Der Komiker, Zeichner und Schauspieler Otto Waalkes hat mit uns über sein neues, malerisches Buch (mit eingeschleusten Ottifanten!), den vorbildlichen Kölner Karneval und friesische Weihnacht gesprochen.
Otto Waalkes„Darum hab' ich aus meiner Nase einen Rüssel gemacht“

Copyright: MIKEKRAUS.works
Ganz entspannt im Hier und Jetzt: Beim Malen kann Otto Waalkes richtig gut abschalten. Allerdings muss immer irgendwo ein Ottifand mit von der Partie sein.
Autor
Er ist noch von keiner Spaßbremse blockiert worden und das ist in diesen grauen Zeiten genauso wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger als vor sechs Jahrzehnten: Otto Waalkes (77), der große Witzige aus dem Norden, hat seit den 60ern Riesenerfolg mit Bühnen-Programmen, Kino-Filmen, TV-Shows oder Comics.
Jetzt der nächste Streich: Im Bestseller „Kunst in Sicht“ (Piper, 26 €) pimpt er die größten Werke der Malerei, indem er sie mit „Ottifanten“ bereichert – eine wunderbare Einführung in die Welt der Kunst.
Otto Waalkes musste sich mal beim Kanzler entschuldigen
In „Kunst in Sicht – Neu entdeckte Meisterwerke“, Ihrem neuen Bestseller, bekommen weltberühmte Bilder durch Hinzufügen Ihrer fröhlichen Ottifanten eine neue Anmutung. Glauben Sie, dass Dürer, Rembrandt & Co. mit der Ottifantisierung einverstanden wären?
Otto Waalkes: Eine sehr schwierige Frage. Ich denke, der große Rembrandt hatte Sinn für Komik, das sieht man vielen seiner Gemälde und Zeichnungen an. Albrecht Dürer war da eher heikel, er hatte sogar eine Art Copyright-Signatur: AD.
Was ist für Sie das witzigste Gemälde der Welt?
Otto Waalkes: Noch so eine Fangfrage. Aber es gibt ein mittelalterliches Gemälde, auf dem ein paar Pferde zu sehen sind. Von der Seite wirken sie zumindest pferdeähnlich – aber eines davon hat der ungenannte Meister von vorne gemalt, und es ist so dick geworden und schaut so traurig. Entweder es ist ein Gummipferd oder es hat Blähungen und platzt gleich.
Wie sind Sie auf die Idee zu „Kunst in Sicht“ gekommen?
Otto Waalkes: Die Bilder waren da – fehlte nur der Text dazu: Fertig war das Buch.
Gab es schon „Kunstfrevel!“-Proteste – man hat ja das Gefühl, dass auch in der Kunst immer mehr gemeckert und zensiert wird?
Otto Waalkes: Zensiert wurde noch nichts, doch ich kann mir gut vorstellen, dass einige Kunstjünger in meinen Parodien ein Sakrileg sehen. Für mich aber ist die Parodie die ehrlichste Form der Verehrung.
Sie können das gut vergleichen: Wird in Sachen Humor mehr protestiert als früher?
Otto Waalkes: Mehr als in der Entstehungszeit meiner ersten TV-Shows auf jeden Fall. In den Mediatheken werden sie nur noch mit Warnhinweis gesendet: Sie enthalten Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden. Das zeigt, wie ernst meine Komik mittlerweile genommen wird. Abgesehen davon tragen die Warnhinweise zur Verbreitung bei, weil viele Zuschauer daraufhin die Shows anklicken und auf diskriminierende Passagen warten.
Sind Sie schon mal in einen Shitstorm geraten?
Otto Waalkes: Nein, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Ich hatte nur einmal ein Problem mit einem ganz besonderen Papst-Witz. Dafür musste ich mich sogar beim damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt entschuldigen. Der Witz lautete: „‚Der Papst hat Selbstmord begangen!‘ – ‚Warum auch nicht? Ist doch gut, wenn man sich beruflich verbessern kann!‘“
Welche Rolle spielt die bildende Kunst in Ihrem Leben?
Otto Waalkes: Gezeichnet habe ich schon als Kind auf den Rückseiten der Tapetenmusterbücher meines Vaters, der war Malermeister. Während der Schulzeit habe ich Plakate gemalt. Als ich die Schule fertig hatte, riet mir jemand, mangels anderer Talente sollte ich Kunst studieren.
Wollten Sie damals wirklich Lehrer werden?
Otto Waalkes: Eigentlich nicht. Aber an der Hochschule für bildende Kunst in Hamburg wurden nur Kunstpädagogikstudenten aufgenommen. Ich war dann acht Semester dabei. Zum Lehrer hat's aber nicht gereicht.
Über wen oder was lachen Sie?
Otto Waalkes: Gerade habe ich über Bully Herbigs neuen Film „Das Kanu des Manitu“ und über Helge Schneiders Dokumentation „The Klimperclown“ gelacht.
Sie malen selbst, doch dazu braucht man Ruhe und Geduld – wie schaffen Sie das bei Ihrer Hibbeligkeit?
Otto Waalkes: Das wundert mich selbst auch. Aber vor der Leinwand kommt eine himmlische Ruhe über mich.
Große Künstler haben ihre besonderen Markenzeichen: Christo verpackte, Magritte verrätselte. Ihre Markenzeichen sind die Ottifanten, von denen es jetzt gar „Ottifanten-Adventskalender“ gibt. Wo haben sie das Licht der Welt entdeckt?
Otto Waalkes: Ich verdanke sie einem Selbstporträt, das während meiner Schulzeit entstanden und dann leider etwas misslungen ist: Meine Nase war mir im Profil zu lang geraten. Da half nur die Flucht nach vorn: Ich habe einen Rüssel draus gemacht. Der Rest ergab sich dann von selbst.
Ehe Sie in den Hamburger Clubs Ihre Komiker-Karriere starteten, haben Sie als Musiker auf der Bühne gestanden, waren Sänger der im Norden sehr populären Band The Rustlers. Wollten Sie vorher mal Rockstar werden?
Otto Waalkes: Ach, das weiß ich nicht mehr so genau. Bei mir war es immer eine Mischung. Ich habe gern Musik gemacht, habe aber viele Texte, die ich dann sang, witzig eingedeutscht, da gab es schon mal einen Elvis-Song auf Plattdeutsch.
Mal ganz persönlich: Ich war dabei, als Sie vor rund 60 Jahren mit Ihren Rustlers erstmals außerhalb Ostfrieslands auftraten, bei einem „Tanzvergnügen“ im Wilhelmshavener Ruderclub. Die „seriösen“ Mitglieder konnten mit der Musik nichts anfangen. Sie waren so entsetzt, dass Sie noch vor der Tanzpause gefeuert wurden. Rote Karte beim ersten Auswärtsspiel: Hat dieser Rausschmiss Ihre spätere Karriere beeinflusst?
Otto Waalkes: Das Debakel hat mir zu denken gegeben. Und ich habe den Vorsatz gefasst, nie wieder im Wilhelmshavener Ruderclub aufzutreten. Bisher habe ich mich dran gehalten.

