Krieg, Klima und KlischeesDas große EXPRESS-Stunk-o-Meter zur Kölner Stunksitzung

Wie lief die Stunksitzung im Kölner E-Werk nach zwei Jahren Corona-Pause? Lesen Sie hier die EXPRESS.de-Kritik.

von Christof Ernst (che)

Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für die Satire. Das wussten auch die Stunkerinnen und Stunker und hatten bei Themen wie Ukraine-Krieg, Pandemie, Klimakatastrophe und Wirtschaftskrise die freie Auswahl. Sie griffen beherzt zu. Am Mittwoch (7. Dezember 2022) war Premiere.

Vieles war gut in der 37. Ausgabe der Stunksitzung, einiges hat Luft nach oben und ein Sketch erwies sich als Knaller. Hier ist das große EXPRESS-Stunk-o-Meter.

Köln: Stunksitzung 2023 feiert Premiere im E-Werk

Woelki: Das Theater um Woelki ist für die Stunkerinnen und Stunker natürlich eine klassische Steilvorlage: Sie schicken des „Teufels Kardinal“ (Günter Ottemeier) direkt zum Satan (Ozan Akhan), der Woelki komplettes Versagen vorwirft, weil noch immer so viele Katholiken nicht ausgetreten sind. Woelki solle sich an ihm ein Vorbild nehmen: Der Teufel klappt ein riesiges Bild auf, und man sieht Joachim Kardinal Meisner. „Das war mein Mitarbeiter des Jahrhunderts.“ Die Nummer ist teuflisch infam, satirisch-böse und treffend. Top Stunker-Niveau. Wertung: fünf Kappen

Alles zum Thema Angela Merkel

Weltpolitik im Hänneschen: Schon öfter galt den Stunkerinnen und Stunkern das Hänneschen als Rahmen für ihre Satire aufs Weltgeschehen. Diesmal kommen zu Speimanes (Martina Klinke) Biden, Putin, Angela Merkel, Xi Jinping und Selensky. Es geht – na klar – um den Ukraine-Krieg und wird zu einem tiefen Griff in die Klischee-Kiste: Putin poltert, Biden gibt den Welt-Herrscher, Merkel merkelt und Scholz langweilt vor sich hin. Die Figuren sind köstlich, aber der Inhalt dünn. Zu wenig für so ein wichtiges Thema. Wertung: zwei Kappen

Nehmen Sie hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teil:

Kokolores am Automaten: Was passiert eigentlich mit den Flaschen, die in den Leergut-Automaten geschoben werden? Die Stunkerinnen und Stunker beantworten die Frage mit einer ganz wunderbaren Slapstick-Nummer. Mal kommt die Flasche postwendend zurück, mal wird die Bon-Ausgabe verweigert, mal streikt der Automat komplett – wie im richtigen Leben. Und am Ende spielen alle – Achtung: Spoiler-Alarm – auf den leeren Plastikflaschen „Drink doch ene mit“. Man kann auch ohne viele Worte tolle Geschichten erzählen. Wertung: vier Kappen

Vater Rhein gehäkelt: Nachhaltiger geht es nicht: Das komplette Bühnenbild und die Kostüme von Loreley (Martina Klinke), Vater Rhein (Tom Simon) und allerlei Getier im Fluss sind gestrickt und gehäkelt! Die Menschen sind ausgestorben, dafür gibt es einen Reggae singenden Oktopus (Ozan Akhan), knutschende Piranhas (Günter Ottemeier), einen nörgelnden Doktorfisch (Bruno Schmitz) oder den Hai-Dewitzka (Christian Rzepka). Sehr köstlich! Und am Aschermittwoch wird das Bühnenbild „abgewickelt“. Wertung: vier Kappen

Winni, der Alleskönner: Winni, der Tausendsassa: Keyboarder Winni Rau tritt neben seinem Job in der Hausband Köbes Underground auch mit „Prinz“ Ekki Pieper und „Jungfrau“ Carlos Neisel als Bauer im Dreigestirn auf und besingt in „Hinterm Gatter“ (In the Ghetto) das harte Bauernhof-Leben. Noch knackiger röhrt er zur Melodie des Rammstein-Hammers „Sonne“, der bei ihm zur „Tonne“ wird. In dem Sketch bringt er einem Umweltflegel (Ozan Akhan) das richtige Müllsortieren bei. Dafür gab es Riesenbeifall. Wertung: vier Kappen

Krieg der Sternchen: Logo, dass die Gender-Debatte bei den Stunkerinnen und Stunkern ein Thema ist, und zwar im „Krieg der Sternchen“ auf dem Planeten LGBTQ. Aus Luke wird der transsexuelle Sternenkrieger Lucy Skywalker (Christian Rzepka), Prinzessin Leia (Martina Klinke) ist die Oberfeministin, Darth Vader (Winni Rau) dagegen setzt das generische Maskulinum als Waffe ein. Lucy gendert perfekt: „Liebe Androiden und Androidinnen“, während R2-D2 (Doris Dietzold) und C3-PO (Doro Egelhaaf) noch üben müssen. Großer Spaß. Wertung: vier Kappen

Sauna im Intercity: Noch so ein Dauerthema: Die Deutsche Bahn und ihre Verspätungen. Auf der Bühne steht ein ICE, in dem so manches Malheur passiert. Zum Beispiel fällt die Klimaanlage aus. Deshalb, so die Durchsage, „gibt es in Wagen 25 gleich einen Aufguss.“ Oder der Lokführer kommt zu spät, weil er mit der DB zur Arbeit gefahren ist... Köstlich: Didi Jünemann als Kellner, der außer kaltem Wasser nichts anbieten kann. Dennoch zünden nicht alle Gags. Für eine Schlussnummer ist das ein bisschen wenig. Wertung: drei Kappen

Wortsalat mit Stivvels Jupp: Er ist wieder da! Stivvels Jupp alias Sitzungspräsidentin Biggi Wanninger redet sich um Kopf und Kragen, bei ihm hieße das vermutlich „um Knopf und Magen“. Denn ständig verdreht Jupp die Worte, so hat er seiner Frau eine Kette aus „Bimsstein, äh Bernstein“ bestellt. Biggi Wanninger ist auch als Sängerin in Bestform, mischt im Anti-Kriegs-Lied „Klääve am Lääve“ den Black Sabbath-Kracher „Paranoid“ mit dem Fööss-Klassiker – und begleitet sich dazu selbst auf der Stromgitarre. Klasse! Wertung: vier Kappen

Während viele Karnevalsvereine Probleme haben, die Säle zu füllen, haben die Stunkerinnen und Stunker bereits über 50.000 Karten verkauft und damit fast das Vor-Pandemie-Niveau erreicht. Deshalb wurde jetzt für Sonntag, 22. Januar, um 18 Uhr eine weitere Sitzung in den Verkauf gegeben. Am 6. Februar zeigt WDR-Fernsehen ab 22.10 Uhr Ausschnitte aus der Stunksitzung.