Das weiß kaum jemandKölner Stadtschlüssel befinden sich in Paris – und niemand will sie zurück

Die Severinstorburg in Köln.

Die Severinstorburg, hier am 16. März 2018, ist eine der letzten Teile der mittelalterlichen Kölner Stadtmauer.

Die Kölner Stadtschlüssel befinden sich seit knapp 230 Jahren im Besitz von Frankreich. Was es damit auf sich hat, wissen allerdings nur die wenigsten ...

von Gianluca Reucher (gr)

Die Stadtschlüssel haben für Köln eine große Bedeutung. Jedes Jahr werden sie bei der Proklamation von der Stadt an den Bauern des Kölner Dreigestirns übergeben, um das Trio feierlich ins Amt einzuführen. Am Veilchendienstag werden die Schlüssel schließlich wieder sicher im Safe des Rathauses verstaut.

Was allerdings kaum jemand weiß: Bei den Kölner Stadtschlüsseln handelt es sich lediglich um eine Nachbildung. Die Original-Schlüssel befinden sich seit knapp 230 Jahren im Besitz von Frankreich. Zurück will sie allerdings niemand ...

Köln: Darum befinden sich die Stadtschlüssel in Frankreich

Warum werden die Kölner Stadtschlüssel gar nicht in Köln aufbewahrt? Um das zu verstehen, müssen wir die Zeit ein wenig zurückdrehen. Im Mittelalter war Köln mit rund 40.000 Menschen eine der größten und wichtigsten Städte Europas. Eine gigantische Stadtmauer, von der seit ihrem Abriss 1881 nur noch Fragmente wie die Severinstorburg, das Hahnentor und die Eigelsteintorburg übrig geblieben sind, schützte die vielen Kölnerinnen und Kölner vor Gefahren.

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Bis heute ist unklar, wie viele Eingänge es in der Mauer wirklich gab. Sicher ist allerdings: Sie alle wurden jede Nacht verschlossen – mit riesigen Steckschlüsseln und Vorhängeschlössern, wie der Historiker und ehemalige Direktor des Kölnischen Stadtmuseums Mario Kramp erklärt. Da diese Schlösser aus Sicherheitsgründen alle 14 Tage ausgetauscht werden mussten, gab es eine enorme Anzahl an Schlüsseln.

Nach Angaben des Kölnischen Stadtmuseums existierten am Ende des 16. Jahrhunderts dann nur noch Generalschlüssel für die Stadtmauer, die in einem „Hochsicherheitsschrank“ im Rathaus aufbewahrt wurden. Wie viele Schlüssel dort wirklich drin lagen, ist ebenfalls unklar. Doch sollen allein zum Öffnen des Schranks 23 weitere Schlüssel benötigt worden sein ...

Dann kam Frankreich ins Spiel: Als 1794 die französische Armee anrückte, war den damaligen Kölner Ratsmitgliedern laut dem Stadtmuseum schnell klar, dass sie die Stadt kampflos übergeben wollen, um Blutvergießen und Zerstörung zu vermeiden. Symbolisch bekam Frankreich am Schlagbaum vor dem Hahnentor auf dem heutigen Rudolfplatz die Stadtschlüssel überreicht – und damit auch die Macht über Köln.

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Die Kölner Stadtschlüssel landeten schließlich im französischen Nationalarchiv in Paris – neben vielen weiteren, unter anderem den Stadtschlüsseln aus Aachen. Diese Schlüssel forderten erst in den 1980er-Jahren viele deutsche Städte zurück. Nicht aber Köln. Der Grund dafür soll laut dem Stadtmuseum eine damalige List der Kölnerinnen und Kölner sein ...

„Man hatte damals im Jahr 1794 nie alle Stadtschlüssel aus der Hand gegeben. Man konnte es gar nicht, weil die Zahl unüberschaubar und allein ihre Verwaltung ein bürokratisches Chaos war. Das bedeutete: Köln hatte immer genug eigene Original-Schlüssel übrig – bis heute“, schreibt das Kölnische Stadtmuseum dazu.

Wie viele Schlüssel es damals wirklich gab und heute noch gibt, lässt sich wohl unmöglich sagen. Klar ist aber: Zumindest ein kleiner Teil der originalen Kölner Stadtschlüssel befindet sich nach wie vor in Paris, während der Bauer des Kölner Dreigestirns bei der Proklamation lediglich eine Nachbildung ausgehändigt bekommt. (gr)