Auto-KriseAdieu! Warum Citroën Köln verlässt – und welche Marke jetzt Gas gibt

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Köln – Schock, Trauer, Wut: Köln als traditionsreiche Autostadt verliert an Strahlkraft. Zwei große Marken verblassen.

Citroën verschwindet nach mehr als 90 Jahren aus der Kölner Öffentlichkeit. Bis zum Freitag mussten sich 188 Kollegen in der Porzer Konzernzentrale von PSA (Peugeot, Citroën, DS Automobiles, Opel) entscheiden, ob sie nach Rüsselsheim umziehen. Zeitgleich gehen auch bei Dirkes nach knapp 100 Jahren die Lichter aus (hier mehr lesen).

Freitag kam die Nachricht: Alle Standorte werden geschlossen!

Alles zum Thema Henriette Reker

Kölner OB: Citroën ein Glücksfall

Rückblende. Noch vor zweieinhalb Jahren gratulierte OB Henriette Reker mit viel Esprit dem Enkel des Firmengründers und allen Mitarbeitern der Zentrale in Porz zum stolzen Jubiläum: „Bonjour Monsieur Citroën!“ Und sie betonte noch: „Citroën ist ein Glücksfall für Köln!“ 

In der Tat: Am 15.Februar 1927 wurde die Marke Citroën (Logo: Die Doppelwinkel eines Zahnrads) erstmals in das Handelsregister der Stadt eingetragen. Die Nähe zu Paris und die gute Verkehrsanbindung im Herzen Europas sprachen für Köln.

In den 30er Jahren prangten Citroën-Werbeschilder in der City und auf den Rheinbrücken. Später liefen in Poll noch viele weitere Jahre mehrere Modelle vom Band, darunter auch die berühmte „Gangster-Limousine“ 11 CV.

PSA-Hauptquartier in Köln

Nach verschiedenen Standortwechseln im Laufe der Jahrzehnte weihte 2013 NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft das neue PSA-Hauptquartier in Porz-Gremberghoven ein. Im Mai 2019 wurde das Aus für den Standort verkündet. Jetzt ist das Ende greifbar nahe, bei den Beschäftigten herrscht Enttäuschung und Unsicherheit.

Citroën: Das sagt Kölns Betriebsrat

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Citroën-Betriebsratvorsitzender Dieter Hennes

„Viele Kollegen sind sehr traurig, die Situation ist für alle Beteiligten eine sehr schwierige“, sagt Citroën-Betriebsratvorsitzender Dieter Hennes. „Die meisten arbeiten seit Jahrzehnten in Köln für die Marke Citroën und sind mit ihren Familien tief verwurzelt.“

Bis Freitag wurden die Kollegen von der Geschäftsführung um eine Entscheidung gebeten, ob sie vom Rhein in die Opel-Stadt am Main umziehen. Bereits mehr als 100 würden das Jobangebot in Hessen annehmen. Anderen werden Angebote für Altersteilzeit oder Abfindungen gemacht. „Wir stellen uns der Situation und müssen das Beste daraus machen“, so Hennes.

Citroën: Aus Köln in die Opel-Hauptstadt

Noch in diesem Jahr wird das Bürohaus an der Edmund-Rumpler-Straße größtenteils geräumt: „Die Vorbereitungen des Umzugs, der noch in diesem Jahr umgesetzt werden soll, verlaufen nach Plan“, so ein Unternehmenssprecher. „Wichtig ist uns, nochmals zu betonen, dass wir jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter einen sicheren, zukunftsfesten Arbeitsplatz in Rüsselsheim anbieten. Wir wünschen uns, dass möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Weg mitgehen.“

Citroën verblasst im Stadtbild

Doch Köln verliert nicht nur die Zentrale und ihre Mitarbeiter. Auch im Stadtbild, also in den Autohäusern, wird Citroën wohl noch weiter im Abseits stehen. Denn nun schlägt hier und da der berühmte Opel-Blitz ein: Als „Teil einer umfassenden europäischen Strategie“, so ein PSA-Sprecher, werden in Köln zwei große Niederlassungen für Opel aufgebaut. Während der erste Standort am Raderberggürtel im Juli eingeweiht wurde, ist der andere Autotempel an der Widdersdorfer Straße noch eine Großbaustelle.

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Das Ex-Citroën-Autohaus  an der Widdersdorfer Straße ist im Umbau, Opel zeigt Präsenz.

Neuer Opel-Standort in Ehrenfeld

Hier hat ein neuer signalgelber Opel-Werbetower bereits die leuchtend rote Doppelwinkel-Stele verdrängt und stellt den leerstehenden Citroën-Verkaufsraum in den Schatten. Wo sich früher französische Autos präsentierten und die Fahrer von Ente, Cactus & Co trafen, stehen jetzt Bauschuttcontainer. Am 16.November soll hier Neueröffnung gefeiert werden - zeitgleich mit Einführung der neuen Opel-Modelle Corsa und Astra mit Facelift. Klar ist: Köln als einstige Autometropole und Wiege des Otto-Motors steckt in Schwierigkeiten. Auch die Ford-Werke stehen neben einem radikalen Personalabbau vor großen Herausforderungen im Zeitalter der Elektromobilität.

Krise in Köln? Dudenhöffer über Citroën

Experte Prof. Ferdinand Dudenhöffer (68) kennt Citroën als Insider, war dort drei Jahre beschäftigt: „Ursprünglich war Citroën eine starke Firma mit genialen Innovationen, wie etwa der Hydropneumatik beim DS - der schwebenden Göttin. Aber die Göttin wird nie wiederkommen. Heute ist Citroen eine Plattform-Marke, die unter dem Firmenchef Carlos Tavares auf wirtschaftliche Effizienz getrimmt ist. Die alte Zeit der großen Marke wird nicht mehr kommen.“

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 Prof. Ferdinand Dudenhöffer arbeitete für Citroën.

Verluste, Übernahmen und Managementfehler hätten laut Dudenhöffer den 100 Jahre alten Autobauer heruntergewirtschaftet. Eine Chance auf ein Citroën-Comeback sieht er nicht: „Es ist schade, wenn große Marken so verwaschen werden.“