heißt es dazu: „Auch wenn es in einer Vereinsdemokratie kein Argument sein darf, wollen wir dennoch einmal sensibilisieren und verdeutlichen, dass jede Mitgliederversammlung auch mit hohen Kosten verbunden ist – denn jede Versammlung kostet den FC etwa 300.000 Euro.“

Zudem sei zu bedenken, „dass in einer solchen Phase der Ungewissheit der Verein auch hinsichtlich möglicher Personalentscheidungen gelähmt wird. Die Suche nach leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern würde durch eine solche Situation nahezu auf Eis gelegt werden müssen.“ Die Frage muss erlaubt sein: Welche Personen würden sich in einer solchen Situation für den 1. FC Köln entscheiden?

Der Mitgliederrat stellt also klar: „In unseren Augen wäre eine ungeordnete Abwahl der Vorstände, ohne dass eine adäquate Alternative bereitstünde, eine Maßnahme, die nicht im Sinne des Vereins sein kann. Wir möchten FC-Mitglieder nicht an der Wahrnehmung ihrer satzungsmäßigen Rechte hindern. Wir möchten aber alle, die sich mit solchen Gedanken auseinandersetzen, dazu aufrufen, unsere Argumente sorgfältig abzuwägen. Eine Abwahl allein kann keine Lösung sein, die dem FC in dieser schwierigen Situation weiterhilft. Das Gegenteil ist der Fall. Aus diesen Gründen haben wir als Mitgliederrat uns dagegen entschieden, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen.“

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Über die Geschäftsführer um Christian Keller (45) will der Mitgliederrat nicht öffentlich reden: „Mit dem Vorstand diskutieren wir Themen im Innenverhältnis, gerne auch kontrovers. Wir äußern Kritik, auch deutliche, allerdings primär intern.“

Weiter heißt es: „Der Mitgliederrat hat bis auf ganz wenige Ausnahmen keine direkten Durchsetzungsmöglichkeiten. Dementsprechend ist der Mitgliederrat nicht operativ tätig und trägt damit keine unmittelbare Verantwortung für Entscheidungen im Tagesgeschäft. Der Schwerpunkt seiner Aufgaben liegt in der Beratung und in der Kontrolle des Vorstands. Er arbeitet als Aufsichtsrat.“