Copyright: picture alliance/dpa
Otto Waalkes singt im Mai 2024 mit dem stets skibrilletragenden Künstler Ski Aggu das Remix seines 1993er-Hits „Friesenjung“.
In „Kunst in Sicht“ findet sich ein besonderer Gruß an Köln: Wir sehen Sie in einem Klodeckel den Rhein entlangtreiben vor der Kulisse des Doms. Vielsagender Titel: „Eau de Cologne“. Was wollen Sie uns mit diesem Bild sagen?
Otto Waalkes: Das Auftauchen durch eine Klobrille ist der Anfang meines Erstlings „Otto - der Film“ von vor genau 40 Jahren. Damals spielte die Szene in der Karibik. Doch da ich später einen Film in den Kölner MMC-Studios gedreht habe, fand ich diesen Gruß an Köln ganz reizvoll. Außerdem kenne ich Köln gut. Ich habe zehn Jahre lang in Deutz gewohnt. Meine Stammkneipe war das Örgelchen gegenüber dem Dom.
Was halten Sie vom Kölner Karneval?
Otto Waalkes: Vorbildlich! Ich hatte selbst schon Büttenreden in meinem Programm. Außerdem ist er nichts Ungewöhnliches für Ostfriesen. Wenn in Köln Karneval ist, feiert man in Ostfriesland mit, zwar ohne Kostüme, aber auch mit Bier. Es wird nur anders gesprochen und anderes gesungen, sonst gibt es keine Unterschiede.
Weihnachten, das große Fest, steht vor der Tür. Schenken Sie Ihren Lieben nur Selbstgemaltes?
Otto Waalkes: Jederzeit – nur zu Weihnachten bekommen sie etwas Anständiges.
Wie feiern Sie Weihnachten?
Otto Waalkes: Ostfriesisch: mit Tee und Keksen.
Ist Weihnachten für Sie noch ein Familienfest?
Otto Waalkes: Wäre schön. Mein Bruder lebt noch in Emden – ich hoffe, dass er mich wieder einladen wird.

Copyright: Otto Waalkes
Kuscheln im Klimt: Otto samt Ottifant in dem von ihm „überarbeiteten“ Werk „Der Kuss“ von Gustav Klimt aus dem Jah r1908. Klimt gilt als bedeutendster Vertreter des Wiener Jugendstils.
Sie sind in diesem Jahr 77 geworden. Möchten Sie noch mal 20 sein?
Otto Waalkes: Lieber 23. Da hatte ich meine erste feste Freundin. Ihr Porträt ist auch im Buch, man kann es auf Seite 116 sehen. Es heißt Mädchen mit Wollmütze, stammt aus 1972.
Sie könnten sofort aufhören und ein schönes Rentnerleben führen. Schon mal darüber nachgedacht?
Otto Waalkes: Nein. Womit soll ich aufhören? Das, was ich mache, ist mein Leben. Es gibt keinen Unterschied zwischen Otto hinter und auf der Bühne, außer dass bei mir zu Hause weniger Publikum ist.
Otto Waalkes: Der Tausendsassa des Humors
Otto Waalkes (geb. 22.7.1948, Emden), 1968 Abitur, Sänger bei The Rustlers, erster Auftritt 1964.
1970: Kunstpädagogik-Studium in Hamburg, Auftritte in kleinen Clubs
1972: erste LP „Otto“ (500 000 Exemplare)
1973: erste TV-Show
1982 – 1988 „Ronnys Pop-Show“
1985: „Otto Der Film“, erfolgreichster deutscher Kinofilm (14,5 Mio Zuschauer)
1987: „Dat Otto Huus“, eigenes Museum in Emden“
1995: „Otto – Die Serie“ (RTL).
Seine bekannteste Comicfigur ist der „Ottifant“
1987 bis 1999: verheiratet mit Manuela „Manu“ Ebelt, gemeinsamer Sohn Benjamin Karl Otto Gregory
2000–2012 verheiratet mit Schauspielerin Eva Hassmann
2025: Deutscher Fernsehpreis für sein Lebenswerk. Otto Waalkes lebt in Hamburg-Blankenese.


