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Gondelt Köln über den Rhein?Rheinpendel-Projekt: Visionäre erklären ihre irre Idee

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So könnte der Netzplan der Seilbahn aussehen.

Köln – Die Prognosen sind eindeutig: Innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte wird Köln um rund 140.000 Einwohner wachsen. Der Verkehr in und rund um Köln daher weiter zunehmen. Die Folge sind Luftverschmutzung, vermehrter C02-Ausstoß und Dauerstau. 

Der Vorschlag der Ratsgruppe GUT, ein 33,5 Kilometer langes Seilbahnnetz in Köln zu prüfen (Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Rheinpendel-Projekt gibt es am Ende dieses Artikels), wurde am Wochenende bereits eifrig diskutiert.

Der EXPRESS hakte bei Thomas Schmeckpeper (34) nach. Der gebürtige Bremer ist seit September 2017 Verkehrsreferent der Ratsgruppe GUT. Lesen Sie hier das Interview!

Alles zum Thema Henriette Reker

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Thomas Schmeckpeper (34) von der Ratsgruppe GUT.

Wie sind Sie auf die Seilbahn-Idee gekommen? Thomas Schmeckpeper: Im Zuge der Debatte zur Ost-West-Achse und dem möglichen Bau eines weiteren U-Bahn-Tunnels. Wir haben uns gefragt, wie man die Nadelöhre des ÖPNV am Rhein entfernen kann. Gleichzeitig haben wir recherchiert und sind auf die Seilbahn-Systeme in südamerikanischen Städten wie zum Beispiel La Paz gestoßen. Auch in Deutschland gab es schon ähnliche Pläne, etwa in Wuppertal, Bonn und München. Wir haben dann geguckt, woran die Pläne dort bisher gescheitert sind – und das war meistens das Thema Wohnbebauung. In Köln ist es vorrangig der Rhein, wo wir diese Nadelöhre haben, dort haben wir keine Wohnbebauung – also haben wir die Strecke beispielhaft aufgezeichnet.

Was sind die Hauptargumente für ein Seilbahn-System? Es ist kostengünstig, relativ schnell zu installieren, und es können viele Menschen in der Innenstadt emissionsfrei transportiert werden. 100.000 Passagiere mit der Seilbahn ersetzen nach unseren Berechnungen 60.000 Autofahrten. Und: Seilbahnen sind Sonderverkehrsmittel des Schienenverkehrs und damit förderbar durch Land und Bund.

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So könnte eine Haltestelle für die Rheinpendel-Seilbahn am Ebertplatz aussehen.

Laut Ihrer Schätzung soll das ganze Projekt rund 500 Millionen Euro kosten… Wenn man sechs bis acht Millionen Euro pro Seilbahn-Kilometer rechnet, kommt man auch bei weitaus weniger heraus. Wir haben wegen weiterer Themen wie Planungskosten oder Grundstücksankauf konservativ einen Puffer einkalkuliert – doch selbst mit diesem dicken Puffer wären wir noch bei der Hälfte der Kosten, die der U-Bahn-Tunnel auf der Ost-West-Achse verursachen würde.

Dennoch wäre es für Köln ein großes Projekt. Ist es sinnvoll, dafür Kapazitäten zu schaffen? Wir haben im Rat ein Jahr lang über einen U-Bahn-Tunnel diskutiert, der drei Kilometer durch die Innenstadt gehen würde. Bei der Seilbahn handelt es sich um ein System, das 33 Kilometer lang ist, viel mehr Wegebeziehungen schafft und voraussichtlich nur die Hälfte kostet. Im Zuge der Diskussion um die Ost-West-Achse haben viele Leute kritisiert, dass ihnen eine Gesamtvision für die Zukunft des Verkehrs in der Stadt fehle. Eine Seilbahn könnte da einen großen Beitrag leisten, sie soll das bestehende Netz clever ergänzen.

Was halten Sie vom angedachten Wasserbus-Netz? Inwiefern könnte der Wasserbus einen Beitrag zu einer solchen Gesamtvision liefern? Ich finde, man kann beides gut zusammen denken. Ein Wasserbus ist aber pegelabhängig, die Haltestellen lassen sich nicht so gut mit dem bestehenden ÖPNV-Netz vernetzen, und die Kapazitäten sind auch nicht so groß. Ich finde, dass die Idee nicht ganz ausgereift ist. In Kombination mit der Seilbahn könnte der Wasserbus aber zum Beispiel da ansetzen, wo das Seilbahn-Netz aufhört: Eine Erweiterung in Richtung Norden zur Leverkusener Brücke und bis zur angedachten neuen Autobahnbrücke im Süden bei Wesseling wäre denkbar – dort müssten dann aber auch entsprechende P+R-Stationen installiert werden.

Sie sind bewusst mit der Idee an die Öffentlichkeit gegangen, ehe die politischen Gremien sich zu dem Thema an den Tisch setzen. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden? Unser Ziel ist es, Rückmeldungen zu bekommen, sowohl aus der Öffentlichkeit als auch von Verkehrsexperten. Normalerweise wird erst etwas politisch beschlossen und danach startet dann eine Bürgerbeteiligung – wir finden, dass man das auch einfach mal andersrum machen kann.

