„Der Trend geht dahin“Hübers spricht über Kapitänsfrage – interessantes Modell als Lösung?

Timo Hübers spricht im Trainingslager mit Max Weuthen.

Timo Hübers hat mit dem 1. FC Köln eine intensive und anstrengende Woche Trainingslager in Bad Waltersdorf hinter sich. 

Er gehört beim 1. FC Köln zu den dienstältesten Spielern. Timo Hübers hat am Geißbockheim schon Höhen und Tiefen erlebt. Nun geht es zurück in die Bundesliga, nur ob als Kapitän, ist die große Frage.

von Uwe Bödeker  (ubo)

Timo Hübers hat den 1. FC Köln als Kapitän zum Aufstieg geführt. Unter Lukas Kwansiok könnte sich dies jedoch bald ändern, der neue Trainer lässt sich bewusst Zeit mit der richtungsweisenden Entscheidung.

Mit Ron-Robert Zieler, Joel Schmied, Julian Pauli, Leart Pacarada und Florian Kainz und eben auch Timo Hübers trugen in den bisherigen sechs Testspiel-Halbzeiten sechs verschiedene Kölner die Binde.

Hübers: „Anscheinend interessiert es die Menschen sehr, wer Kapitän ist“

Im Interview mit EXPRESS.de spricht Hübers über die Kapitänsfrage und die Bedeutung des Amtes, die anstehende Präsidiumswahl und die Zeit nach seiner aktiven Karriere.

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Timo Hübers, Sie haben ein anstrengendes Trainingslager absolviert, gab es da auch mal einen Lagerkoller?

Timo Hübers lacht: Wir alle waren am Ende ein bisschen kaputt und mürbe von den anstrengenden Trainingstagen. Ich würde das aber nicht als Lagerkoller bezeichnen, so schlimm war es nicht. Aber alle haben sich nach so einer Woche natürlich auch wieder auf zu Hause gefreut.

Wie würden Sie Ihre Rolle im Team bezeichnen?

Hübers: Nach wie vor bin ich einer der Spieler, die am längsten beim FC sind. Ich habe eine Menge erlebt. Da versuche ich natürlich, den Neuen bei der Integration zu helfen. Und generell will ich vorne weggehen, um die neue Spielidee in die Mannschaft zu bekommen.

In Köln wird auch viel über das Kapitänsamt gesprochen, gibt es da schon Tendenzen?

Hübers: Ich habe noch nicht länger mit dem Trainer darüber gesprochen. Ich versuche erstmal, auf dem Trainingsplatz meine Rolle einzunehmen, sodass es dem Gesamtkonstrukt hilft. Darüber hinaus ist noch nichts entschieden, das ist auch bewusst offengelassen worden. Jeder ist eingeladen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Man muss das nicht immer an einer oder zwei Personen festmachen.

Wird das Kapitänsamt überbewertet?

Hübers: Anscheinend interessiert es die Menschen sehr, wer Kapitän ist. Aber ich glaube, intern spielt das in der Vorbereitung nicht die größte Rolle.

Könnte man die Kapitänsfrage in Köln auch mal anders lösen – Florian Kainz hatte darunter ja eher gelitten? Vielleicht könnten Sie ja rotieren und das Amt auf mehrere Schultern verteilen?

Hübers (lacht): Ja, das wäre ein interessanter Vorschlag. Ich glaube, St. Pauli hat es mal so gemacht. So eine Art Job-Sharing-Modell. Der Trend geht ja ohnehin dahin. Vielleicht auch im Fußball, wer weiß?

Jetzt hat sich Verteidiger-Kollege Julian Pauli verletzt – brauchen Sie schnell Verstärkung?

Hübers: Für Julian ist das ein sehr ärgerlicher Zeitpunkt. Ich drücke auf jeden Fall die Daumen, dass er schnell zurückkommt. Zahlenmäßig haben wir im Moment drei Innenverteidiger, für eine ganze Saison reicht das nicht. Ich glaube, da liegt es auf der Hand, noch etwas zu tun. Auch Luca Kilian wird noch etwas Zeit brauchen.

