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„Das sagt eigentlich alles“Star-Autor erklärt, wie er über Frauenfußball denkt

Englands Torschützin Chloe Kelly bejubelt ihren Siegtreffer im EM-Finale 2022 gegen Deutschland.

Jubel-Ekstase: Englands Torschützin Chloe Kelly bejubelt ihren 2:1-Siegtreffer im EM-Finale 2022 gegen Deutschland.

Nick Hornby ist einer der bekanntesten Autoren der Welt – und großer Fußball-Fan. Im Interview spricht der Engländer über die EM 2022 in seinem Heimatland.

Im Ersten kann man nun die zweite Staffel des mehrfach Emmy-gekrönten Beziehungskammerspiels „State of the Union“ von Kultschriftsteller und Drehbuchautor Nick Hornby sehen. Doch natürlich muss man den Londoner Fußball-Nerd zunächst nach dem EM-Finale England gegen Deutschland befragen.

In zehn Episoden à zehn Minuten beschreibt die zweite Staffel der Fernsehserie „State of the Union“ (ab 12. August in der ARD Mediathek) den Zustand einer Ehe.

„State of the Union“: Darum geht's

Die mittlerweile getrennt lebenden Scott (Brendan Gleeson) und Ellen (Patricia Clarkson), beide in ihren 60-ern, reden in einem hippen Café direkt vor ihrer Paartherapie im Wochenrhytmus über den Zustand ihrer Beziehung.

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Erdacht hat sich das amüsante, bittersüße Kammerspiel der englische Kultautor Nick Hornby („Fever Pitch“, „High Fidelity“), der auch fürs Drehbuch verantwortlich zeichnet.

Im Interview kurz nach dem Frauenfußball-EM-Finale England gegen Deutschland spricht der Londoner Fußball-Nerd über die Wahrnehmung des Frauenfußballs, seine sich wandelnde Begeisterung für Fußball und Musik an sich und über die Unmöglichkeit von „Beziehungsweisheit“ im Alter.

Haben Sie das Fußball-EM-Finale der Frauen im Fernsehen gesehen? England gegen Deutschland ...

Hornby: Ja, natürlich. Ich habe alle Spiele des englischen Teams verfolgt.

In Deutschland ist während des Turniers ein großer Hype um Frauenfußball und die deutsche Mannschaft entstanden. Die Einschaltquoten waren gigantisch. Wir war es in England?

Hornby: In England war es das Gleiche. Natürlich hatte das Team zuvor nicht diese großen Erfolge wie die Deutschen vorzuweisen, aber gegenwärtig haben wir das beste Team unserer Geschichte.

In Deutschland flog Frauenfußball bislang medial ziemlich unter dem Radar, selbst bei den großen Turnieren. Mit diesem Sommer scheint sich das komplett geändert zu haben. Können Sie sich das erklären?

Hornby: In England war es auch lange so. Doch über die letzten Jahre und Turniere sind die Spielerinnen immer bekannter geworden. Nun gab es die EM im eigenen Land und keinen Männerfußball parallel, der die Aufmerksamkeit abgezogen hätte. Noch nicht mal Cricket fand in den letzten Wochen statt. So konnten wir Engländer mal reinschalten und erkennen, dass da mittlerweile exzellenter Sport geboten wird. Frauenfußball ist sehr viel besser geworden. Er ist nicht mehr mit dem Sport zu vergleichen, der er noch vor einigen Jahren war. 17 Millionen Engländerinnen und Engländer haben das Finale im Fernsehen geschaut. Und Wembley war ausverkauft. Das sagt eigentlich alles.

Nick Hornby über Frauenfußball: „Davon bin ich überzeugt“

Glauben Sie, dass das Interesse am Frauenfußball in England nachhaltig sein wird?