Am 12. März laden Sie zu einer Info-Veranstaltung ins King Georg nahe des Ebertplatzes ein. Was könnten die nächsten Schritte sein? Wir warten jetzt ab, welche Rückmeldungen kommen. Falls die uns in unserem Vorhaben bekräftigen, werden wir die Idee in die politischen Gremien einbringen. Ein nächster Schritt könnte sein, dass wir bei den Haushaltsverhandlungen im Rat einfordern, dass Geld für eine Machbarkeitsstudie bereitgestellt wird.

Es würde mehrere Jahre dauern, das komplette Netz zu errichten. Wo könnte mit dem Aufbau begonnen werden? Technisch gesehen, müsste ein Seilbahn-System mit einer solchen Länge sowieso in unterschiedlichen Sektoren laufen. Es ist aber so konzipiert, dass man es problemlos erweitern kann. Es bietet sich also an, das System in einem Teilbereich zu erproben – wo das sein könnte, das müsste auf Basis einer Machbarkeitsstudie entschieden werden.

EXPRESS gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen

Im Folgenden gibt EXPRESS Antworten auf weitere Fragen zum Rheinpendel-Projekt.

Wie genau soll die Seilbahn in Köln funktionieren?

Die Streckenführung der Seilbahn ist im Zick-Zack-Kurs über den Rhein angeordnet. Denkbar ist eine 33,5 Kilometer lange Strecke vom Fühlinger See bis zum Rathaus in Porz.

Die Ratsgruppe GUT hat sich in den vergangenen Wochen intensiv mit dem Thema beschäftigt. Sie glaubt daran, dass mit einer Seilbahn ein entscheidender Beitrag für die Verkehrswende in Köln geleistet werden könne.

Wie viele Stationen soll es bei der Seilbahn in Köln geben?

Insgesamt sind 21 Stationen denkbar. Darunter Haltepunkte an den Ford-Werken, Niehler Hafen, dem Wiener Platz, Rheinpark, Ebertplatz, Tanzbrunnen, Breslauer Platz, Deutzer Werft, Rheinauhafen, Deutzer Hafen oder Südbrücke.

Die Seilbahn soll dabei ausschließlich über städtischen Grundstücken unterwegs sein – auch um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Wie viele Personen können so ein Seilbahn-System in Köln nutzen?

Die Ratsgruppe Gut hat ausgerechnet, dass in Köln täglich fast 300.000 Fahrgäste mit dem Rheinpendel unterwegs sein könnten. Technisch seien sogar zwei Millionen Passagiere pro Tag zu bewältigen. Die Haltestellen könnten teilweise am Rheinufer liegen, aber auch ein Stück weit in die Stadt hereinragen.

So wäre es zum Beispiel möglich, eine Verbindung über die Parkanlage am Theodor-Heuss-Ring bis zum Ebertplatz zu führen. „Uns geht es darum, mit der Seilbahn Bus- und Stadtbahnhaltestellen anzubinden“, sagt Thomas Schmeckpeper, Verkehrsreferent der Ratsgruppe GUT.

Wie schnell fährt die Seilbahn?

Leistungsfähige Seilbahnen laufen mit einer Geschwindigkeit bis zu 35 km/h. Die Strecke Bonner Verteiler bis Messe/Deutz ließe sich in rund 20 Minuten zurücklegen – stau- und ampelfrei sowie ohne Wartezeiten.

Wie teuer ist der Bau solch einer Seilbahn in Köln?

Die genauen Kosten hängen von der Streckenlänge ab. Experten veranschlagen für einen Seilbahnkilometer (inkl. Stationsinfrastruktur) sechs bis acht Millionen Euro. Zum Vergleich: Ein U-Bahn-Kilometer kostet ca. 250 Millionen Euro. Ein S-Bahn-Kilometer kostet ca. 10 Millionen Euro.

Interessant: Einige Städte, die die Seilbahntechnik mittlerweile nutzen, haben den Bau durch den Verkauf von C02-Zertifikaten finanziert.

Was sind weitere Vorteile einer Seilbahn in Köln?

„Man schwebt über die verstopften Straßen hinweg, und man braucht nur wenig Platz“, sagt Julia Schwärzler von der Firma Doppelmayr Seilbahnen aus Österreich im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Es handele sich um eine neue Mobilitätsebene.

Auch die Anpassung an das Stadtbild sei kein Problem. „Jede Station und jeder Stützpfeiler lässt sich individuell architektonisch gestalten“, sagt Schwärzler.

Gibt es solche Seilbahnen als Teil des ÖPNV auch in anderen Städten?

Ja. Als bestes Beispiel dient die bolivianische Metropole La Paz. Dort wurden seit Mai 2014 neun Linien mit einer Gesamtstrecke von 27,9 Kilometern in Betrieb genommen.