Werden Sie als erfahrener Spieler auch mal gefragt, wen Sie holen würden?

Hübers lacht: Nein, das macht die Scouting-Abteilung, die haben die besten Daten und Informationen. Aber wenn es dann in die letzten Transferschritte geht, dann kann man schonmal ergänzend etwas beitragen, wenn es einen Spieler betrifft, den man vielleicht gut kennt. Das war bei mir aber bisher noch nie der Fall.

Sie haben gesagt, dass Sie gerne nochmal im Ausland spielen würden. Gibt es da so ein Traumland?

Hübers: Der Zeitpunkt steht noch in den Sternen. Als Fußballer muss man nach jeder Saison einmal innehalten und schauen, wo man steht und wie es weitergeht. Da habe ich mich zuletzt immer für den FC entschieden. Wenn ich irgendwann mal ins Ausland gehe, möchte ich gar nicht so viel ausschließen. Es sollte irgendwas sein, wo man sich auch als Mensch wohlfühlen kann und wo meine Freundin einen guten Job findet.

Könnte es auch etwas fußballerisch Exotischeres sein, Australien oder so?

Hübers: Warum nicht? Aber ich bin gerade erst 29 Jahre alt geworden. Ich bin physisch auf einem ziemlich guten Level. Ich habe schon noch ein paar gute Jahre im Tank und deswegen will ich in naher Zukunft das sportliche Niveau nicht völlig hinten anstellen.

Apropos Physis, bei den Lauftestest beim FC sind Sie einer der Besten. Waren das die härtesten Wochen, die Sie je in einer Vorbereitung gehabt haben?

Hübers: Es war zumindest intensiv. Wir haben super viel inhaltlichen Input gerade. Bei einem neuen Trainer tendiert man auch eher dazu, im Training wirklich jedes Mal ans Limit zu gehen. Aber darum geht es ja auch: Raus aus dem eigenen Trott zu kommen und nicht alles so zu machen wie die Jahre vorher. Ich habe alles hinterfragt und wollte andere Impulse setzen, auch im athletischen Bereich. Dafür habe ich die Sommerpause schon genutzt.

Jetzt kommen gute Talente dazu wie Borie, Niang oder El Mala – welchen Eindruck haben Sie?

Hübers lacht: Im Spiel muss ich Said El Mala zum Glück nicht verteidigen, aber im Training ist es immer wieder gut, eine neue Aufgabe zu bekommen. Dieses Unbekümmerte tut eigentlich jeder Mannschaft gut. Jetzt geht es darum, den Jungs zu helfen, ihre Qualitäten zur richtigen Zeit zu zeigen.

Ist es für die Jungs schwieriger, zu Einsatzzeiten zu kommen, wenn man als Aufsteiger in die Bundesliga startet?

Hübers: Am Ende setzt sich immer derjenige durch, der gut ist. Und das hat nichts mit dem Alter zu tun. Für uns gilt es, eine gute Mischung zu finden.

Sie wohnen in Köln, fahren viel mit dem Rad. Haben Sie eigentlich ein Auto?

Hübers: Ich habe einen Dienstwagen vom FC. Aber ich mache eigentlich alles mit dem Fahrrad. Ich komme damit gut zurecht, obwohl ich mich auch ab und zu mal über die Verkehrsinfrastruktur in Köln aufrege. Aber da können Fußgänger, Autofahrer und Fahrradfahrer alle ein Lied von singen.

Was würden Sie in Köln ändern?

Hübers: Mehr Radwege wären schon cool. Aber das ist ja nicht so leicht in so einer Großstadt. Anfang des Jahres war ich in Paris, da liegt die Metro nur unterirdisch, oben sind viele neu eingerichtete Fahrradwege. In Köln gibt es dafür zu viel oberirdischen Schienenverkehr. Paris ist als Fahrradstadt echt sehr beeindruckend. Das wäre schon ein Traum für Köln.

