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Höchststrafe für Todespfleger„Er wollte seine Ruhe haben“

Der Angeklagte Krankenpfleger (M) steht mit einem Aktenordner vor dem Gesicht neben seinem Anwalt Volker Breyer (r) im Gerichtssaal.

Der Angeklagte Krankenpfleger (M) steht mit einem Aktenordner vor dem Gesicht neben seinem Anwalt Volker Breyer (r) im Gerichtssaal.

Krankenpfleger Ulrich S. tötete, weil er nachts seine Ruhe haben wollte. Jetzt wurde das Urteil gesprochen.

Er sah sich selbst als „Gutmensch“, der das „Bundesverdienstkreuz“ verdient habe. Doch Ulrich S. ist ein Mörder.

Das Landgericht Aachen verurteilte den Krankenpfleger zu einer lebenslangen Haftstrafe – wegen zehnfachen Mordes und 27-fachen Mordversuchs.

Zwischen Dezember 2023 und Mai 2024 spritzte er im Rhein-Maas-Klinikum in Würselen zahlreichen Patienten und Patientinnen auf der Palliativstation viel zu hohe Dosen an Beruhigungs- und Schmerzmitteln.

Sein schockierendes Motiv: Er wollte einfach nur seine Ruhe. Das Gericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest und verhängte eine lebenslange Haftstrafe. Eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren ist damit ausgeschlossen.

„Er wollte, dass es ruhig ist während seiner Schicht, darum ging es ihm“, erklärte der Vorsitzende Richter Markus Vogt. Das Lebensrecht der schwerkranken Menschen sei dem Pfleger „gleichgültig“ gewesen. Er habe nicht aus Mitleid gehandelt, sondern aus reiner Selbstsucht und Arroganz. „Zu echter Empathie ist er gar nicht fähig“, so Vogt.

Der extreme Anstieg beim Verbrauch von Beruhigungsmitteln fiel in der Klinik niemandem auf. Wurden 2022 noch 50 Ampullen Midazolam bestellt, waren es 2023 schon 180 und bis Mai 2024 sogar 230!

„Bis zur Verhaftung des Angeklagten interessierte es offenbar niemanden im Krankenhaus“, kritisierte der Richter scharf. Schlimmer noch: S. ließ sich die tödlichen Dosen teilweise am nächsten Tag von Ärzten und Ärztinnen absegnen, die die Vergaben oft „anstandslos“ genehmigten.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krankenhauses. Und das könnte erst der Anfang sein: Die Ermittler und Ermittlerinnen vermuten, dass es zu weiteren Mordvorwürfen und einem neuen Prozess kommen wird.

Nun wird auch die Vergangenheit von Ulrich S. durchleuchtet. Vor seiner Zeit in Würselen arbeitete er auch in Köln: von April 2010 bis Januar 2011 und von Februar 2014 bis September 2020 bei den städtischen Kliniken in Merheim. Auch hier laufen die Ermittlungen.

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz fordert Konsequenzen: Ohne lückenlose, elektronische Kontrolle der Medikamentenausgabe hätten Serientäter und Serientäterinnen „ein viel zu leichtes Spiel“. (red)