Erstmals Sprint-ExperimentFormel-1-Rennen in Silverstone mit neuem Format

Mercedes-Pilot Lewis Hamilton steht mit Max Verstappen und Charles Leclerc nach dem Großen Preis von Großbritannien 2020 in Silverstone auf dem Siegerpodest.

Lewis Hamilton (M.), hier mit Max Verstappen (l.) und Charles Leclerc (r.) nach seinem Sieg beim bisher letzten Großen Preis von Großbritannien im August 2020, hält nicht allzu viel vom neuen Sprint-Format der Formel 1.

Beim Großen Preis von Großbritannien probiert die Formel 1 erstmals ihr neues Sprint-Qualifikationsrennen. Was jedoch die Macher als Revolution verkaufen wollen, stößt bei den Fahrern um Lewis Hamilton auf wenig Begeisterung.

Silverstone. Etwas ganz Besonderes soll das Rennwochende in Silverstone (16.-18. Juli) werden. Grund dafür: In der Heimat des britischen Rennsports feiert die Formel 1 die Premiere ihrer Sprint-Rennen. „Neu", „innovativ" und actionreich soll das Spektakel werden, das anders als bei bisherigen Großen Preisen über die Startaufstellung entscheidet.

Auf 100 Kilometern kämpfen die Piloten am Samstag (17.30 Uhr/Sky) um die Pole Position. Blöd nur, dass die Vorfreude im Fahrerlager bislang doch sehr gedämpft ist. Das gilt besonders für den Wortführer. Er habe nicht die größten Hoffnungen, sagt Lewis Hamilton (36), „wahrscheinlich wird es eine Prozession. Vielleicht gibt es ein paar Überholmanöver, aber es wird eher nicht besonders spannend sein.“

Formel 1: Drei Sprint-Rennen im Rennkalender 2021

Für den Rekordweltmeister ist das, was bei seinem Heimrennen passieren wird, vorerst nicht mehr als ein Experiment: Insgesamt dreimal soll es in diesem Jahr durchgeführt werden, auch in Monza und bei einem der Übersee-Rennen sind Sprint-Qualifyings geplant. Danach wird analysiert, ob das Format in der Formel 1 zukunftstauglich ist.

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Das Rennwochenende wird dafür erheblich umgebaut. Nur ein freies Training gibt es zum Auftakt, die zweite Freitags-Session ist bereits ein erstes Qualifying: Im gewohnten Format mit Q1, Q2, und Q3 geht es in drei Abschnitten um die Startaufstellung für den Sprint. Am Samstag steigt dann ein weiteres freies Training, anschließend folgt das Quali-Rennen.

Ross Brawn: „Wir wollen nicht, dass sich jemand zurückhält“

Ein Drittel der Grand-Prix-Distanz ist dann zu absolvieren, in Silverstone sind das 17 Runden. Nach etwa einer halben Stunde steht dann, so der Plan, die Startaufstellung für den Großen Preis von Großbritannien am Sonntag (16 Uhr/Sky).

Aus Sicht der Formel 1 überwiegen bei diesem Ansatz die Chancen: Dient der Freitag sonst einzig der Vorbereitung, sollen nun Wettkampf-Sessions an allen drei Tagen das Wochenende aufwerten. Zudem sind die Regelhüter zuversichtlich, die Basis für 30 Minuten harten Rennsport gelegt zu haben. Während im Grand Prix etwa der Reifenverschleiß oftmals zu einer Lauer-Taktik führt, soll es im Sprint Vollgas über die gesamte Distanz gehen.

„Wir haben versucht, das zu ermöglichen“, sagt Formel-1-Sportdirektor Ross Brawn (66): „Wir wollen nicht, dass sich jemand zurückhält.“ Diese Chance, so der Gedanke, gibt es nicht mehr oft im modernen Motorsport. Und wer ein echter Rennfahrer ist, müsse das doch wertschätzen: „Die würden auch Rennen mit einem Einkaufswagen im Supermarkt fahren“, sagt Brawn, „es liegt in ihrer Natur, sich gegenseitig zu schlagen.“

Günther Steiner: Sprint-Rennen muss den Fans gefallen

Zum Problem für dieses ja durchaus vielversprechende Format könnte aber die Fallhöhe werden: Wer im Sprint zu viel riskiert, könnte ausscheiden oder weit zurückfallen – und sich damit gleich auch den Grand Prix ruinieren. Günther Steiner (56), Teamchef bei Mick Schumachers (22) Haas-Rennstall, spricht aus, was wohl einige Bosse im Fahrerlager denken. Der Sprint sei grundsätzlich ein Erfolg, „wenn er den Fans gefällt“. Er selbst werde seine Fahrer allerdings anweisen, sich aus Ärger heraus- und das Auto auf der Strecke zu halten.

Der Samstag in Silverstone wird erste Antworten bringen. Auch wenn das Format am Ende überzeugt, wird es das normale Qualifying aber wohl nie komplett ersetzen. „In Monaco zum Beispiel wäre es wohl kein Erfolg“, sagt Brawn: „Wir wollen die Sprint-Rennen eher als besondere Events über den Kalender verteilen.“ (sid, bl)