Dank Hoffnungsträger HempelKölner Kult-Hit läuft jetzt auch bei der Darts-WM in London

Florian Hempel schüttelt Peter Wright die Hand.

Florian Hempel (r.), hier am 14. Oktober 2021 im Spiel gegen Paradiesvogel Peter Wright bei der Darts-EM in Salzburg, will auch bei der WM im Dezember für Überraschungen sorgen.

Gleich mehrere Favoriten besiegte Darts-Hoffnungsträger Florian Hempel in diesem Jahr, bei der WM hofft der Kölner auf die nächste Überraschung. Mit EXPRESS.de sprach er über seine Entwicklung. 

von Béla Csányi (bc)

Wolverhampton. Der Countdown für das größte Darts-Spektakel des Jahres läuft, auch Florian Hempel (31) zählt die Tage bis zum WM-Beginn am 15. Dezember 2021 schon runter.

Erstmals tritt der Kölner bei der Endrunde im Londoner Alexandra Palace an und will die Überraschungs-Siege aus dem bisherigen Saisonverlauf auch auf der ganz großen Bühne bestätigen. 

Im Interview mit EXPRESS.de sprach Hempel, der am Mittwoch (17. November, ab 19 Uhr) noch einmal als Experte bei der Sport1-Übertragung zum Grand Slam of Darts kommentiert, über das Verhältnis zu den anderen deutschen Profis sowie die Aussichten und seine Einlaufhymne bei der WM am Ende des Jahres.

Alles zum Thema DAZN

Florian Hempel genießt Expertenrolle beim Darts im TV

Sie waren am Wochenende beim Grand Slam zum ersten Mal als Gast-Kommentator bei Sport1 dabei. Wie fühlt es sich an, Darts zu kommentieren und nicht selbst auf der Bühne zu stehen?

Florian Hempel: Es kribbelt natürlich in den Fingern und ich würde am liebsten selbst spielen. Ich habe mich aber nicht für dieses Turnier qualifiziert. Von daher freut es mich, dass die Spiele schauen, analysieren und meine Meinung abgeben darf. Wenn es dem einen oder anderen Spaß macht, mir zuzuhören, ist das umso besser.

Würden Sie sich die Turniere auch privat im Fernsehen anschauen?

Florian Hempel: Seit ich in diesem Jahr Profi geworden bin, schaue ich gar kein Darts mehr. Wenn du von früh bis spät mit Darts zu tun hast, dann willst du abends nicht noch auf der Couch Darts schauen. Dann muss der Kopf auch mal was anderes zu tun bekommen. Daher verfolge ich die Spiele auch nur, wenn ich kommentiere oder als Experte zu Gast bin. Ich bin niemand, der sich dann abends noch eine Vier-Stunden-Session reinzieht.

Wie kann man sich das alltägliche Training vorstellen? Geht es tatsächlich „nur“ ums Werfen oder geht es auch um andere Bereiche wie Konzentration oder Ausdauer?

Florian Hempel: Eine gewisse körperliche Fitness ist wichtig, auch für die geistige Frische gehört das einfach dazu. Aber beim reinen Darts-Training stehe ich wirklich nur am Board und spiele. Wenn man im Training vier, fünf, sechs Stunden runterreißt, ist man das dann auch für lange Spiele gewohnt. Dadurch eignet man sich auch eine gewisse Fitness an.

Florian Hempel: Darts-Profi nach Sieg bei Hobbyturnier in Köln

Sie kommen gebürtig aus Dessau-Roßlau, haben aber erst in Köln so richtig angefangen. Wie kam es zum Wechsel vom Handball zum Darts?

Florian Hempel: Den Ursprung hat alles in meiner WG genommen, wo wir anfangs einfach alle drei Wochen mal samstags aus Spaß Darts gespielt haben. Als ich Urlaub hatte, habe ich mehr gespielt, da ist dann die Begeisterung gewachsen. Die Entscheidung fiel Ende 2017, ich habe für 2018 ein Sabbatical eingelegt, mich auch beruflich zurückgenommen und alles auf eine Karte gesetzt. Da habe ich täglich bis zu acht Stunden trainiert und wöchentlich bis zu fünf Turniere gespielt.

Gab es in Ihrer Laufbahn einen entscheidenden Moment?

Florian Hempel: So richtig angefangen hat alles, als ich in Köln im Cologne Cue Club mein erstes Turnier gespielt habe. Ich bin einfach ohne Erwartung und mit wenig Erfahrung hingegangen, habe dort für fünf Euro Startgeld mitgespielt und wusste überhaupt nicht, was auf mich zukommt. Das Turnier habe ich direkt gewonnen. Am Anfang wusste ich das nicht einzuordnen. Dass ich dann auch häufiger zu Turnieren gefahren bin, kam dann entsprechend auch erst mit der Zeit.

Sie haben in diesem Jahr schon diverse Stars wie Peter Wright, Nathan Aspinall oder Adrian Lewis besiegt. Macht man sich da schon auch Hoffnung, auch bei der WM einen Favoriten stürzen zu können?

Florian Hempel: Ich habe mir in diesem Jahr erstmal die Tour Card gesichert. Das heißt, dass man die Chance hat, sein Leben zu verändern und auf der Profi-Tour mitzumischen. Man hat zwei Jahre Zeit. Dass ich nach vier Jahren Darts diese Tour Card habe, hätte ich nie gedacht. Aber wenn man auf der Tour ist, spielt man gegen die besten Spieler der Welt. Und ich bin nicht da, um Siege zu verschenken. Ich möchte dazulernen, Erfahrung sammeln und wenn Siege gegen die großen Spieler rausspringen, nehme ich das natürlich mit. Ich bin mir sicher: Je öfter ich auf diese Bühne darf, desto öfter bekomme ich auch mein Spiel auf die Bühne.

