Hinter dem 1. FC Köln liegt eine heiße Transferphase und eine spannende Mitgliederversammlung. Im Interview sprechen Geschäftsführer Philipp Türoff und Vizepräsident Carsten Wettich über die Lage.
Heiße Themen für FC-BosseKeller-Befreiung, Geldkoffer & Ausbau
20.09.2025, 11:43
Es sind turbulente Tage beim 1. FC Köln: heißer Transfersommer mit Komplett-Umbruch, politischer Kampf um den Geißbockheim-Ausbau, anstehende Wahlen eines neuen Vorstands. Doch wie steht es aktuell wirklich um den FC?
EXPRESS.de traf Geschäftsführer Philipp Türoff und Vize-Präsident Carsten Wettich zum Interview. Ein Gespräch über Finanzen, Transfers und auch Ex-Geschäftsführer Christian Keller.
1. FC Köln: Türoff erklärt gut geplante Transferphase mit Keller
Die Transferphase war aufregend – wie beurteilen Sie als Geschäftsführer die Investitionen in den Kader? Wie sehr sind Sie da an die finanziellen Grenzen gegangen?
Philipp Türoff: Wir wollten das Gesicht der Mannschaft qualitativ, aber auch in der Breite verändern. Das ist uns gelungen. Die Herausforderung, was das Budget angeht, war schon groß - weil es um sehr viele Positionen im Kader ging.
Laut Transfermarkt.de wurden 24,5 Millionen Euro investiert, bei Transfererlösen von 12,5 Millionen Euro ohne die Urbig-Millionen - war das wirtschaftlich okay, ist noch was in der Kriegskasse?
Türoff: Wie wir es wirtschaftlich gestaltet haben, stimmt mich sehr zufrieden. Wir haben Zug um Zug geplant. Es war von den Abläufen optimal und wir haben taktisch klug gehandelt, sodass wir bei der Qualität der Spieler keine Abstriche machen mussten. Bei den Zugängen gab es auch starke Abhängigkeiten zu den Abgängen und den Erlösen, die wir dann wieder investieren konnten. Wir mussten zu keiner Phase höher als geplant ins Risiko gehen, weil auch die Abgänge funktioniert haben.
Wieviel Geld ist denn noch in der Kasse?
Türoff: Es ist nicht so, dass wir im Winter-Transferfenster nochmal auf große Einkaufstour gehen werden. Aber wir haben solide geplant und sind handlungsfähig, wenn wir noch einmal nachlegen wollen.
Macht so eine Transferphase als Finanz-Geschäftsführer Spaß nach jahrelangem Sparen? Oder ist man auch traurig, wenn viel Geld plötzlich wieder weg ist?
Türoff schmunzelt: Nein, nein, traurig ist hier keiner. Wir sind alle fußballbegeistert und wollen den FC nach vorne bringen. Uns war klar, dass wir nach dem Aufstieg in den Kader investieren müssen, um bestehen zu können. Klar macht das dann Spaß – vor allem wenn man sieht, dass viele Dinge gelingen.
Hatte Sportdirektor Thomas Kessler leichtes Spiel, weil endlich wieder Handlungsspielraum möglich war?
Türoff: Gewiss nicht. Es war nicht so, dass wir die Geldkoffer bei Thomas Kessler abgestellt haben. Es war vielmehr ein hoch-empfindlicher, mit viel Management-Geschick zu führender Prozess. Wir mussten immer schauen: Wo haben wir noch Spielräume? Wo können wir vorwärtsgehen, wo müssen wir einen Schritt zurückziehen? Oder wo müssen wir länger pokern? So ein Abgang von Damion Downs kann ja auch geplante Geschäfte beeinflussen, weil die Gegenpartei dann plötzlich sagt: ‚Oh, jetzt habt ihr ja Geld‘.
Carsten Wettich: Aus Vorstandssicht hat sich erstmals ausgezahlt, dass wir nach harten Jahren der Konsolidierung endlich aus einer wirtschaftlichen Stärke heraus handeln konnten. Das war immer das übergeordnete Ziel unserer Strategie. Wir brauchen keine Transfereinnahmen mehr, um Verbindlichkeiten zu bedienen. Wir hatten vielmehr sogar ein Budget für Transferausgaben ohne kalkulierte Transfereinnahmen. Die Transfereinnahmen, die wir dennoch generiert haben, konnten wir daher sofort in den Kader reinvestieren. Dadurch konnten wir auch bei Abgängen wie Urbig, Downs oder Finkgräfe besser verhandeln. Wir mussten keinen Spieler aus der Not heraus verkaufen. Aber als der Preis gestimmt hat, haben wir es gemacht. Thomas Kessler und Philipp Türoff haben hier einen super Job gemacht.
