„Hätte in Köln Geduld haben müssen“Auf Klubsuche: Ex-FC-Talent will's noch mal wissen

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Der ehemalige FC-Star Lukas Podolski (r.) und Taner Yalcin verstanden sich in Köln nicht nur auf dem Rasen bestens.

von Martin Zenge (mze)

Köln – Beim 1. FC Köln feierte er unter Christoph Daum (66) sein Profi-Debüt und spielte später an der Seite von Kumpel Lukas Podolski (34): Taner Yalcin (30) galt einst als eines der größten Talente im Klub. 

Taner Yalcin im Interview über den 1. FC Köln, Lukas Podolski und seine Pläne

Nach seinem FC-Abschied 2011 kickte der Spielmacher dann in neun Jahren für acht verschiedene Vereine. Im EXPRESS erzählt Yalcin von seinen Stationen in der Türkei. Er verrät, wie es für ihn nun weitergehen soll – und warum es mit dem ganz großen Durchbruch nicht geklappt hat.

Nachdem Sie zuletzt in der Türkei gespielt haben, sind Sie zurück in Köln. Wollten Sie wieder in Ihre Heimatstadt?

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Yalcin: Das hat verschiedene Gründe, vor allem natürlich das Coronavirus. Ich hatte bei Sivas Belediye Spor einen Ein-Jahres-Vertrag bis Saisonende. Dann kam das Virus, und wir haben den Vertrag aufgelöst, damit ich heimkehren kann. In dieser Zeit ist es besser, bei seiner Familie zu sein. Jetzt verbringe ich viel Zeit zu Hause und halte mich individuell fit.

Sie waren in der dritten türkischen Liga aktiv – wie sind dort die Bedingungen?

Das ist eine offizielle Profi-Liga, die man mit der 3. Liga in Deutschland vergleichen kann. Hierzulande ist das Niveau allerdings etwas höher und die Stadien sind voller. Aber die Bedingungen sind absolut professionell, die Spieler leben vom Fußball, da muss niemand nebenbei noch arbeiten. Ich hatte diese Saison leider immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen und konnte deswegen nur zehn Spiele machen.

Taner Yalcin sucht neuen Klub in Deutschland

Wie soll es nun für Sie weitergehen? Es gibt Gerüchte um einen Wechsel in die Oberliga zu Westfalia Herne.

Ein alter Kumpel, der in Herne spielt und Sponsor des Klubs ist, hat mich angerufen und angefragt, ob ich mir einen Wechsel vorstellen könnte. Ich habe mir das aus Respekt auch angehört – aber momentan ist Herne kein Thema für mich. Meine Berateragentur Instinkt Sports um Sead Islamovic steht mit mehreren Vereinen aus der 3. Liga und der Regionalliga in Kontakt. Auch in Belgien oder den Niederlanden könnte zur neuen Saison etwas möglich sein. Mein Ziel ist aber, in Deutschland zu bleiben. Ich möchte am liebsten hier in der Nähe einen Verein finden.

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Los ging Ihre Karriere beim 1. FC Köln. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf Ihre Jahre beim FC zurück?

Das war definitiv die schönste Zeit meiner Karriere. Beim FC bin ich groß geworden und habe den Sprung zu den Profis geschafft. Der FC ist mein Verein und meine Heimat, ich bin Kölner Jung. Mit dem Herzen bin ich noch immer am Geißbockheim.

Mit Christoph Daum hat Sie damals eine echte FC-Legende zu den Profis befördert…

Christoph Daum ist eine riesige Persönlichkeit. Ich habe ihm viel zu verdanken, er hat mir den Weg in den Profi-Fußball geebnet. Wir hatten eine ganz besondere Verbindung zueinander, er war sozusagen mein Ziehvater. Er hat mir immer wieder gesagt, dass ich das Zeug habe, um mich in der Bundesliga zu behaupten, und ich an mich glauben soll. Das hat mir viel Kraft gegeben.

Aus dieser Zeit gibt es viele Fotos von Ihnen und Lukas Podolski – wie war Ihr Draht zueinander?

Poldi hat mich beim FC stark mit seinen Ratschlägen auf und neben dem Platz unterstützt und mir geholfen, mich weiterzuentwickeln. Ich habe damals zu ihm heraufgesehen, weil er ein Weltklasse-Spieler ist. Wir stehen auch immer noch in Kontakt und schreiben ab und zu. Poldi gehört zu den ganz Großen.

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Nach drei Jahren Bundesliga war für Sie allerdings schon Schluss beim FC. Warum?

