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„Du Flüchtling, was machst du hier?“Widerlicher Rassismus: FC-Talent Protagonist in TV-Doku

1. FC Köln U19 gegen Borussia Dortmund, A Junioren Bundesliga West, am Ball: Fayssal Harchaoui

Fayssal Harchaoui (1. FC Köln) am 10. März 2024 beim A-Junioren-Spiel gegen Borussia Dortmund.

FC-Youngster Fayssal Harchaoui hat seinen Vertrag in Köln verlängert, hier fühlt er sich einfach wohl. Doch er sprach nun auch über zahlreiche rassistische Anfeindungen.

von Uwe Bödeker  (ubo)

Rechtsruck in Deutschland! Viele Sportlerinnen und Sportler müssen sich vor allem in den sozialen Netzwerken immer wieder mit rassistischen Kommentaren auseinandersetzten. Darüber sprach nun auch ein Talent des 1. FC Köln.

Fayssal Harchaoui ist in Bergheim geboren, im Wohnpark in Ahe aufgewachsen und beim 1. FC Köln zum Top-Talent gereift. Der 18-Jährige hat 2023 mit der deutschen U-17-Nationalmannschaft die Europameisterschaft und die Weltmeisterschaft gewonnen. Doch nicht alle freuten sich mit ihm und seinen Teamkollegen.

FC-Talent Fayssal Harchaoui und Kollegen bei WM-Turnier verunglimpft

Als der DFB beim WM-Turnier ein Selfie postete, das Harchaoui und seine Teamkollegen Charles Herrmann (18), Almugera Kabar (18) und Paris Brunner (18) zeigte, gab es rund 3400 rassistische Hass-Kommentare.

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Der DFB sperrte kurz darauf die Kommentar-Funktion bei Facebook und gab ein Statement heraus: „Wir sind stolz auf die Vielfalt in unserer U17, die in Indonesien gerade ihr Herz auf dem Platz lässt. Der Einsatz für Vielfalt ist fest in der DFB-Satzung verankert – ebenso wie die Werte Toleranz und Respekt. Wenn ihr diese Werte nicht teilt, dann entfolgt uns gern. Diskriminierende und rassistische Kommentare haben hier keinen Platz und werden dementsprechend gelöscht. Gegen beleidigende Inhalte werden wir rechtlich vorgehen.“

Hier gibt es das Instagram-Foto zu sehen:

Einige Täter wurden identifiziert. Doch bei Harchaoui und vielen anderen Sportlerinnen und Sportlern in Deutschland bleiben Angst, Unverständnis und Schmerzen zurück.

Der FC-Youngster ist nun Teil der Arte-Dokumentation „TRACKS: Rechter Hass im Sportsommer 2024?“. Dabei gingen die Macher der Frage nach: Wie gehen die Betroffenen damit um, für ein Land alles zu geben, das ihnen so viel Hass entgegenbringt? Mit dabei auch Weitspringerin und Olympiateilnehmerin Maryse Luzolo (29) sowie die Rap- und Fußball-Stars George (42) und Kevin Prince Boateng (37).

Harchaoui erzählt: „Ich habe schon oft rassistische Kommentare gehört, in der Jugend fängt das an.“ Schon mit elf oder zwölf Jahren wurde er angefeindet. Geboren und aufgewachsen ist er in Bergheim, als Sohn marokkanischer Eltern.

Der FC-Youngster berichtet dann vom Hass nach dem WM-Sieg: „Die rassistischen Kommentare haben wir auf jeden Fall gesehen. Wenn man sieht, was von uns gepostet ist, guckt man auch auf die Kommentare.“ Obwohl er hier aufgewachsen ist, kommen unfassbare Sprüche: „Aus Frust schreiben Leute: Du Flüchtling, was machst du hier?“

Beim FC hat Harchaoui unlängst seinen Vertrag verlängert, fühlt sich pudelwohl am Geißbockheim. Vor einigen Jahren hat er überlegt, nicht das DFB-Trikot zu tragen: „Ich habe auch für Marokko gespielt, aber keine offiziellen Fifa-Spiele. Da gab es noch die Entscheidung zwischen Deutschland und Marokko. Im Endeffekt habe ich mich für Deutschland entschieden, weil alle meine Freunde in der Mannschaft gespielt haben und ich mich hier ein bisschen wohler gefühlt habe. Unser Team ist wie eine Familie, wir haben uns immer gegenseitig unterstützt.“

Doch er will seine Wurzeln niemals aufgeben: „Die marokkanische Kultur liegt mir auf jeden Fall sehr am Herzen, aber die deutsche Kultur auch. Ich bin hier aufgewachsen. Ich finde es cool, dass ich beide so gut verbinden kann.“ Durch den Sport könne die Gesellschaft in Zukunft auf jeden Fall noch enger zusammenwachsen: „Ich hoffe, dass ich ein Vorbild für die Kinder sein kann. Fußball übermittelt Werte, Zusammenhalt auch gegen Rassismus.“

Weitspringerin Luzolo spricht über ihre großen Sorgen in Deutschland: „Ich merke einen Rechtsruck, es ist schon beängstigend. Ich finde es total schockierend, dass wir im Jahr 2024 noch damit zu kämpfen haben.“ Im Sport fühlte sie sich zunächst wohl, aber auch dort würde es systematisch Rassismus geben. Sie stellt klar, dass es auch positiven Rassismus gibt: „Ich bin nicht schnell, weil ich schwarz bin, sondern dahinter steckt auch viel Arbeit.“ Sie fordert auf jeden Fall mehr Sanktionen für Rassisten.

Basketball-Weltmeister Dennis Schröder (30) sagte zuletzt im Interview mit EXPRESS.de: „Es ist aktuell sehr, sehr viel separat. Was ich mir immer wünsche: Man sollte in den Spiegel gucken und sich fragen: ‚Wie kann ich der beste Mensch für mich und meine Freunde sein?‘ Dann hätten wir die ganzen Sachen, die passieren, so nicht. Da kann ich nur drüber sprechen und hoffen, dass es zwei, drei, vier oder zehn Leute gibt, die es sehen oder hören, damit es besser wird. Aber es ist ein großes Thema hier.“

Viele Menschen hoffen nun im Sportsommer 2024, dass durch die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) und die Olympischen Spiele in Paris (26. Juli bis 11. August) ein neues Wir-Gefühl entsteht.

Deutschland ist im Jahr 2024 vielfältig, weltoffen und tolerant – der Sport kann dabei Menschen verbinden, Vorurteile abbauen und Rassisten ins Abseits drängen.