„Da ist alles möglich“Iso Jakobs über FC- und Bundesliga-Rückkehr – Fans stürmen Haus seiner Familie

FC-Eigengewächs Ismail Jakobs spielte bei der WM in Katar für Senegal. Im Interview mit EXPRESS.de spricht er über diese Erfahrung, den 1. FC Köln und seine Zukunft, die in der Bundesliga liegen könnte.

von Alexander Haubrichs (ach)

Von der Jugendabteilung des 1. FC Köln zum Star bei einer Weltmeisterschaft: Für Ismail Jakobs (23) ging bei der Fußball-WM in Katar ein Traum in Erfüllung. Für Senegal betrat er die größte aller Fußballbühnen und erspielte sich in einer starken Mannschaft mit guten Leistungen eine tragende Rolle.

Aber nicht nur an dieser Aufgabe wuchs der Sohn einer deutschen Mutter und eines senegalesischen Vaters. Sein Besuch im Heimatdorf seiner Großeltern war für das FC-Eigengewächs eine prägende Erfahrung. Wie er auf die Weltmeisterschaft zurückblickt, wie er seine Zukunft sieht und was er über den 1. FC Köln denkt, verrät Ismail Jakobs im großen Exklusiv-Interview mit EXPRESS.de.

Ismail Jakobs schaut auf das WM-Turnier zurück

Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft stand für Sie lange auf der Kippe, wie haben Sie die Zeit erlebt? Ismail Jakobs: Vier Tage vor dem ersten Spiel hatte die Fifa plötzlich Einwände wegen meiner Spielerlaubnis. Noch am Spieltag hat mir der Verbandspräsident gesagt: „Iso, du darfst nicht spielen.“ Doch in der Abschlussbesprechung vom Spiel hat der Teammanager dann gesagt, dass ich dabei bin.

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Wie war der erste Auftritt? Jakobs: Es war gigantisch, von null auf 100, das gleich gegen Holland. Ich war gleich drin, war nur geil auf dieses Spiel. Da war keine Nervosität, nichts, ich konnte es komplett genießen.

Sie wirkten komplett unter Strom. Jakobs: Das ist schon noch mal etwas anderes, die ganze Aufmerksamkeit. Das kann man auch gar nicht mit der U21-EM vergleichen, die wir mit Deutschland gewonnen haben. Der Fokus auf das Turnier ist unglaublich, das ist die größte Bühne – und ich durfte auf ihr spielen! Nehmen Sie hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teil:

In Deutschland wurde viel über die Weltmeisterschaft diskutiert, die Kritik an Katar war laut. Wie war das beim Team von Senegal? Jakobs: Das war bei uns gar kein Thema, wir haben uns vom Start weg nur auf den Fußball fokussiert. Wir Spieler haben uns auf das Spiel konzentriert. So sollte es auch sein. Ich glaube, dass die ganze Kritik die Stimmung in Deutschland für dieses Turnier runtergezogen hat, niemand konnte die WM genießen. Und das ist schade.

Sie haben sich schnell reingespielt. Wie integriert fühlen Sie sich? Jakobs: Ich habe mich hier vom ersten Moment wohlgefühlt, wurde toll aufgenommen. Da habe ich gleich gespürt: Das fühlt sich für mich richtig an. Ich habe in meinem ersten Spiel in Orleans (0:2 gegen Bolivien) gemerkt, wie besonders das ist. Ich bin sicher, das war die richtige Entscheidung. Die ganze Familie, auch die deutsche Seite, steht dahinter. Trotzdem war ich nicht gesetzt. Ich wusste, dass ich Gas geben muss, um mir einen Platz zu erkämpfen. Die Konkurrenz auf meiner Position war echt gut.

Das Aus kam jäh und deutlich mit dem 0:3 gegen England. Jakobs: Wir hatten als Afrikameister hohe Ambitionen. Es war klar, dass es schwer wird. Aber, dass wir so klar verloren haben, war schon frustrierend.

Ismail Jakobs besuchte nach WM das Heimatdorf seines Vaters

Dann ging es in den Senegal. Wie haben die Menschen Sie empfangen? Jakobs: Am ersten Tag waren wir spontan meine Oma in Dakar besuchen und schon da hat es uns komplett überrollt. Ich hatte einen Security-Mann dabei, aber das war viel zu wenig. In fünf Minuten war die ganze Umgebung voller Menschen. Die kletterten über Zäune, haben das Haus gestürmt. Für den nächsten Tag war die Fahrt ins Heimatdorf meines Vaters geplant, aber da hatten wir dann schon Bedenken.

