„Es war knüppelvoll“Heute ist es eine Gammel-Ruine: Als in Kölner Strandbad die Post abging

Eine Band besteht aus vier jungen Männern, die Anzug und Fliege tragen.

Die Lido-Boys traten in den 70ern im „Strandbads Marie“ in Porz-Langel auf.

Wenn man das verfallende Strandbad in Porz-Langel sieht, kann man sich kaum vorstellen, wie viel Leben dort früher war. Unter anderem traten die Lido-Boys auf – deren Schlagzeuger erinnert sich.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Das einstige „Strandbads Marie“ am Langeler Lido ist nur noch eine gammelige Ruine. Der Abrisstermin rückt inzwischen immer näher, Mitte April soll es laut Stadt losgehen. 

Nach dem letzten Bericht von EXPRESS.de meldete sich Ignazio. Der inzwischen 71-Jährige verbindet viele Erinnerungen an das ehemalige Strandbad, trat in den 70er Jahren dort regelmäßig mit seiner Band auf. „Ich habe mich erschrocken, als ich die Bilder der Ruine sah“, erzählt er. 

Strandbad in Porz-Langel: So kamen die Lido-Boys zu ihrem Namen

„Strandbads Marie“ sei ein Stück seines Lebens gewesen, so Ignazio. „Der Keyboarder und ich waren gerade mal 17, als wir anfingen, dort zu spielen“, erinnert sich der Schlagzeuger und Sänger der Band. Das sei 1970 gewesen. 

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Die damaligen Betreiber, Maria und Gustav Hollstein, hatten die noch namenlose Truppe von jungen Hobbymusikern kurz zuvor im nahen Niederkassel-Lülsdorf beim Tanz in den Mai gehört und direkt für ihr Strandbad angeheuert.

Bei ihrem ersten Auftritt dort, so Ignazio, sei auch jemand von der Presse da gewesen. „Der Journalist fragte die Maria, wie denn die Band heiße. Die antwortete spontan: ‚Das sind die Lido-Boys‘“, erzählt der 71-Jährige lachend. „Ab da hatten wir unseren Namen.“ 

Bild von ehemaligem FC-Profi hing im Langeler Strandbad über der Theke

Es sei eine tolle Zeit gewesen, erinnert sich der Musiker. Bis 1973 traten die Lido-Boys jedes Jahr von Mai bis Erntedank samstags von 20 bis 1 Uhr im Strandbad auf, spielten Tanzmusik, Schlager aus den 70ern. Ignazio: „Ab 20.30 Uhr war das Strandbad knüppelvoll.“ 

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Auch Ex-Fußballprofi Wolfgang Weber vom 1. FC Köln sei oft im „Strandbads Marie“ zu Gast gewesen, erzählt er. Weber erzielte im WM-Endspiel 1966 in der letzten Minute der regulären Spielzeit das 2:2 gegen England und rettete die deutsche Nationalmannschaft in die Verlängerung. „Über der Theke hing ein Bild von ihm. Ein toller Mensch, wir haben mit ihm oft über den FC erzählt“, so Ignazio. 

„Strandbads Marie“ in Köln: eine Frohnatur und ein Knöttersack

Das „Strandbads Marie“ war ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Die Wirtsleute Maria und Gustav seien wunderbare Menschen und super Gastgeber gewesen, schwärmt der 71-Jährige: „Wenn der Gustav hektisch wurde, kam der Satz ‚Gustav, geh in die Küche‘.“ Maria sei eine Frohnatur gewesen, der Gustav eher „so'n Knöttersack“, der in der Küche einfache, aber leckere Hausmannskost zauberte.

Auch an den Schäferhund von Chefin Maria erinnert sich Ignazio nur zu gut. „Der mochte meine Schlagzeugstöcke, hat mit denen immer gespielt“, erzählt er. Denn die Band konnte ihre Instrumente auf der kleinen Bühne des Strandbades bis zum nächsten Auftritt stehen lassen. Da hat sich der Hund die Stöcke einfach geschnappt. Ignazio schmunzelt: „Ich habe sie dann vor ihm versteckt.“ 

Eine Rheinbrücke für die Chefin: Erinnerungen an Kölner Gastwirtin

Hauptberuflich arbeitete Ignazio bei Dynamit Nobel in Niederkassel-Lülsdorf, später bei Evonik. „Kollegen haben Maria mal auf den Arm genommen“, erinnert er sich lachend. „Sie haben sich am Strandhaus mit einem Messgerät in den Rhein gestellt. Als die Maria wissen wollte, was das solle, haben sie behauptet: Maria, hier kommt extra für dich eine Brücke hin, damit du noch mehr Gäste kriegst.“ 

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Schöne Erinnerungen, die längst Geschichte sind. Maria und Gustav Hollstein, die die Gaststätte 1951 übernommen und um einen Campingplatz erweitert hatten, hörten 1996 altersbedingt auf. Anschließend war das „Standbads Marie“ lange geschlossen und wurde später nur zeitweise wiedereröffnet. 

Jetzt rückt der Abrissbagger an. In wenigen Tagen soll mit dem Rückbau des alten Gebäudes begonnen und das Gelände renaturiert werden. Es gehört dann zum Naturschutzgebiet des Langeler Auenwaldes.