Ozan Akhan im GesprächIch sollte „Veedel“ auf Türkisch singen

Ozan Akhan auf der Keupstraße, der türkisch geprägten Meile in Mülheim.

Ozan Akhan auf der Keupstraße, der türkisch geprägten Meile in Mülheim.

Köln  – Ein Türke macht Stunk! 1995 kam der Kabarettist, Schauspieler und Sänger Ozan Akhan (48) nach Köln und wurde zunächst Kulissenschieber der Stunksitzung. Im Jahr 2000 stand er erstmals auf statt hinter der Bühne – der erste Türke im kölschen Karneval.

Heute ist er noch immer dabei, glänzte in der vergangenen Kampagne 49-mal im Sketch „Döner For One“. Daneben ist Ozan Akhan mit seinem Kumpel Tunc Denizer (47) als erfolgreiches Kabarett-Duo unterwegs. Er lebt mit seiner Frau Judith und der Tochter Ada (4) auf der Schäl Sick.

EXPRESS: Ozan, wir stehen hier an der Ecke Schanzenstraße /Keupstraße – quasi eine Schnittstelle deines Lebens.

Alles zum Thema Bläck Fööss

Ozan Akhan: Richtig. Die Keupstraße ist ein Stück Heimat. Wenn ich die Türkei vermisse, komme ich hierher, esse etwas und unterhalte mich mit meinen Landsleuten. Oder ich treffe mich mit dem türkischen Kabarett-Kollegen Fatih Cevikollu. Keupstraße – das ist natürlich auch die Erinnerung an den Anschlag vom 9. Juni 2004. Noch einen Tag vorher habe ich bei dem Friseur auf dem Stuhl gesessen, vor dessen Geschäft die Nagelbombe explodiert ist.

Was bedeutet andererseits die Schanzenstraße für dich?

Sie ist meine künstlerische Heimat, weil im dortigen E-Werk die Stunksitzung stattfindet. Früher war ich hinter den Kulissen tätig, seit dem Jahr 2000 stehe ich mit dem Ensemble, von dem ich mit offenen Armen aufgenommen wurde, auf der Bühne.

Ist es für einen Türken leichter in Köln zu leben als in Paderborn oder Leipzig?

Auf jeden Fall! Ich bin mit meinem Kollegen Tunc Denizer als Kabarett-Duo in ganz Deutschland unterwegs. Deshalb weiß ich: Köln hat schon eine ganz besondere Bedeutung. Es gibt eine große Gelassenheit in dieser Stadt, die mit meinem Heimatort Izmir gut zu vergleichen ist. Auch dort könnte der Spruch gelten: „Et kütt, wie et kütt.“ Vielleicht ist Multikulti ein Klischee. Egal, ich lebe es!

Wie machst du das?

Ich habe eine deutsche Frau, ich gehe indisch, thailändisch oder vietnamesisch essen, und ich liebe Sauerkraut!

Gibt es auch Kontakt zum traditionellen Karneval?

Ja. 2010 haben mich die Blauen Funken gebeten, zur Verabschiedung ihres Tanzpaars das Lied „Mariechen“ zu singen. Es war schon nachts um 1 Uhr. Ich habe also gesungen, der ganze Saal hat geheult, das Tanzpaar hat geheult, und dann kamen von hinten noch zehn weitere Paare anderer Korporationen – es war unglaublich. Da ist der Kölner ganz anders als der Westfale.

Wie meinst du das?

Kölner und Westfalen atmen beide den gleichen Sauerstoff, aber was der jeweils im Gehirn anstellt, ist ganz unterschiedlich.

Gretchenfrage: Fööss oder Höhner, Kasalla oder Brings?

Meine Favoriten sind ganz klar Brings und Bläck Fööss. Deshalb bin ich immer noch traurig.

Wieso das denn?

Letztes Jahr sollte ich beim Birlikte-Festival als allerletzte Nummer zusammen mit Tommy Engel und den Fööss, die erstmals wieder gemeinsam aufgetreten wären, „Veedel“ singen – auf Türkisch. Aber dann kam das Unwetter und der Abbruch. Ewig schade!

Selbst ein vielbeschäftigter Mann wie du muss mal ausspannen, was machst du dann?

Ich gehe an den Rhein, ich brauche das Wasser. Das liegt auch an Izmir, das ist eine Küstenstadt. Im Sommer setze ich mich auf die Rheinterrassen und gucke auf den Dom – mehr brau-che ich nicht. Doch, ein schönes kaltes Kölsch gehört auch dazu! Wenn ich mir bei dem Blick auf die Stadt vorstelle, dass Köln nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu 90 Prozent zerstört war - und 1960 war alles wieder aufgebaut: Respekt! Da verzeihe ich auch die durchaus vorhandenen Bausünden.

Du magst Kölsch, den Dom, die Fööss – auch den FC?

Klar doch, allein schon deshalb, weil er so ähnlich ist wie der FC Karsiyaka in Izmir. Den Club kennt und mag jeder in der Türkei, auch wenn er mal oben und mal unten ist, zurzeit zweite Liga. So war es ja lange Zeit beim FC auch. Das scheint sich allerdings momentan zu ändern.

Letzte Frage: Wie hältst du es als Moslem mit der Religion?

Ich bin nicht sehr religiös, aber ich hatte in Köln eine Erleuchtung: Als ich 1995 mit 28 Jahren aus der Türkei hierherkam, war mein erstes Erlebnis die Stunksitzung. Vier Stunden Show, Revue, Kabarett, Comedy und Slapstick – das war das Schönste, was ich mir wünschen konnte. Und das war der Beginn meines zweiten Lebens.