Hornby: Ja, davon bin ich überzeugt. Es hat aber tatsächlich mit der Qualität des Sports zu tun, nicht nur mit Vermarktung oder Vorurteilen. Frauenfußball sah früher etwas amateurhaft aus. Mittlerweile ist es ganz klar Spitzensport. Man sieht eine fantastische Performance, und das ist es letztlich, was die Menschen fasziniert. Man kann den Leuten keine Begeisterung verschreiben oder verkaufen. Sie muss durch das Spiel selbst entstehen. Ich glaube, das wird man auch in der englischen Frauenliga sehen.

In Deutschland schauten zuletzt nur etwas mehr als 1.000 Menschen ein Spiel der Frauen-Bundesliga. Ist es in England besser?

Hornby: Ich glaube, da kommen im Schnitt etwa 2.000 Menschen. Aber auch das ist natürlich lächerlich, wenn man es mit dem Interesse am Männerfußball vergleicht. Auch Arsenal, mein Verein, hat ein sehr gutes Frauenteam. Aber sie spielen nicht in unserem Stadion, sondern irgendwo am Stadtrand. Das sollte man ändern. Ich würde gerne eine Woche die Männer und in der anderen Woche die Frauen dort sehen.

Um Männer und Frauen geht es auch in der von Ihnen geschriebenen Fernsehserie „State of the Union“. In der zweiten Staffel ist das Paar in der Krise über 60 Jahre alt. Etwa 20 Jahre älter als das Paar aus Staffel eins. Verändert das die Geschichte?

Hornby: Es verändert so gut wie alles, weil es um viel mehr geht. Wenn man sich in seinen Dreißigern oder frühen Vierzigern trennt, hat man gute Chancen, einen echten Neuanfang zu wagen. Man findet neue Partner, und das Leben geht weiter. Wenn man sich mit über 60 trennt, verbindet einen wahrscheinlich nicht nur eine sehr lange gemeinsame Zeit, sondern es gibt auch viel weniger Möglichkeiten, ein komplett neues Leben zu beginnen. Wer sich im Alter trennt, hat weniger Zeit übrig, etwas Neues zu entwickeln. Dadurch erhält die Entscheidung, sich zu trennen oder zusammenzubleiben, viel mehr Gewicht.

Nick Hornby über „State of the Union“

Ist „State of the Union“ denn nun ein verfilmter Roman oder ein Originaldrehbuch? Es existiert ja auch ein reines Lesestück, das man kaufen kann ...

Hornby: Eigentlich war es ein reines TV-Projekt. Mein Verlag bat mich, im Nachhinein noch eine Leseversion zu veröffentlichen, daher kann man den Stoff auch als Büchlein kaufen.

Sie haben in den letzten Jahren vorwiegend an Drehbüchern, Film- und TV-Projekten gearbeitet. Langweilt Sie das klassische Schriftsteller-Dasein?

Hornby: Der entscheidende Unterschied ist, dass man beim Film Kollegen hat. Ich liebe es, im Team zu arbeiten – und das ist bei der Schriftstellerei nicht möglich. Ich unterhalte mich gern mit anderen Menschen über meine Arbeit, während sie entsteht. Das ist bei einer Drehbuch-Entwicklung Standard. Wenn man über Jahre an einem Roman sitzt, ist das nicht wirklich möglich. Die Arbeit an Filmen hat mein Arbeitsleben über die letzten Jahre sehr bereichert. Es war wie eine Frischzellenkur, ich fühle mich sehr wohl damit.

Also würde Sie sich mittlerweile eher als Drehbuchautor bezeichnen denn als Schriftsteller?

Hornby: Rein faktisch ist es wohl so. Ich genieße es auch, immer wieder Projekte vorgeschlagen zu bekommen, zu denen ich „ja“ oder „nein“ sagen kann. Es ist ein wirklich quälender Prozess, wenn man als Schriftsteller über Jahrzehnte alles von innen heraus entwickeln muss. Es ist einfach schön. Anstöße von außen zu erhalten, denn so kann man sich mit anderen Menschen auseinandersetzen – was ich wie gesagt gerne tue.

