Kölner Kardinal Woelki„Beschämend“ – Fünf Millionen Euro für Missbrauchsopfer

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Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, nimmt am 23. März an einer Pressekonferenz des Erzbistums Köln zur Vorstellung der Konsequenzen aus dem Missbrauchsgutachten teil.

von Madeline Jäger (mj)

Köln – Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat am Dienstag, 23. März, um 10 Uhr über Konsequenzen aus dem vergangene Woche veröffentlichten Missbrauchsgutachten gesprochen.

  • Kölner Kardinal Woelki reagiert auf Missbrauchsgutachten
  • Konsequenzen aus Gutachten werden erläutert
  • Kölner Missbrauchsgutachten mit erschreckenden Fakten

Köln: Kardinal Woelki spricht über erste Konsequenzen 

Doch was sind die Konsequenzen? In der Pressekonferenz im Maternushaus am Dienstag (23. März) spricht der Kölner Kardinal Woelki zunächst über die Missbrauchsopfer, die in der Vergangenheit zu oft, zu wenig Gehör gefunden hätten. 

„Ich erinnere mich noch sehr gut an die Gespräche, die ich mit einem Betroffenen geführt habe. Sein Leid zu hören, das hat mich tief berührt“, so Woelki einleitend. 

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Kardinal Woelki über Missbrauchsopfer: „Wird die Schreie der Kinder nicht mehr los“

„Seine Schilderungen dazu, die Schreie der Kinder nicht mehr loszuwerden, das kann ich nicht vergessen“, sagt Woelki. Dies sei sein Antrieb für die Untersuchung gewesen. 

Man wolle als Erzbistum Verantwortung übernehmen, diesem Anspruch sei das Gutachten gerecht geworden. Trotzdem stellt Woelki klar: „Einige Priester kamen recht glimpflich davon“ und der Umgang mit Tätern habe zu lange eine höhere Priorität genossen, als den Betroffenen zuzuhören.

Kardinal Woelki geht auf kritische Stimmen zum Gutachten ein

„Es fehlte an Mitgefühl und Empathie mit den Opfern“ – man habe ihnen lange nicht einmal zugehört. Es habe systembedingte Vertuschungen gegeben. Dies habe Menschenleben zerstört oder sogar gekostet. „Das hätte nie passieren dürfen,“ sagt Woelki.

Auf die Kritik dazu, dass man sich das Gutachten hätte sparen können, geht Woelki in der Pressekonferenz ebenfalls ein.

„Wir leben in einem Rechtsstaat“, daher habe man alle Unterlagen vor und während der Erstellung des Gutachtens an die Staatsanwaltschaft gegeben und geben müssen.

Kölner Kardinal Woelki: Wer trägt die Verantwortung?

„Die moralische Verantwortung liegt bei verbrecherischen Tätern. Die moralische Verantwortung liegt aber auch bei mir“, so Woelki und verspricht Opfern weiter zuhören zu wollen.

Doch seinen eigenen Rücktritt schließt der Kölner Kardinal weiterhin aus. „Ich habe meine rechtliche Pflicht getan, aber ich frage mich, ob ich alles richtig gemacht habe.“

Er nennt den Umgang mit dem Priester O. und räumt Fehler ein: Er hätte den Fall zwar nicht nach Rom melden müssen, aber können und sollen. Auch in einem anderen Fall habe er nicht alles getan, was möglich gewesen wäre.

Kardinal Woelki: „Beschämendes Beispiel für meine Unzulänglichkeit“

Dies sei „ein beschämendes Beispiel für meine Unzulänglichkeit“, so Woelki. Doch: „Ich kann es aus meinem Amt heraus besser machen. Die Probleme würden auch nach meinem Rücktritt bleiben“, glaubt Woelki.

Er wolle aus der schrecklichen Vergangenheit lernen. Letztlich sei das Gutachten nur ein Mosaikstein von vielen. Man sei seit Jahren in der Präventionsarbeit gut unterwegs und wolle dies weiterführen.

Erzbistum Köln: Konkrete Konsequenzen aus Missbrauchsgutachten

Weiter stellt Generalvikar Markus Hofmann, der die Verwaltung im Erzbistum Köln leitet, die konkreten Maßnahmen zu acht Themenbereichen vor. Einige davon würden schon umgesetzt, andere bräuchten jedoch etwas Zeit.

Erzbistum Köln: Fünf Millionen für Missbrauchsopfer

Fünf Millionen Euro stellt das Erzbistum für die Opfer-Entschädigung bereit. Das Geld kommt aber nicht aus Kirchensteuer-Mitteln. Eine Million Euro gehen in einen Solidaritätsfonds für Opfer von Ordensgeistlichen.

Die Aufarbeitung würde außerdem weitergehen. Beschuldigte sollen zukünftig stärker kontrolliert werden. Es solle auch Veränderungen in der Priester-Ausbildung geben. Frauen sollten stärker eingebunden werden. Auch die Einbindung der Prävention von sexueller Gewalt stehe bei allen Maßnahmen im Vordergrund.

Erzbistum Köln: Gutachten mit erschreckender Bilanz

Aus dem Gutachten hatte sich ergeben, dass aufgrund der noch verfügbaren Akten im Erzbistum Köln zwischen 1975 und 2018 insgesamt 314 Personen - meist Jungen unter 14 Jahren - Opfer von sexualisierter Gewalt geworden waren. Der Gutachter Björn Gercke stellte fest, „dass sich Jahrzehnte offenbar niemand getraut hat, solche Fälle zur Anzeige zu bringen“.

Kölner Missbrauchsgutachten: Mangelhafte Aktenführung

Die Aktenführung des größten deutschen Bistums wurde als äußerst mangelhaft kritisiert. Mehreren Verantwortungsträgern des Erzbistums warf Gercke Pflichtverletzungen vor, so etwa dem früheren Personalchef und heutigen Hamburger Erzbischof Stefan Heße und dem 2017 gestorbenen Kardinal Joachim Meisner.

Unmittelbar nach der Vorstellung des Gutachtens hatte Kardinal Woelki - der selbst nicht belastet wurde - den Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und den Kirchenrichter Günter Assenmacher beurlaubt. Noch am selben Tag bat Erzbischof Heße den Papst um seine Entlassung. Am nächsten Tag wurde zudem der Kölner Weihbischof Ansgar Puff auf eigenen Wunsch von Woelki beurlaubt. (mj/dpa)