Zum dritten Mal präsentierten die Bläck Fööss eine musikalische Zeitreise durch die Kölner Stadtgeschichte. Mit den Liedern wurden Emotionen der Nachkriegszeit wieder lebendig. Viele Gäste waren mit dabei.
80 Jahre KriegsendeBläck Fööss bei Zeitreise durch Köln in Bestform – Jubel für BAP-Klassiker

Copyright: Daniela Decker
Die Bläck Fööss präsentierten am Donnerstagabend (8. Mai 2025) die Premiere ihrer Geschichts-Revue „Usjebomb & Opjebaut“. Hanz Thodam, Mirko Bäumer, Alex Vesper und Pit Hupperten (v.l.) versetzten sich dabei auch in die Zeit der Hamsterfahrten in die Eifel hinein.
Am Ende musste Mirko Bäumer (56) beim Blick auf die Uhr doch schmunzeln. „80 Jahre in dreieinhalb Stunden zusammengefasst – da sind wir doch gut unterwegs gewesen“, sagte der Sänger der Bläck Fööss nach der Premiere der Zeitrevue „Usjebomb & Opjebaut“.
In der Tat war es ein langer Abend, den die Kölner Kultband am Donnerstag (8. Mai 2025) im ausverkauften Festsaal der Flora geboten hat. Aber jeder Moment dieses bewegenden Programms war das aufmerksame Zuhören wert.
Bläck Fööss spielen an vier Abenden die Revue „Usjebomb & Opjebaut“
Zum dritten Mal nach 2005 und 2015 hatte Koelncongress passend zum 80. Jahrestag des Kriegsendes zusammen mit den Fööss eine musikalische Zeitreise auf die Beine gestellt, die bei vielen der 850 Gäste starke Emotionen weckte. Tränen flossen, es wurde mitgesungen und auch viel gelacht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg schien Köln kaum mehr zu existieren. Nach 262 Bombenangriffen mit mindestens 20.000 Toten lag die Innenstadt zu 90 Prozent in Trümmern. „Köln war im Mai 1945 ganz und gar usjebomb“, erinnerte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (68) an die 1,5 Millionen Bomben, die auf die Stadt gefallen waren.
Sie erzählte, wie sich ihre Eltern im Krieg kennengelernt hätten und nach vier Tagen geheiratet haben. „Sie lebten in einem Zimmer, das nur drei Wände hatte. Es war ja Mai. Statt der vierten Wand hatten sie eine Decke. Zeit für Trauer, Bewältigung und Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse gab es damals keine, denn in ganz Köln wurde opjebaut“.
Die Lehren aus dieser Zeit seien eindeutig, sagte die OB: „Nie wieder! Nie wieder Faschismus und Hass! Uns Kölnerinnen und Kölnern ist die Menschenwürde wichtig, uns ist wichtig, dass jede und jeder lieben kann und sein kann, wie sie oder er will“.

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker eröffnete den Abend und dankte den Bläck Fööss für das Programm zum Gedenken an das Kriegsende vor 80 Jahren in Köln.
Mit 25 Liedern blickten die Fööss auf die Zeit unmittelbar nach dem Krieg. „Ming herrlich Kölle, wie sühs do us? Wo sin ding Stroße, wo stund ming Huus?“, hieß es beispielsweise bei Jupp Schmitz. „Schöppe, schöppe es jetzt Trump“ von Karl Wiechert widmete sich den Aufräumaktionen in der Stadt, wo 30 Millionen Kubikmeter Schutt angefallen waren.

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Pit Hupperten (r.) im passenden Outfit für „Schöppe, schöppe es jetzt Trump“.
Zwischen den Titeln lieferte das Moderations-Trio Hintergründe zu den Liedern und geschichtliche Einordnungen. Elf Trümmerberge aus Kriegsschutt gebe es in Köln, erzählte Monika Salchert. „Der berühmteste und höchste ist der Herkulesberg, im Volksmund ‚Mont Klamott‘ genannt“.
Zu den Songs waren passende Schwarz-weiß-Fotos aus dem Fotoarchiv von Walter Dick zu sehen, beispielsweise die zerstörte Hohenzollernbrücke oder Galgenbäume. „Wenn man die Bilder siegt, kriegt man einen dicken Kloß im Hals“, fand nicht nur Moderator Stephan Henseler. Die Fööss schlüpften auch in passende Kostüme, schleppten beispielsweise bei „Mer machen hück en Hamsterfahrt“ schwere Rucksäcke, Teppiche und Bilderrahmen mit auf die Bühne.