Ist Köln denn eine Stadt, wo Sie alt werden könnten?

Hübers: Nicht unbedingt. Ich fand es mit Anfang 20 super spannend, super aufregend, so zentral zu wohnen. Mittlerweile erwische ich mich immer häufiger dabei, wenn ich meine Eltern zu Hause auf dem Dorf besuche, dass mir die Ruhe und die Naturnähe auch etwas geben. Meine Freundin und ich sind sehr heimatverbunden. Wir kommen beide aus dem Großraum Hannover, Braunschweig, Wolfsburg. Wir können uns gut vorstellen, nach dem Fußball wieder dahinzuziehen.

Hübers macht sich Gedanken um die Karriere nach der Karriere

Im September wird ein neues Präsidium gewählt. Sind Sie als Spieler jemand, der sich Gedanken macht und sich die Kandidatinnen und Kandidaten anschaut?

Hübers: Ja, absolut. Ich schaue, wer sich zur Wahl stellt und was die Zielinhalte sind. Dafür ist mir der Verein auch über die Jahre zu sehr ans Herz gewachsen. Es wird auf jeden Fall spannend.

Werden Sie auch wählen?

Hübers: Ich bin Mitglied, könnte also wählen. Da wir am 28. September in Stuttgart spielen, glaube ich nicht, dass wir dabei sein können. Als Mitglied würde ich aber auf jeden Fall teilnehmen und natürlich auch wählen. Dass es mehrere Teams gibt, finde ich gut. Es sollte dazu führen, dass im Idealfall das Beste für den FC herauskommt.

Wenn Sie ganz weit nach vorne blicken, was kommt nach dem Fußball? Wollen Sie im Geschäft bleiben oder was ganz anderes machen?

Hübers: Ich fange jetzt schon an, nach links und rechts zu schauen. Nicht, weil ich nächstes Jahr aufhören möchte, sondern weil ich gerne einen Plan dafür entwickeln möchte, was ich nach dem Fußball mache. Wenn man mich vor vier, fünf Jahren gefragt hätte, dann hätte ich auf jeden Fall gesagt, raus aus dem Fußball. Das würde ich mittlerweile ein bisschen relativieren.

Was stört Sie am Fußball-Geschäft denn am meisten – dieses Bling-Bling, Statussymbole, das viele Geld – oder ist es was anderes?

Hübers: Es ist nicht so, dass ich jeden Tag in eine Welt abtauche, mit der ich gar nichts anfangen kann. Uns verbinden der Sport und die Begeisterung für Bewegung und Wettkampf. Aber das Geschäft ist in Teilen schon recht entgegengesetzt zu meinem privaten Umfeld. Da spielt Status keine Rolle, da geht es um ganz andere Themen. Und manchmal stört mich das Extreme im Tagesgeschäft, dass Sieg oder Niederlage komplett die Stimmung für die nächste Woche beeinflussen. Es ist wie so ein Vorhang, der dann über dem ganzen Verein schwebt. In Köln ist das gefühlt noch extremer. Ich mache dann gerne mal einen Schritt zurück und denke: Fußball ist super wichtig, aber jetzt auch nicht alles. Ich mag dieses Schwarz-Weiß-Denken in beide Richtungen nicht: Es ist nicht alles perfekt, wenn es gut läuft. Und es ist auch nicht immer alles schlecht, wenn es mal nicht läuft.

Aber eine Zukunft im Fußball-Geschäft ist mittlerweile denkbar für Sie?

Hübers: Ich bin offen. Ich habe Wirtschaftswissenschaften studiert und kann mir gut vorstellen, das mit Fußball zu verbinden. Ich kann mir aber genauso gut vorstellen, irgendwas außerhalb zu machen. Vielleicht etwas Geregelteres, nicht so fremdbestimmt wie im Profifußballalltag. Dann könnte ich in den Sommerferien auch irgendwann mal mit Kindern verreisen oder hätte die Wochenenden frei.