Das kölsche Sommerfestival „Jeck im Sunnesching“ feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum. Angefangen hat alles ein weiteres Jahrzehnt zuvor in einem Biergarten. Trotz des Erfolgs gibt's auch Sorgen.
„Jeck im Sunnesching“Die Geschichte hinter dem Sommer-Event – Kölner Festival muss umziehen

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„Jeck im Sunnesching“ im Kölner Jugendpark. Das Festival hat sich zu einem wichtigen Ereignis im Jahreskalender entwickelt.
„Fiere ohne ze friere“ lautete anfangs die erste Motivation. Als Alexander Manek, einer der bekanntesten Wirte der Stadt, vor 20 Jahren eine Mädelsgruppe im Krankenschwestern-Kostüm bibbernd vor dem Haus Unkelbach sah, kam es ihm spontan in den Sinn.
„Warum ist Karneval nicht im Sommer?“, fragte sich der Gastronom und setzte ein paar Monate später den Plan in die Tat um. „Wir sind ganz unvoreingenommen an das Thema rangegangen“, sagt er im EXPRESS.de-Gespräch.
„Jeck im Sunnesching“: Festkomitee lehnte das Party-Konzept ab
Im Biergarten wurde ein Planschbecken aufgestellt, die Tische mit Bananenblättern, Sand und Muscheln dekoriert, für die Gäste gab es Blumenketten. „Zum Start waren vielleicht 200 Leute da, im Jahr drauf 400, dann 600“, blickt Manek zurück.
Der Sülzer „Karneval im Sommer“ fand immer mehr Fans. Als der Unkelbach-Boss jedoch eines Tages mit dem Prinzenführer über den traditionellen Dreigestirns-Besuch in seinem Lokal sprechen wollte, wurde ihm mitgeteilt, dass dies nicht mehr kommen werde. Das Festkomitee störte sich daran, dass das Event den Begriff Karneval im Namen trug.
Per Zufall stieß Manek auf den Begriff „Jeck im Sunnesching“ und nannte die bunte Kostüm-Sommerparty um. Gaffel-Chef Heinrich Philipp Becker und Thomas Deloy, Geschäftsleitung Marketing und PR der Privatbrauerei, waren vom Konzept überzeugt und handelten mit dem Unkelbach-Chef aus, aus der Biergarten-Party ein großes Event in der ganzen Stadt zu machen. Sie entwickelten das Logo und sorgten für Merchandise.
Zur Premiere sollten Brings, Kasalla und das Team Rhythmusgymnastik am 29. August 2015 am Aachener Weiher einheizen. „Nachdem die Nachricht die Runde gemacht hatte, wurden wir direkt zur Stadt einbestellt“, sagt Deloy. „Man sagte uns, sollten 5000 Gäste kommen, müsse die Aachener Straße gesperrt werden“. Daher wurde die große Open-Air-Party abgeblasen.

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So fing 2015 alles an. Thomas Deloy, Bastian Campmann (Kasalla), Stephan Brings, Alexander Manek und Heinrich Philipp Becker (v.l.) präsentierten erstmals das neue Logo zu „Jeck im Sunnesching“.
Am Weiher spielten nur Björn Heuser und Stephan Brings mit der Gitarre, 37 Bands sorgten jedoch für 64 Konzerte in Kölns Kneipen. Miljö trat gleich fünfmal auf. Brings und Kasalla spielten jeweils drei Gigs. Auf Anhieb feierten 50.000 Jecke mit, viele kamen auch nach dem 2:1-Sieg des FC gegen den Hamburger SV dazu.
Das Festkomitee meldete sich direkt wieder zu Wort. „Das Kulturgut Kölner Karneval ist ein jahrhundertealtes Winterbrauchtum. Wenn man diesem Fest profitorientiert die Seele nimmt, verkümmert das Kulturgut zu einer bloßen Marketingaktion“, sagte Präsident Markus Ritterbach. Es sei eben wie mit Weihnachten – „ein wunderbares Fest, doch es gibt nur einmal im Jahr Bescherung“.

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Thomas Deloy (l.) und Alexander Manek: Die Macher der ersten Stunde freuen sich auf weitere Jahre mit „Jeck im Sunnesching“.
Die Macher ließen sich nicht von ihrer Idee abbringen. Veranstaltungsprofi Jochen Gasser schlug vor, ein Festival mit den Top-Bands der kölschen Musik im Deutzer Jugendpark auf die Beine zu stellen. Die 10.000 Tickets waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.
2017 zog „Jeck im Sunnesching“ auch in die Rheinaue nach Bonn. Im diesjährigen Jubiläumsjahr wird das Sommer-Spektakel auch in Aachen und in Belgien gefeiert. Zudem gibt es die Pänz-Ausgabe erstmals am 15. Juni im Tanzbrunnen als großes Open-Air. Die Pläne, das Konzept in weitere Städte zu tragen, sind schon konkret.

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Für die Bands, wie hier die Klüngelköpp, gehören die Auftritte bei „Jeck im Sunnesching“ immer zu den Höhepunkten des Jahres.
Die Erfolgsgeschichte sorgt weiter für Kritik der Karnevals-Traditionalisten, die den Spaß außerhalb der Session ablehnen. „Dieses Erlebnis ist mehr als ein Musikfestival, es ist Ausdruck rheinischer Lebensfreude, geprägt von Singen, Schunkeln, Verkleiden und der Liebe zur kölschen Musik“, entgegnet Deloy.
„Jeck im Sunnesching“ transportiere die kölsche Musik weit über die Stadtgrenzen hinaus. „Wir bewegen über 100.000 Menschen mit unseren Festivals und in den Kneipen. Durch die verschiedenen beteiligten Locations wächst in der Stadt richtig was. Es muss auch nicht zwingend kölsche Musik gespielt werden“.
„Jeck im Sunnesching“: Kölner Festival braucht eine neue Location
Doch mitten in die Jubiläumsfeierlichkeiten mischen sich auch Sorgen. Im Jugendpark, der im Landschaftsschutzgebiet liegt, leben nachweislich Steinkäuze. Die kleinen Eulen sind als gefährdete Art eingestuft. In diesem Jahr kann das Festival am 21. Juni noch wie geplant am Rhein steigen, ab 2026 brauchen die Macher eine neue Location. Köln bietet für Open-Air-Formate nur wenig Alternativen.
Auch Alexander Manek macht in diesem Jahr wieder mit. Am 6. September hat er Cat Ballou, Klüngelköpp, Big Maggas, Rabaue und Eldorado im Biergarten. „Wenn man sich das Programm anschaut und überlegt, wie alles begonnen hat, ist das schon irre“, sagt er lachend.