Ich wäre sehr gerne noch lange geblieben. Aber in meiner letzten Saison hier kam ich nicht auf meine Spielminuten und hatte als junger Spieler das Gefühl, dass ich mehr Zeit auf dem Platz brauche – für meine Entwicklung. Dadurch kam der Wechsel in die Türkei zu Istanbul Basaksehir zustande.

In der Türkei sind Sie nach drei Jahren in der Süper Lig dann in die 2. Liga gewechselt. Weil Sie ein alter Bekannter aus FC-Zeiten gelockt hat…

Genau, Ümit Özat war Trainer bei Elazigspor. Ich habe dort aber leider nur ein halbes Jahr mit ihm gearbeitet. In Köln hatte er mir sehr geholfen. Ümit war mein Mentor und hat mich an die Hand genommen bei den Profis. In der Türkei hat er mich dann gefragt, ob ich mir die 2. Liga vorstellen kann. Das konnte ich, weil das Team gut aufgestellt war und unbedingt aufsteigen wollte. Das haben wir leider nicht erreicht.

Taner Yalcin: „Im Großen und Ganzen zufrieden – aber...“

Nach Ihrem Abgang vom FC haben Sie in neun Jahren bei acht verschiedenen Vereinen gespielt. Wo sehen Sie die Gründe dafür?

Ganz ehrlich: Das waren keine einfachen Jahre für mich, jede Saison woanders zu spielen. In der Türkei ist es aber so: Jedes Jahr wird eine neue Mannschaft aufgestellt, die möglichst um den Aufstieg spielen soll, da gibt es viel mehr Wechsel als in Deutschland. In meinen Vereinen wurde gefühlt die gesamte Mannschaft getauscht, da fehlte die Konstanz in der Kaderplanung. Natürlich sehne ich mich nach mehr Beständigkeit. Ich hätte gerne mal über mehrere Jahre denselben Trainer.

Und wie war Ihr Leben in der Türkei abseits des Platzes?

Sehr schön. Ich habe tolle Erfahrungen gemacht, viele Menschen kennengelernt. Ich habe in mehreren Städten gelebt, in Istanbul, Ankara, Elazığ, Sivas. Am schönsten war es natürlich in Istanbul, das ist eine einmalige Metropole. Dort leben auch die Eltern meiner Mutter, dadurch hatte ich Familie um mich.

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2016 haben Sie noch mal einen Anlauf in Deutschland unternommen, beim SV Sandhausen. Allerdings sind Sie nur auf einen Kurzeinsatz in der 2. Liga gekommen. Hat es nicht gepasst?

Leider hatte ich auch dort das ganze Jahr über mit kleinen Verletzungen zu kämpfen und bin nicht zum Zug gekommen. Trotzdem war Sandhausen eine wichtige Erfahrung für mich, da ich dort unter dem Trainer Kenan Kocak, den ich sehr schätze, fußballerisch und menschlich gereift bin. Danach war ich vereinslos, musste meine Verletzungen auskurieren und mich individuell mit einem Personal Trainer fit halten. Das war meine schwerste Zeit, aber ich bin froh, dass ich mich immer wieder motivieren konnte, nicht aufzugeben.

Wie zufrieden sind Sie selbst mit Ihrer bisherigen Karriere?

Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden – aber der ganz große Durchbruch ist mir nicht gelungen. Ich muss zugeben, dass ich meine Möglichkeiten wohl nicht ganz ausgeschöpft habe. Früher in der Jugend habe ich von der ganz großen Karriere in Europa geträumt. Wenn ich jetzt zurückblicke, waren da mehrere Fehlentscheidungen dabei; Wechsel, die ich heute nicht mehr so machen würde. Wie eben auch der Transfer in frühen Jahren in die Türkei. Heute weiß ich, dass ich mehr Geduld hätte bewahren müssen beim FC.

Haben Sie schon Pläne, wie es nach Ihrer aktiven Zeit weitergehen soll?

Klar mache ich mir Gedanken. Ich will dem Fußball treu bleiben und gerne mal als Trainer arbeiten. Und am liebsten würde ich natürlich für den FC arbeiten. Das wäre ein absoluter Traum.

Taner Yalcins Stationen im Überblick

bis 2008 FC-Nachwuchs (2008 Meister Bundesliga West mit der U19, dabei 14 Tore)

2008 – 2011 FC-Profis (38 Pflichtspiele)

2011 – 2013 Istanbul Basaksehir (Süper Lig)

2013/14 Kayserispor (Süper Lig)

2014/15 Elazigspor (2. Liga Türkei)

2015 Kayseri Erciyesspor (2. Liga Türkei)

2016 GMG Kastamonuspor (4. Liga Türkei)

2016/17 SV Sandhausen (2. Bundesliga)

2018/19 Inegölspor (3. Liga Türkei)

2019/20 Sivas Belediye Spor (3. Liga Türkei)