Nick Hornby über „Fever Pitch“ und „High Fidelity“

Ihre frühen Welterfolge „Fever Pitch“ oder „High Fidelity“ setzten sich mit zwei ihrer großen Obsessionen auseinander: Fußball und Pop-Musik. Sie sind jetzt 65 Jahre alt. Ist eines der beiden Themen kleiner geworden – in Ihren Leben?

Hornby: Das sind zwei Fragen in einer – Fußball und Musik. Ich beginne mal mit dem Fußball. Er ist nicht mehr der gleiche als zu der Zeit, als ich „Fever Pitch“ geschrieben habe. Der Sport selbst ist besser geworden. Die Qualität der Spiele oder auch die Sicherheit und der Komfort im Stadion – all das ist besser als früher. Allerdings ist die Verbindung zwischen Fan und Club ist nicht mehr dieselbe wie vor 30 oder 40 Jahren. Auch nicht das Verhältnis zwischen Fans und Spielern. Heute findet man kaum noch Spieler, die zehn Jahre oder länger für nur einen Verein spielen. Auch meine Verbindung zum Club ist nicht mehr so eng wie sie einmal war. Trotzdem gehe ich jede Woche hin. Und ich habe das Glück, zwei Söhne zu haben, die diese Leidenschaft mit mir teilen.

Ihre jüngeren beiden Söhne sind um die 20. Gehen Sie tatsächlich gemeinsam zu den Arsenal-Spielen?

Hornby: Ja, ja – das ist eine schöne Sache. Meine Söhne sind gerade Feuer und Flamme für das neue Team und den Trainer. Ihre Begeisterung nimmt auch mich ein bisschen mit, wenn ich am Schwächeln bin. Wir wohnen ja nach wie vor um die Ecke und laufen zum Stadion. Das ist unser gemeinsames Ritual.

Wie sieht es mit Popmusik aus – konnten Sie Ihre Begeisterung dafür auch konservieren?

Hornby: Ja, ich glaube sogar noch mehr als beim Fußball. Während des Corona-Lockdowns habe ich nichts so sehr vermisst wie zu Konzerten zu gehen. Den Fußball habe ich weniger vermisst. Tatsächlich war ich fast froh, dass es da eine Pause gab. Die Welt war schon ohne Fußball deprimierend genug. Da brauchte ich nicht noch das Leid, das der Fußball nach wie vor in mir auslöst. Mich haben auch die Geisterspiele irgendwie kaltgelassen. Mit der Musik war es ganz anders. Als es wieder möglich war, zu Konzerten zu gehen, hat mich das total elektrisiert. Ich habe dieses Jahr schon etwa 20 Shows gesehen.

Verfolgen Sie immer noch neue Musik, neue Trends und Entwicklungen?

Hornby: Ja, das tue ich. Ich schaue eigentlich immer nach neuer Musik. Ich kann nicht nur mit alter Musik leben. Natürlich entdecke ich auch ständig alte Musik, die ich zuvor nicht kannte. Aber ich bin niemand, der immer wieder die gleiche alte Musik hört. Und es gibt natürlich auch Genres, die mich weniger interessieren.

Ein drittes großes Thema ihrer Geschichten war immer die Liebe und warum sie nicht so funktioniert, wie sich das Ihre Protagonisten wünschten. Würden Sie sagen, dass Sie selbst mit dem Alter in dieser Hinsicht weiser geworden sind?

Hornby (lacht): Natürlich lernt man über die Jahre dazu, aber ich halte nichts vom Begriff „Weisheit“. Ich denke nicht, dass man so „weise“ werden kann, dass man tatsächlich sein gesamtes Leben dauerhaft im Griff haben kann. So etwas wäre auch nicht menschlich. Im Leben können sich so viele Dinge plötzlich und drastisch ändern – ob es nun Kinder betrifft, die Arbeit oder Geldprobleme – dass man niemals alles planen und vorhersehen kann. (tsch)