In Köln sagt man nach so einer Transferphase: ‚Wow, viel Geld investiert in neue Spieler.‘ Blickt man auf den kommenden Gegner RB Leipzig, ist das aber eine ganz andere Hausnummer. Die haben 24 Millionen für einen Spieler wie Conrad Harder ausgegeben und insgesamt im Sommer 136 Millionen Euro. Kommt der FC auch mal in solche Sphären oder ist das völlig utopisch?
Wettich: Kurzfristig kann der FC das nicht erreichen. Der Unterschied zwischen dem FC Bayern oder auch Leipzig zu uns ist gewaltig. Die englischen Klubs wiederum geben teilweise das Dreifache im Vergleich zum FC Bayern aus. Das sind dann nochmal andere Dimensionen. Aktuell kommt unheimlich viel Geld aus England in die Bundesliga. Das ist aber auch eine Chance für uns. Ich bin überzeugt davon, dass der eingeschlagene Weg des FC richtig ist. Wir müssen die Einnahmen aus dem operativen Geschäft weiterhin steigern, parallel Marktwerte unserer Spieler entwickeln und im richtigen Zeitpunkt auch durch Verkäufe realisieren, wie es uns bei Downs, Urbig oder Finkgräfe gelungen ist. Für alle drei haben wir keine Ablöse bezahlt, sondern sie in unser FC-Akademie selbst ausgebildet, die seit Jahren herausragende Arbeit leistet. Eintracht Frankfurt hat es perfekt vorgemacht. Sie haben durch hohe Transfereinnahmen ihren Kader und den gesamten Klub strategisch weiterentwickelt. Wir können sicherlich nicht in drei Jahren finanziell auf Augenhöhe mit Leipzig sein, aber in drei bis fünf Jahren wollen wir sportlich und auch in Bezug auf die Finanzkraft dauerhaft im oberen Mittelfeld der Bundesliga mitspielen.
Angeblich wurde Ex-Sport-Geschäftsführer Christian Keller aus dem Geißbockheim angerufen, weil keiner wusste, wie man die Ausstiegsklausel von Isak Johannesson ziehen kann …
Türoff lacht: Das wäre mir neu. Das kann man schon selbst hinbekommen. Aber völlig ungeachtet dessen würde ich keine Sekunde zögern Christian Keller anzurufen, wenn ich eine Frage hätte. Nach jahrelanger kollegialer Zusammenarbeit würde mir da kein Zacken aus der Krone brechen. Die Ausstiegsklausel von Isak Johannesson war aber ein technischer Vorgang, den wir ohne Christian lösen konnten.
Einige Beobachter und Fans haben das Gefühl, dass am Geißbockheim viele Führungspersonen aufblühen, nach dem Abgang von Keller. Ist das so, er hat ja auch viel an sich gezogen?
Türoff: Das ist bei Veränderungen immer so, in jeder Organisation. Wenn sich da an der Spitze etwas verändert, dann gibt das immer Räume für andere. So ist das bei uns auch – das ist nicht außergewöhnlich.
Jetzt gab es Kommunalwahlen in Köln – was bedeutet das für den Geißbockheim-Ausbau?
Wettich: Wir müssen noch abwarten, was die OB-Stichwahl bringt. Erst danach gehen die Gespräche zwischen den Fraktionen richtig los, was die Bildung eines Ratsbündnisses angeht. Das Ergebnis bisher ist aber nicht überraschend für uns.
Wie sind die nächsten Schritte des FC?
Wettich: Wir brauchen drei weitere Fußball-Plätze und wollen das Leistungszentrum bauen. Dafür benötigen wir ein positives Urteil aus Münster, das im Dezember zu erwarten ist.

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Luftbild vom Geißbockheim und dem Franz-Kremer-Stadion im Juni 2023. Neben dem kleinen Stadion (ganz rechts) soll das neue NLZ gebaut werden.
