94 Prozent feiern esKölner Hotel mit spektakulärem Angebot an das eigene Personal

Marie Christ, hier mit Hotel-Manager Marco Makowski, hat eine 4-Tage-Woche im 25 Hours-Hotel in Köln. Das Foto wurde im November 2023 aufgenommen.

Die Hotelkette „25 Hours“ bietet auch in Köln und Düsseldorf die 4-Tage-Woche an. Mitarbeiterin Marie ist begeistert, ihr Chef Marco Makowski auch. Das Foto wurde im November 2023 aufgenommen.

Händeringend werden Auszubildende gesucht, die Fachkräfte von Morgen. So mancher Betrieb in Köln und dem Umland hat eine „findige“ Strategie entwickelt.

von Andrea Kahlmeier (ak)

Woher Azubis und Fachkräfte nehmen? Am Donnerstag (16. November 2023) buhlen auf dem „Karrieretag“ im Kölner Rhein-Energie-Stadion wieder mehr als 100 Unternehmen aus der Region um Mitarbeitende.

Womit können sie punkten? Klar, mit anständiger Bezahlung. Geld ist jungen Menschen laut Umfrage am wichtigsten. Aber auch mehr Freizeit ist schwer angesagt. Hier zwei Beispiele, die zeigen, wie Zeitmanagement funktionieren kann.

Fachkräfte gewinnen: Kölner Hotel mit Vier-Tage-Woche

Während viele Gastronomie-Betriebe in der Region verzweifelte Aufrufe auf Facebook starten, dass sie ihr Restaurant aus Personalmangel vielleicht schließen müssen, brummt das „Neni“ in Köln, hat mittlerweile sogar von 12 bis 23 Uhr durchgehend geöffnet. Das Restaurant gehört zur „25 Hours“-Hotelkette. Und die hat 2022 einen mutigen Schritt gewagt, allen Mitarbeitenden von der Spülkraft bis zum General Manager die Vier-Tage-Woche angeboten.

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Das Konzept: An vier Tagen wird jeweils neun Stunden (plus eine 45-minütige Pause) gearbeitet, dafür gibt's drei Tage frei. Die Tage können je nach Wunsch am Stück oder einzeln genommen werden. Macht summa summarum vier Stunden Arbeitszeit weniger in der Woche, aber eben zum vollen Gehalt.

„94 Prozent unserer Mitarbeitenden haben das Angebot in Anspruch genommen“, sagt General Manager Marco Makowski (35). „Um diese Fehl-Stunden aufzufangen, mussten wir natürlich mehr Mitarbeiter einstellen.“ Doch er ist davon überzeugt, dass sich das Konzept bezahlt macht, auch fürs Unternehmen.

„Insbesondere in der Küche, wo ein großer Fachkräftemangel herrschte, sind wir wieder stabil geworden, seit April nicht mehr unterbesetzt. Wir haben keine hohe Fluktuation mehr, die Zahl der kurzfristigen Krankmeldungen ist um 60 Prozent zurückgegangen, Überstunden gibt es auch nicht mehr.“ Klingt prima.

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Aber was sagen die Angestellten? Marie Christ (25), die in dem Haus als Veranstaltungskauffrau ausgebildet wurde, ist begeistert. Anfangs habe man sich an die etwas längeren Arbeitstage gewöhnen müssen, gibt sie zu, doch die Flexibilität möchte sie nicht mehr missen. „Ich kann ein langes Wochenende verreisen, in der Woche zum Frisör, nach Konzertbesuchen am nächsten Tag ausschlafen ... Das Haus wird mich so schnell nicht los“, lacht sie.

Boni, Geld, Freizeit: So binden Firmen in Köln und dem Rheinland ihre Fachleute

Es gibt noch mehr Schlüssel zum erfolgreichen Anwerben und vor allem Halten von jungen Fachkräften und Personal generell. Wir zeigen weitere Beispiele von Firmen in Köln und Umgebung, die durchaus nachahmenswert sein können:

  • Zwar noch in der Ausbildung sein, aber mal erleben, wie das Chefdasein so schmeckt? Das bietet zum Beispiel die Kreissparkasse Köln ihren besten Azubis im dritten Lehrjahr an. Dieses Jahr etwa leiteten zehn talentierte Nachwuchsbankerinnen und -banker für vier Wochen die Filiale der Kreissparkasse in Rösrath. Ziel der seit 2014 angebotenen Azubi-Filiale ist es, Verantwortungsbewusstsein und Teamfähigkeit zu fördern. „Aber es sorgt natürlich auch für eine Mitarbeiterbindung“, sagt Pressesprecher Michael Schwarz. „Im Anschluss an die Ausbildung bieten wir dann gerne auch ein Studienfolgeprogramm in Kombination mit dem Job an.“
Frank Kasolowsky, Leiter der Kreissparkasse Köln in Rösrath, übergab zum Start der Azubi-Filiale symbolisch den Schlüssel an zehn angehende Bankkaufleute. Das Aufnahmedatum des Fotos ist unbekannt.

Frank Kasolowsky (links) übergab in Rösrath symbolisch den Schlüssel an zehn angehende Bankkaufleute. Das Foto ist undatiert.

  • Angestellte des Düsseldorfer Konzerns Henkel können schon seit 25 Jahren bis zu fünf Tage bezahlte Freistellung jährlich für ehrenamtliche Tätigkeiten beantragen. Haben schon mehr als 10.000 Mitarbeitende genutzt.
  • Erst die Arbeit, dann das Vergnügen? Geht auch umgekehrt, wenn der Arbeitsvertrag unterschrieben ist. Vor der Ausbildung Auslandserfahrungen sammeln kann man etwa bei BPW Bergische Achsen KG in Wiehl. Die Firma (80 Azubis) beteiligt sich an Kosten für Flüge, Zugverbindungen, Hotel oder Handyrechnungen.
  • Bei der KVB gibts für Lehrlinge eine Prämie von 400 Euro, wenn sie die Abschlussprüfung erfolgreich bestanden haben. Fast noch besser als Bares: Wer dem Unternehmen treu bleibt, hat Chancen, preiswert eine der 172 eigenen KVB-Wohnungen oder 847 WSK-Wohnungen (dort hat die KVB Belegungsrechte) mieten zu können.
  • Alles wird teurer, darauf reagieren immer mehr Betriebe. Wer zum Beispiel als Mechatroniker bei DHL anfängt, erhält 180 Euro steuerfreie Sonderzahlung im Monat als Ausgleich für gestiegene Verbraucherpreise.
  • Mit Plakataufstellern vor den Filialen wirbt die Bäckerei Merzenich um Azubis. Im ersten Lehrjahr zahlt sie 1200 statt 860 Euro, im zweiten 1300 statt 945 Euro und im dritten Lehrjahr 1400 statt der tariflich vereinbarten 1085 Euro.

Und gutes Geld zu bezahlen, ist kein Einzelfall in der Region. Es komme durchaus häufiger vor, dass schon in der Ausbildung über Tarif bezahlt wird, „und zwar durch alle Berufsbilder und Betriebsgrößen“, bestätigt Dr. Susanne Hartmann von der IHK Köln.