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Wolfgang Oelsner, Monika Salchert und Stephan Henseler (v.l.) führten durch das Programm und ergänzten die Lieder mit Fachkompetenz.
Neben Geschichtswissen und viel Musik gab es auch zahlreiche Videos mit Zeitzeugen zu sehen. Besonders aufmerksam lauschten die Gäste Grandseigneur Ludwig Sebus. „Das Elend, was du im Krieg mitmachst, was du in der heutigen Demokratie nicht kennst, dass man einer Diktatur unterworfen ist, die dir sogar das Sprechen und Denken verbietet, das ist ein Zustand, den man kaum beschreiben kann. Die Freiheit ist das höchste Gut, das wir Menschen haben. Wir können uns immer wieder entscheiden zum Guten oder zum Schlechten“, sagte der 99-Jährige.

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Ludwig Sebus blickte in einem Video an die Kriegserlebnisse zurück und brachte den Saal auch wie gewohnt zum Lachen.
Gleichwohl lieferte der Jahrhundert-Kölner eine bezaubernde Liebeserklärung an seine Stadt, die bejubelt wurde. „Es ist ein Geschenk, dass wir hier leben können. Wenn ich mir die Welt betrachte, mit Unruhe, Hunger und Kälte, was ich selbst früher erlebt habe, dann ist Kölle doch ein Paradies. Ich weiß ja nicht, wie es im Himmel aussieht. Aber viel besser kann es auch nicht sein.“
Auch vier Alt-Fööss haben in der Revue, die bis Sonntag an vier Abenden gespielt wird, ihren Auftritt. Erry Stoklosa („Trizonesien-Song“), Ralph Gusovius („D’r Mollie“), Kafi Biermann („Mir sin zojefloge“) und Bömmel Lückerath („Camping-Leed“) gaben noch mal ein Kurz-Comeback. „Wir freuen uns, dass die Show nicht stirbt und dass die Jungs sie weitertragen“, sagte Stoklosa. Reinold Louis († 2024) hatte einst die Idee, die Erinnerung an die Kölner Kriegs- und Nachkriegsgeschichte mit der Musik lebendig zu halten.

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Ex-Sänger Kafi Biermann (l.) trat noch einmal mit den Bläck Fööss bei einem Titel auf.
„Etliche Lieder treffen den Kern unseres Daseins. Sie sind aktuell und zeitlos zugleich“, stellte Moderator Wolfgang Oelsner fest. „Die Lieder des Fastelovends sind ein Schatz für das Gemeinwesen – manche sind sogar Hymnen“. Mit dem „Stammbaum“ und bereits stehenden Ovationen ging es in die Pause.
Unter dem Motto „Su simmer all he hinjekumme“ schauten die Fööss auch auf die Multi-Kulti-Stadt. Der griechische „Sirtaki“ von 1977 ließ das Publikum tanzen. Bei „Morje Morje – Yarinlarda“ von Rolly Brings sang Schauspieler Ozan Akhan mit. „Demokratie muss man lehren und leben, da gehört der Kopf und das Herz dazu“, sagte Brings. „Wir sollten unsere Kinder zu mündigen und kritischen Pänz erziehen, die nicht im Gegenwind umkippen“.

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Ozan Akhan (M.) gehörte ebenfalls zu den Gästen der Bläck Fööss. Er sang den deutsch-türkischen Titel „Morje Morje“.
Der vielfältige Abend forderte der Mundartband alles ab. Statt der üblichen Karnevals- und Fööss-Klassiker spielte sie die Song-Perlen in tollen Arrangements. Höhepunkt: der BAP-Klassiker „Kristallnaach“, von Pit Hupperten gesungen, mit Christoph „Raudi“ Granderath an der E-Gitarre.
Bläck Fööss spielen erstmals ihren neuen Song „Freiheit un Demokratie“
Zur Krönung des Abends präsentierten die Fööss auch noch einen extra für die Revue geschriebenen neuen musikalischen Appell für „Freiheit un Demokratie“. „Die Wahl han ze wähle, en Fridde zu levve – jet Wichtijeres, dat jit et nie“, heißt es darin. „Die Erinnerung bewahre, domet jeder kapeet. Et darf nie mih passeere, hinger’t Leech uns ze föhre, brengk Älend un Leid“.
80 Jahre nach Kriegsende gibt es viele Entwicklungen in Köln und in der Welt, die Sorgen bereiten. Aber mit diesem Blick ins kölsche Liedgut wurde auch deutlich, welch große Optimisten die Kölnerinnen und Kölner doch immer waren und welch wichtige Rolle die Treue zur Heimat spielt.