Würde der FC auch mit dem Bau beginnen, wenn noch keine drei Plätze von der Stadt Köln zur Verfügung gestellt worden sind?
Türoff: Wir bereiten das Projekt vor und wollen bauen. Das Problem mit den drei Plätzen ist lösbar, da gibt es auch Bereitschaft aus der Politik. Ich glaube nicht, dass eine neue Koalition das Thema wegbügeln wird. So gehen wir es an.
Wettich: Unsere verstärkte Kommunikation in den letzten Wochen mit der vom FC durchgeführten Demonstration am Heumarkt, an der rund 4000 FC-Fans teilgenommen haben, hat dazu geführt, dass das Thema präsent ist. Wir merken in unseren Gesprächen mit Politikern verschiedener Parteien, dass sie eine Lösung in dem Thema herbeiführen wollen.
Am 27. September wird auch ein neuer FC-Vorstand gewählt. Ein Thema im Wahlkampf ist der Ausbau des Rhein-Energie-Stadions auf 75.000 Plätze. Wie ist da der aktuelle Stand?
Türoff: Das Stadion ist von der Architektur her ausbaufähig. Das haben wir schon vor längerer Zeit prüfen lassen. Das war auch nicht Hausaufgabe der letzten Monate. Wir wissen, dass es denkbar ist – man muss es nur wollen. Aber da können die gleichen Widerstände wirken, wie bei anderen großen Projekten in Köln, die sich immer wieder verzögern.
Wie kann man die Politik davon überzeugen, das Stadion tatsächlich aufzustocken?
Türoff: Es gibt einen großen gesellschaftlichen Treiber: Teilhabe am Fußball. Es gäbe viel, viel mehr Begeisterung – und es wäre ein großes Aushängeschild für Köln. Zudem könnten in einem 75.000-Zuschauer-Stadion mit Dach auch ganz andere Musik-Stars zu Konzerten nach Köln kommen. Da müssten aber viele Menschen sagen, dass sie das für Köln haben wollen. Fakt ist: Man kann aus dem jetzt schon besonderen Stadion ein richtiges Schmuckkästchen machen.
Gibt denn der Standort das her in Sachen Infrastruktur und Parkplätzen?
Türoff: Man wird auch verkehrstechnisch einige Dinge umsetzen müssen, das ist aber kein Ding der Unmöglichkeit. Wenn man davor zurückweicht, dann nur, weil man scheut, klare Entscheidungen zu treffen. Aber nicht, weil es unmöglich ist für die Millionen-Stadt Köln ein Stadion zu haben, was mehr als 50.000 Plätze hat.
Ist es eine Option, dass der FC das Stadion von der Stadt kauft?
Wettich: Einen Ausbau wird man aufgrund der genannten Themen wie Infrastruktur wohl nur gemeinsam mit der Stadt und starken Partnern aus der Wirtschaft hinbekommen. Aber denkbar ist am Ende alles. Man muss nur wollen.
FC-Versammlung mit Freibier und Björn Häuser
Der FC bekommt nach der Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand. Herr Türoff, wie blicken Sie darauf, dass jetzt an der Klub-Spitze ein Wechsel ansteht? Eigentlich hat man den FC doch aktuell in einer sportlichen und wirtschaftlichen Situation, wie man sie sich wünscht ...
Türoff: Der FC hat eine gute Entwicklung genommen. Daher ist meine Erwartung, dass die Dinge, die wir gut und richtig gemacht haben, fortgeführt werden. Wann in unserer demokratischen Organisation Wahlen anstehen, gibt die Satzung vor. Ich kann nur dafür werben, dass Mitglieder sich interessieren und zur Wahl kommen.
Herr Wettich, rechnen Sie denn damit, dass sie als Vorstand mit Werner Wolf und Eckhard Sauren erneut nicht entlastet werden?
Wettich: Mitgliederversammlungen beim FC sind immer interessant und etwas unberechenbar. Im Rahmen der Aussprache kann auch der Wahlkampf eine Rolle spielen. Aber ich kann es mir aufgrund der positiven Entwicklung des Klubs seit der letzten Mitgliederversammlung kaum vorstellen und blicke daher positiv nach vorne.
Wie läuft die Versammlung organisatorisch ab – wird es ein Marathon-Tag?
