Beim Auswärtsspiel des 1. FC Köln bei Borussia Mönchengladbach erlebten viele Fans vor dem Stadion bedrohliche Momente. Einige schildern EXPRESS.de die kritische Lage vor Ort.
FC-Fans fürchteten MassenpanikDerby-Desaster wühlt Anhang auf
Aktualisiert
Dieses Thema bewegt viele FC-Fans noch mehr als die bittere 1:3-Pleite im Derby bei Borussia Mönchengladbach! Vor Anpfiff des Spiels im Borussia-Park war es zu massiven Problemen beim Einlass im Gäste-Bereich gekommen.
EXPRESS.de berichtete am Montag (10. November 2025), wie FC-Anhängerin Alexandra Jaster (56) die bedrohliche Situation erlebte. Anschließend meldeten sich über 20 weitere Fans bei unserer Redaktion, schrieben übereinstimmend von denselben Schwierigkeiten, die sie vor den Stadiontoren erlebten. Viele von ihnen wandten sich mit ihren Beschwerden zudem direkt an Borussia Mönchengladbach.
FC-Fans fürchteten sich vor Massenpanik
„Wir wollten um 17.10 Uhr das Stadion betreten, wurden aber durch eine Polizeikette daran gehindert, zu den Eingangstoren zu gelangen. Dieses Festhalten dauerte dann über eine Stunde. In dieser Zeit sammelte sich eine große Menschenmasse an. Der Druck in diesem ,Kessel‘ wurde immer größer“, erzählte Dirk Haarhausen.
Er war mit Frau und Tochter nach Mönchengladbach gereist, besonders für seine Tochter sei die Lage dann immer bedrohlicher geworden: „Meine Tochter ist recht zierlich und konnte kaum noch atmen. Nur durch Drücken und Schieben konnten ein paar besonnene Fans und ich dafür sorgen, dass sie einigermaßen Luft bekam.“

Copyright: Volker Schmidt
Ein Foto aus dem Borussia-Park zeigt den vollen Bereich vor dem Zugang zum Gästeblock, in dem viele Fans des 1. FC Köln lange auf den Einlass warten mussten.
„Was vor den Drehtoren in Mönchengladbach für die Gäste abging, ist unterste Schublade. Viele haben Panik bekommen. Besonders Kinder und Frauen. Von hinten wurde immer mehr gedrängt“, erklärte Frank Hatting: „Ich gehe seit fast 50 Jahren zum FC, aber das war grenzwertig.“
Eine Anhängerin, die anonym bleiben möchte und das Spiel mit ihrer Freundin verfolgte, schilderte, dass „von hinten zunehmend gedrückt und geschoben“ worden sei: „Plötzlich entfernten sich die Polizisten, und die Menge drängte nach vorne zu den Toren. Ich wurde überrascht, nach vorne gedrückt und musste mitrennen. Dabei wurde ich mehrfach geschubst und trat auf Glasscherben.“
Weitere Schilderungen von FC-Fans:
- „Zunächst schien der Einlass durchaus geordnet abzulaufen. Die Fans wurden in einzelnen Wellen Richtung Eingang gelassen, was alles nachvollziehbar erschien. Als meine ,Welle‘ vor dem ersten Tor stand (ca. 17 Uhr), wunderten wir uns bereits, dass sich am Einlass kein Personal befand und die Drehkreuze nicht besetzt waren. Dennoch wurden wir dann bis vor die Drehkreuze gelassen. Anschließend passierte nichts mehr. Gar nichts... Kein Personal, kein Einlass, Kommunikation in Form von Megaphone-Durchsagen, die nur die Wenigsten verstehen konnten. Nach und nach heizte sich die Stimmung immer weiter auf.“ (Sven Rüsing)
- „Als wir am Eingang Süd-Ost eintrafen, wurden wir von der Polizei daran gehindert ins Stadion zu kommen. Die erste Begründung war, dass der Eintritt durch das Verhalten der Ultras nicht gewährt werden kann. Die Ultras würden den Zugang zu den Blöcken blockieren. Von einer Blockade der Ultras war leider nichts zu sehen. Vor allem warum sollten die Ultras es zulassen, dass hunderte FC Fans nicht ins Stadion gelangen? Die Folge war, dass die Fans, die draußen nicht rein durften, ungeduldig wurden und die Stimmung entsprechend angespannt war.“ (Marco Meißle)
- „Wir standen kurz vor dem Drehkreuz und es tat sich nichts. Die Ordner drinnen ließen keinen durch. Das Gedränge wurde immer extremer, die Fans schrien, dass hier auch Kinder seien und die doch bitte durchgelassen werden sollten. Selbst Männer neben uns gerieten in Panik. Es passierte leider nichts. Rechts neben uns war ein abgesperrter Bereich, wo die Polizisten standen. Der eine Polizist ging immer wieder zu den Ordnern und bat diese, uns bzw. auch die anderen Fans ins Stadion zu lassen. Er erklärte mir, dass erstmal die Ordner das ,Hausrecht‘ haben und sie nur bei den Ordnern eingreifen dürfen, wenn die Sicherheit nicht mehr gegeben ist.“ (Nadine Esch)
- „Mehrere Personen in meiner unmittelbaren Nähe signalisierten deutlich in Richtung der Polizei und der Ordner, dass sie kaum noch Luft bekamen und der Druck von hinten immer stärker wurde. Auch ich machte mehrfach auf die kritische Situation aufmerksam und wies auf die entstehende Panik hin. Trotz mehrfacher Rufe und deutlicher Gesten reagierten weder Polizei noch Ordner auf die Hilferufe aus der Menge.“ (Daniel Glowacz)