Im März dieses Jahres kommt die zehnte Strecke hinzu, so dass das Streckennetz „Mi Teleferico“ auf 30,5 Kilometer anwächst. Darüber hinaus gibt es Seilbahnen u.a. in Lissabon, Mexiko-Stadt, London, Ankara, Porto, Sarajevo und Medellín in Kolumbien.

Wie schnell könnte die Seilbahn in Köln gebaut werden?

Das ist abhängig von der Erstellung von Machbarkeitsstudien, Ausschreibungen und politischen Entscheidungen – und all das dauert in Köln bekanntlich durchaus seine Zeit.

Ein Beispiel, wie es gehen kann: Im türkischen Ankara dauerte es nur zwei Jahre vom Beschluss bis zur Eröffnung einer 3,2 Kilometer langen Seilbahn. Die Verantwortlichen dort entschieden sich auch für diese Lösung, weil die Betriebskosten im Vergleich mit einer Stadtbahn um bis zu 80 Prozent niedriger liegen.

Gab es nicht schon Planungen für eine Seilbahn in Köln?

Tatsächlich ist das Thema nicht neu. Neben der historischen Seilbahn am Zoo gab es Überlegungen für eine Seilbahn zwischen Deutz/Messe und dem Linksrheinischen.

Für den Kölner Süden regte Torsten Ilg (Freie Wähler) eine Seilbahn entlang der Rodenkirchener Brücke an (hier mehr dazu lesen) an. Kostenpunkt: 15-20 Millionen Euro. Das Vorhaben scheiterte schon in der Bezirksvertretung.

Wie sicher sind Seilbahnen?

Die Seilbahntechnik ist jahrzehntelang erprobt, die Sicherheitskonzepte sind ausgereift. Mittlerweile verfügen Gondeln sogar über Rettungsmotoren, um zur nächsten Station fahren zu können, falls sie mal stehenbleiben sollten. Moderne Kabinen verfügen zudem über WLAN-Gegensprecheinrichtungen.

Wann gibt es weitere Informationen zum Rheinpendel-Projekt?

Interessierte sollten sich den 12. März vormerken, dann informiert die Ratsgruppe GUT im King Georg (Sudermanstraße 2) in der Nähe des Ebertplatzes.

Was sagen Experten zur Rheinpendel-Idee?

Volker Stölting, Professor für Schienenverkehr und öffentliche Verkehrssysteme an der TH Köln: „Es ist keine Schnapsidee. Ich kann mir das sehr gut vorstellen.“

Im Gespräch mit dem WDR (hier der Beitrag in der Mediathek) erklärte er zudem: „Es ist nicht das erste Mal, dass Seilbahnen für solche Zwecke gebaut werden. Es ist eine prüfbare Alternative zu den gängigen Systemen.“

Reimar Molitor, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Region Köln/Bonn e.V., erklärt: „Seilbahnen werden in vielen Städten diskutiert. Wir sollten alle Möglichkeiten Durchdenken, um uns besser fortbewegen zu können.“

Auch der Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim hält ein Seilbahn-Netz in Köln für sinnvoll: „Dafür würde man einen Masterplan brauchen, der alle Netzlücken im Schienennetz analysiert und dann grob klärt, was davon seilbahnfähig und -würdig wäre“, sagte er auf Anfrage des „Kölner-Stadt Anzeigers“.

Was sagen Kölns Politiker zur Seilbahn-Idee?

OB Henriette Reker (parteilos) gilt durchaus als Seilbahn-Sympathisantin. Sie selbst machte sich in der Vergangenheit mit Messechef Gerald Böse für eine Verbindung von der Altstadt zur Messe stark Die OB steht dem Thema aufgeschlossen gegenüber. Über ihren Sprecher Alexander Vogel ließ sie ausrichten, dass es „für solche Ideen“ Raum geben müsse. Und: Sie solle man auch „ernsthaft diskutieren“. Allerdings: Zunächst müsse die Stadt ein paar andere Projekte beenden. Gemeint ist u.a. der Tunnel der Ost-West-Achse, die Nord-Süd-Bahn oder auch die Kapazitätserweiterungen bei Bus und Stadtbahn.

Lino Hammer (Fraktions-Geschäftsführer der Grünen) sagte im WDR: „Es ist immer gut, nicht nur auf ein Verkehrsmittel zu setzen, sondern sich breit aufzustellen. Dass die Seilbahn das Massenverkehrsmittel für Köln ist, sehe ich noch nicht.“

Ralph Sterck, Vorsitzender der FDP-Fraktion ist in Sachen Seilbahn mehr als skeptisch: „Wir müssen die Trassen stärken, die wir haben. Die Stadtbahn, die S-Bahn, und wir müssen den Rhein aktivieren.“ Diesbezüglich gäbe es die Idee, einen Wasserbus in Köln (hier mehr dazu lesen) einzusetzen. Etwa mit einem Wasserbus. Diesbezüglich wurde kürzlich der Förderbescheid für ein Gutachten übergeben.

Andreas Pöttgen, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, wollte sich auf EXPRESS-Anfrage nicht zu dem Thema äußern.