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Fünf Jahre nach dem Merkel-SpruchFlüchtling Amer hat es in Düsseldorf geschafft

Amer Kabara

Amer Kabara (36) verließ Syrien wegen des Bürgerkriegs und baute sich in Düsseldorf als Altenpfleger-Azubi eine neue Existenz auf.

von Jonas Meister (meis)

Düsseldorf – Vor fünf Jahren sagte Kanzlerin Angela Merkel: „Wir schaffen das“. Die Aufnahme und Integration vieler tausend Flüchtlinge. Hatte sie recht? Ein Syrer erzählt seine bewegte Lebensgeschichte – von Damaskus nach NRW.

Düsseldorf: Eine Qdysse über Ägypten, Lybien und Italien endete für Amer 2016 am Rhein

Amer Kabara ist zielstrebig, selbstbewusst, hochmotiviert - der Syrer will keine Zeit verschwenden. In Düsseldorf macht der 36-Jährige eine Ausbildung zum Altenpfleger, ist schon im Endspurt. In Damaskus hatte er Wirtschaft studiert, als Buchhalter gearbeitet, sich selbstständig gemacht. „Ich hatte ein schönes Leben in Syrien, ich war selbstständig, Inhaber von drei Geschäften, aber dann kam der Krieg und alles lag am Boden.“

Seine Läden – er verkaufte medizinische Geräte wie Blutdruckmesser oder auch Rollatoren – wurden zerstört, ebenso seine Wohnung. Seit 2011 tobt in Syrien ein Bürgerkrieg, mehrere Millionen Menschen flüchteten.

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Kabara versuchte vergeblich, sich in Ägypten eine Existenz aufzubauen, gelangte später von Libyen übers Mittelmeer nach Italien. „Meine Migration nach Deutschland war sehr schwer“, schildert der 36-Jährige, der nun seit vier Jahren in der NRW-Landeshauptstadt lebt - nach zunächst einem Jahr in Schwerin. „Düsseldorf gefällt mir sehr gut. Hier ist es ein bisschen wie in Damaskus: Sehr lebendig, viele Leute, Stau.“

Düsseldorf: NRW nahm zwischen 2015 und 2019 mehr als 390.000 Geflüchtete auf

Die Caritas zieht für Deutschland und NRW eine positive Bilanz, sieht viele Erfolge. Zum legendären wie umstrittenen Spruch „Wir schaffen das“ von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 31. August 2015 meint der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Frank Johannes Hensel: Der Satz sei nicht naiv gewesen, sondern programmatisch. „Heute haben erfreulich viele Geflüchtete eine Ausbildung, eine Arbeit und einen Platz in der Gesellschaft.“

Allein 2015 waren demnach knapp 900.000 Menschen nach Deutschland geflohen. NRW nahm zwischen 2015 und 2019 mehr als 390.000 Geflüchtete auf. Fast jeder zweite Geflüchtete zwischen 18 und 64 Jahren, der seit 2013 nach Deutschland kam, gehe einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung einer Erwerbstätigkeit nach.

Flüchtling aus Syrien: „Ich bin dankbar für die Chance, die ich bekommen habe“

Kabara mag das Wort „flüchten“ nicht. Er spricht von „Auswanderung“. Wo man geboren werde, sei Zufall - dass man in einem Land mit Gewalt und Krieg lebe, Schicksal. Sein syrisches Abitur wurde hierzulande anerkannt, er lernte schnell Deutsch, verkürzte eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer und ist nun schon seit zwei Jahren als Altenpflege-Fachkraft-Azubi tätig.

„Ich bin dankbar für die Chance, die ich bekommen habe. Aber ich gebe auch etwas zurück. Noch ein Jahr, dann zahle ich Steuern.“ Als Altenpfleger arbeite er zudem in einem Beruf, in dem Personal fehle.

Kabara übt sehr viel, hat Ehrgeiz. Er durchläuft ein vom Europäischen Sozialfonds, der Bundesagentur für Arbeit und dem Land NRW unterstütztes Programm - CFI/Care For Integration. Mit dem Nachweis des Ausbildungsplatzes konnte er einreisen, hat einen „Aufenthaltstitel“ erhalten. „Etwa 80 Prozent unserer Teilnehmer und Teilnehmerinnen werden erfolgreich als Pflegehelfer oder Pflegefachkraft ausgebildet“, sagt CFI-Mitarbeiterin Sina Yumi Wagner. Seit 2016 gebe es an sieben Standorten jährlich bis zu sieben Klassen. „Fast alle schaffen es“, ergänzt sie mit Blick auf den Merkel-Spruch.

Düsseldorf: Eine Rückkehr nach Syrien ist für Amer heute undenkbar

Azubi Kabara arbeitet für einen ambulanten Pflegedienst, demnächst kommen zehn Wochen an der Uniklinik hinzu. Die Arbeit macht ihm Freude. „In Syrien gibt es diesen Beruf nicht. Die alten Menschen bleiben Zuhause und werden von ihren Kindern versorgt. Sie werden auch nicht so alt wie in Deutschland.“ Der 36-Jährige ist gut integriert, hat deutsche wie ausländische Freunde. „Ein einziges Mal hat mich eine Frau rausgeworfen, weil ich Muslim bin. Sonst erfahre ich viel Empathie.“

Der Syrer hat viel erreicht, weitere Ziele im Blick - auch einen deutschen Pass. Seine Eltern und sechs Geschwister hat er seit Jahren nur via Skype gesprochen. Eine Rückkehr nach Syrien ist für ihn aber undenkbar. Tausende Syrer in Deutschland seien Ärzte, Ingenieure, Studenten oder Auszubildende. „Wir sind starke und schlaue Menschen und wir schaffen das.“ (dpa)