- „Ich bin seit vielen Jahren leidenschaftlicher Anhänger des 1. FC Köln. Als Inhaber einer Auswärts-Dauerkarte sowie Nutzer einer Heim-Dauerkarte in Block S5, begleite ich unseren FC zu nahezu jedem Spiel. In dieser Funktion habe ich im Laufe der Jahre viele Stadien und Situationen erlebt – das, was ich jedoch beim Derby in Mönchengladbach erfahren musste, zählt zu den bedrückendsten Erlebnissen meiner Fanlaufbahn.“ (Jung-Mok „Muck“ Hwang)
- „In den Gitterkorridoren wurden wir wiederholt gegen die Absperrungen gedrückt. Viele Personen gerieten in Panik, einzelne wurden eingeklemmt. Die Polizei griff zunächst nicht ein. Erst nach Intervention von Sicherheitsmitarbeitern wurden Frauen und Kinder aus der gefährlichen Menge über Zäune geleitet. Dabei verletzte ich mir den Fuß, als ich aus Panik über den Zaun klettern musste.“ (Julia Koller)
- „Ich fahre seit über 50 Jahren zu Fußballspielen und habe viele Jahre im Sicherheitsdienst gearbeitet. So ein Chaos wie am Samstag in Gladbach habe ich noch nicht erlebt. Es war kurz vor einer Massenpanik. Bei Konzerten baut man mittlerweile sogenannte ‚Wellenbrecher‘ ein, damit der Druck der Masse nach vorne nicht zu groß wird. Das hat man in Gladbach noch nicht mitbekommen. Zum Glück ist bei diesem Geschiebe keiner gestürzt. Es waren auch viele kleine Kinder in der Masse, die so einem Druck noch weniger standhalten können. Es kamen auch keinerlei Informationen rüber, warum der Einlass über eine Stunde gesperrt war. Die Polizei war völlig mit der Situation überfordert. Es war kurz vor der Eskalation.“ (Volker Schmidt)
- „Wir befanden uns in der vordersten Reihe und wurden mehrfach gegen die Absperrungen gedrückt. Viele Menschen gerieten in Panik, einige wurden eingeklemmt. Die Polizei beobachtete das Geschehen zunächst passiv und griff nicht ein, obwohl die Situation bereits frühzeitig erkennbar kritisch war. Erst nach Intervention von Sicherheitsmitarbeitern wurden Frauen und Kinder über Zäune herausgezogen, um Verletzungen zu verhindern – ein Vorgehen, das improvisiert wirkte und keinesfalls Teil eines funktionierenden Sicherheitskonzepts sein kann.“ (Alessandro Esposito)
- „Erst als der Druck von hinten immer größer wurde und die ersten Fans über die Absperrungen klettern mussten, um nicht von der Menge erdrückt zu werden, sagte uns einer der Ordner, dass sich Fans im Oberrang des Gästeblocks befänden, die keine Karten für diesen Block hätten. Er bat uns um Geduld. Angesichts der Tatsache, dass vor keinem einzigen Blockeingang nach den Drehkreuzen Karten kontrolliert wurden und der Verein mitgeteilt hat, dass die Vorfälle noch aufgearbeitet werden müssen, wirkt diese Begründung rückblickend mindestens scheinheilig.“ (Philipp H.)
- „Ich war ebenfalls am Samstagabend in Gladbach. Die Stimmung beim Einlass war sehr aggressiv, auch seitens der Polizei! Es wurde dermaßen gedrückt und gedrängelt, dass man Panik bekommen hat. Ich selber musste eine junge Frau wieder auf die Beine stellen, damit nichts Schlimmeres passiert. Immer wieder habe ich der Menge zugerufen, dass sie ruhig bleiben soll und die Köpfe nach oben nehmen sollen, damit die Atmung nicht blockiert wird. Ich kam mir wirklich vor, wie in einem schlechten Film.“ (Francesco Lo Brutto)
In praktisch allen Mails, die EXPRESS.de erreichten, berichteten die Leserinnen und Leser, dass sie sich Sorgen um eine mögliche Massenpanik machten. Von außen sei darauf trotz viel Personal nicht angemessen reagiert worden.
Der FC schrieb am Montag: „Wir nehmen die Beschreibung der Situation am Gästeeinlass und die geschilderte Panikgefahr sehr ernst.“ Fans, die sich direkt an Borussia Mönchengladbach gewendet haben, haben inzwischen eine Antwort erhalten.
In einem Schreiben vom Ordnungsdienst heißt es unter anderem: „Wir können bestätigen, dass es am Samstag etwa 45 Minuten vor Spielbeginn zu einem kurzfristigen Einlassstopp im Gästebereich kam. Ursache war der Versuch von Teilen der Kölner Ultraszene, den Oberrang des Gästesektors zu stürmen, für den aber keine Eintrittskarten vorlagen.“
Der Einlassstopp sei daher „in Abstimmung mit der Polizei“ getroffen worden und „diente dem Schutz aller Zuschauer im Gäste-Bereich“. Zum Schluss entschuldigt sich der Verein zwar für die „entstandenen Unannehmlichkeiten“, sucht die Schuld aber abschließend bei den FC-Ultras. Beide Klubs wollten sich für die Aufarbeitung der Vorfälle zusammenschließen.