Darts-WM in London: Florian Hempel freut sich auf Debüt im „Ally Pally“

Wird die WM im kultigen „Ally Pally“ auch noch mal vom Zuschauer-Aufkommen und der Stimmung ein ganz neues Kapitel in Ihrer Darts-Karriere?

Florian Hempel: In jeder Sportart ist es das Größte, eine Weltmeisterschaft zu spielen. Das ist immer etwas Besonders und mit Abstand die größte Bühne im Darts. Der Sport ist noch immer für 90 Prozent der Zuschauer vor allem bei der WM präsent, weil man um Weihnachten herum so viele Menschen erreicht. Ich freue mich, im Alexandra Palace zu spielen, die Stimmung ist einzigartig und das wird ein Riesengefühl und ein großer Moment für mich.

Gibt es für die Darts-WM auch einen Wunsch- oder Angstgegner?

Florian Hempel: Da ich mich über die Pro Tour qualifiziert habe, bleiben nur 32 regionale Qualifikanten übrig, die ich in der ersten Runde ziehen kann. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, möchte ich unbedingt Martin Schindler aus dem Weg gehen, der aktuell in unfassbar guter Form ist.

In den vergangenen Jahren gab es immer mehr deutsche Profis, die bei der WM angetreten sind. Wie ist das Verhältnis zwischen Gabriel Clemens, Max Hopp und Martin Schindler und Ihnen?

Florian Hempel: Natürlich sehe ich die anderen deutschen Spieler in der Regel nicht öfter als andere Spieler, weil man sich vor allem auf der Pro Tour trifft. Trotzdem ist mein Verhältnis zu allen hervorragend, ich komme mit allen richtig gut klar. Wir versuchen die Reisen zu kombinieren, dadurch auch Kosten zu sparen. Sei es beim Taxi oder beim Hotel. Die Teamchemie zwischen uns passt sehr gut, was ein riesiger Vorteil ist.

Wie kann man sich den Standard bei Reisen zu Turnieren vorstellen? Gibt es da auch mal Touren in der Holzklasse oder ist gewisser Komfort gegeben?

Florian Hempel: Das kommt immer drauf an, was man bucht (lacht). Zahlen muss man am Ende alles selbst. Das gilt für die Reise- und Hotelkosten und alles, was auf einen zukommt. Aber jeder hat natürlich Sponsoren und Partner, mit denen man versucht, diese Kosten aufzufangen. Bei den großen Turnieren gibt die PDC ein Spielerhotel vor, das kann man buchen, muss man aber nicht. Service wie beispielsweise ein Shuttle zur Halle gibt es entsprechend dann immer nur in den Spielerhotels.

Florian Hempel sieht gute Aussichten für deutsche Darts-Zukunft

Unsere Nachbarn aus den Niederlanden haben schon vor Ewigkeiten große Stars wie Raymond van Barneveld oder Michael van Gerwen hervorgebracht. Was haben oder hatten die Niederlande Deutschland in der Hinsicht voraus?

Florian Hempel: Barney hat den Sport in den Niederlanden Anfang der 2000er groß gemacht. Dementsprechend hat sich dort früh schon viel entwickelt. Im Grunde wird auf jedem Dorffest am Samstag gefeiert und Sonntag wird das Festzelt umgebaut, da kommt eine Dartboard-Anlage rein und dann wird ein Turnier gespielt. So weit sind wir in Deutschland noch nicht, wir haben noch keinen Weltstar wie van Barneveld oder damals auch Phil Taylor in Großbritannien. Wir hängen in der Entwicklung und der Begeisterung noch etwas zurück, aber auch das wird kommen.

Grundsätzlich scheint die Richtung zu stimmen. Immer häufiger sorgen deutsche Profis auch für Überraschungen.

Florian Hempel: Der Weg stimmt, auf jeden Fall. Wir haben mit Gabriel Clemens eine deutsche Nummer eins, die sich konstant oben hält. Auch wenn er mal ein Formtief hat: Das ist eben die Pro Tour. Es ist kein Weltuntergang, wenn man ein paarmal früh ausscheidet. So eine Phase hat jeder Spieler, aber wir haben mit Gabriel Clemens ein Zugpferd, der extrem spielstark ist, vorneweg geht und sich immer weiter nach vorne arbeitet. Deshalb bin ich sicher, dass er der erste Spieler aus Deutschland sein wird, der es unter die Top 16 schafft. Dahinter können sich andere deutsche Spieler, wie ich auch, dann entwickeln.

Bis zum WM-Beginn ist es noch exakt ein Monat. Wie sieht Ihr Plan für die Zeit bis dahin aus?

Florian Hempel: Bis Mittwoch bin ich noch bei Sport1, dann kommentiere ich noch die Players Championship bei DAZN und ab dem 1. Dezember mache ich das Handy aus und sperre mich acht Stunden im Practice Room ein. Da heißt es volle Konzentration, das eine oder andere Turnier mitnehmen und dann einfach trainieren, trainieren, trainieren. Auch mit der deutschen Riege wollen wir uns dann noch mal zum gemeinsamen Einspielen treffen.

Im Ally Pally wird dann auch Ihre Einlaufhymne „Kölsche Jung“ von Brings laufen. Halten Sie es als zugezogener Kölscher inzwischen auch mit dem 1. FC Köln?

Florian Hempel: Ich bin kein intensiver Fußballfan, aber als Kölner hält man immer zum FC, das muss einfach so sein.