Wettich lacht: Bis 24 Uhr muss gewählt sein – das ist die rechtliche Deadline. Wir wollen, dass viele Menschen kommen und sich aktiv beteiligen, mit Fragen oder Wortbeiträgen. Aber der Anspruch sollte auch sein, dass man in einem vernünftigen Zeitrahmen durchkommt.
Was wäre denn ein vernünftiger Rahmen? Und wie ist der Ablauf?
Wettich: Wir beginnen um 11 Uhr, damit es zu einer vernünftigen Uhrzeit durch ist. Die Tagesordnungspunkte sind vereinsrechtlich vorgegeben. Zunächst wird das alte Geschäftsjahr abgehandelt mit Berichten des Vorstands und des Mitgliederrats. Dann folgen die Aussprache und die Entlastungen. Danach folgt die Vorstandswahl. Und zum Schluss kommen die Sach-Wahlen mit zwei Satzungsänderungs-Anträgen und einem Sachantrag. In drei Stunden sind wir sicherlich nicht durch, länger als die üblichen 5 bi 6 Stunden sollte es aber auch nicht dauern. Denn wir wollen ja, dass möglichst alle Mitglieder, die zur Versammlung kommen, auch noch bei den Abstimmungen anwesend sind.
Wie attraktiv gestaltet ihr die Versammlung, ohne dass sie zum Feier-Event verkommt?
Wettich: Wir haben uns für das Stadion entschieden, um eine andere Emotionalität zu wecken. Die Versammlung am Wochenende macht es leichter für viele, weil sie nicht arbeiten müssen. Wir haben uns zudem bemüht, Mitgliedern mit besonderen Bedürfnissen die Teilnahme zu erleichtern: Familien durch eine Kinderbetreuung, spezielle Betreuung von Rollstuhlfahrenden oder Senioren. Die Mitglieder bekommen Essensgutscheine und kostenlos Wasser zu trinken. Nach der Versammlung gibt es einen einstündigen gemeinsamen Ausklang mit Freibier und Musik von Björn Heuser. Da kann der neue Vorstand in den Austausch mit den Mitgliedern gehen und wir alle können nach einer kontroversen Veranstaltung wieder in ein Gemeinschaftsgefühl kommen.
Herr Wettich, Hand aufs Herz - wieviel Freibier trinken Sie danach? Sind Sie froh, wenn die anstrengenden Wochen mit Arbeit im amtierenden Vorstand und dem Wahlkampf mit dem neuen Team vorbei sind?
Wettich: Das hängt davon ab, wie die Wahlen ausgehen (lacht). Aber im Ernst, ich mache das ja alles, weil es mir Freude macht. Aktuell macht es einfach Spaß, weil die erste Herrenmannschaft schönen und erfolgreichen Fußball spielt und die Entwicklung insgesamt total positiv ist, dann sind alle gleich viel besser gelaunt. Das erleichtert für Vorstand und Geschäftsführung die Arbeit.
Mit wie vielen Mitgliedern rechnen Sie bei der Versammlung?
Wettich: Wir haben abgefragt und haben unverbindliche „Anmeldungen“ von über 7000 Mitgliedern. Aber die Teilnehmerzahl ist schwierig zu prognostizieren, die Versammlung ist dieses Jahr schon anders, weil es für die Mitglieder erstmals eine Auswahl zwischen drei Vorstandsteams gibt. Die Vorstandswahl ist für die Mitglieder die wichtigste Personalwahl, das hat dann für viele eine besondere Bedeutung. Das merken wir in den Gesprächen mit den Mitgliedern. Es sieht jedenfalls gut aus, dass viele kommen werden. Das wäre für einen Verein wie den FC, der sich Mitgliederpartizipation auf die Fahne schreibt, doch ein toller Erfolg.
Herr Türoff, sind Sie gespannt, wie es nach der Wahl weiter geht?
Türoff: Es wird sich personell etwas ändern, das ist klar. Das passiert aber in jedem Job. Ich wünsche mir, dass auf dem Weg dorthin im Wahlkampf alle cool bleiben. Und dann gucken wir mal, wie die neue Konstellation aussieht und gehen damit offen und professionell um. Aber eins ist klar: Am Tag nach der Wahl ist gleich das nächste Spiel gegen den VfB Stuttgart. Der FC muss und wird weiter funktionieren. Ich persönlich bewahre jedenfalls die Ruhe und arbeite weiter hart für den FC.