Der Besuch wurde abgesagt? Jakobs: Erst mal ja. Aber dann haben die Security organisiert, eine Polizeieskorte. Bereits während der WM hatte ich von meinem Vater Videos geschickt bekommen, die hatten dort einen Fanclub für mich gegründet, hatten Plakate, Riesenbanner, das war krass zu sehen. Ich musste da einfach hin und daher haben wir uns auf die sechsstündige Fahrt gemacht. Anders wäre es auch nicht gegangen. Der Empfang war unwirklich. Ich meine: Ich habe ja nix gewonnen. Aber alleine, wie die Leute sich darüber freuen, dass ich für den Senegal spiele, das war unglaublich und schon sehr emotional.

Ismail Jakobs wird nach seiner Rückkehr von der WM im Senegal von zahlreichen Fans am 11. Dezember 2022 empfangen.

Ismail Jakobs wird nach seiner Rückkehr von der WM im Senegal von zahlreichen Fans am 11. Dezember 2022 empfangen.

Mit Marokko stand erstmals eine afrikanische Mannschaft im Halbfinale. Wird es in absehbarer Zeit einen afrikanischen Weltmeister geben können? Jakobs: Klar ist das möglich. Ich hoffe, dass sich noch mehr Spieler, die in Europa aufwachsen, für ihr afrikanisches Team entscheiden. Allein bei Frankreich spielen so viele mit, die auch in anderen Nationalmannschaften spielen könnten. Aber einige Beispiele gibt es: aus Kölner Sicht zum Beispiel Ellyes Skhiri bei Tunesien. Ich glaube, dass da ein Trend entsteht. Der Fußball in Afrika hat sich weiterentwickelt, diese Teams haben eine große Zukunft.

Sie sind jetzt 23 Jahre alt. Von Köln nach Monaco – wie groß war im Sommer 2021 der Kulturschock? Jakobs: Am Anfang bin ich jeden freien Tag nach Köln geflogen. Aber ich habe mich inzwischen gut eingefunden, habe innerhalb und außerhalb des Teams Freunde gefunden. Ich habe ja auch schon über 50 Spiele für AS Monaco gemacht. Allerdings wurde unter Kovac und seinem Nachfolger deutlich mehr rotiert. Jetzt ist das nicht mehr so – da ist man natürlich nicht überglücklich. Ich muss jetzt Gas geben und hoffen, dass sich das ändert.

Ismail Jakobs über seine Perspektive bei der AS Monaco

Sie haben Vertrag bis 2026. Suchen Sie noch ihre Chance oder drängen Sie auf den Abschied? Jakobs: Ich bin hier nicht auf dem Abstellgleis und habe hier definitiv eine Perspektive. Aber es geht im Fußball meist schnell.

Beim 1. FC Köln haben Sie sicher noch viele Freunde? Jakobs: Klar, das wird immer ein besonderer Verein für mich bleiben, der FC ist in meinem Herzen. Ich verfolge jedes Spiel und war traurig, dass ich in Nizza nicht dabei sein konnte, weil wir parallel gespielt haben.

Aber eine Rückkehr dürfte zumindest jetzt wirtschaftlich utopisch sein. Jakobs: Das stimmt. Trotzdem kann ich mir auf jeden Fall immer vorstellen, noch einmal in Müngersdorf zu spielen. Mal sehen, was die Zeit bringt. Jetzt drücke ich dem Klub aus der Ferne die Daumen, dass er seine Ziele erreicht. Aber ich bin mir sicher, dass sie auf jeden Fall in der Bundesliga bleiben.

Alles ist möglich: Ismail Jakobs über eine Bundesliga-Rückkehr

Und was ist mit Ihnen? Frankfurt, Mönchengladbach, Leverkusen – es gibt reichlich Gerüchte um eine Bundesliga-Rückkehr.   Jakobs: Wie gesagt: Im Fußball geht es sehr schnell. Ich will das nicht ausschließen. Aber ich bin gestern erst aus dem Urlaub zurückgekehrt. Mein Fokus lag auf der WM, jetzt konzentriere ich mich auf Monaco. Die Transferperiode ist im Januar, da ist alles möglich.

Mit den Auftritten bei der WM haben Sie sich einen Stellenwert geschaffen. Gibt es denn andere Träume für Ismail Jakobs? Jakobs: Die Premier League ist ein Traum von jedem. Aber das war auch die WM und die Champions League. Ich würde da jetzt nichts ausschließen, aber man kann die Dinge nicht erzwingen. Ich kann mich nur in die bestmögliche Form bringen und dann sehen, was kommt. Ich bin keiner, der täglich den Berater drängt. Klar ist man informiert, aber das lässt mich entspannt. Ich spiele bei einer guten Mannschaft, habe Perspektive, bin in Monaco menschlich gereift. Ich hatte in Köln bis zuletzt fast bei meiner Mutter gelebt. Jetzt bin ich ein gestandener Profi-Fußballer, ich habe das Selbstvertrauen, egal in welcher Mannschaft und egal auf welcher Bühne zu spielen.