Ex-Höhner-Kopf Henning Krautmacher dozierte vor Studierenden der Medizin-Fakultät. Er sprach darüber, wie wichtig die Hoffnung bei der Krebserkrankung seiner Frau war.
Krebs-Drama um seine FrauEmotionaler Krautmacher-Auftritt

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Henning Krautmacher bei seinem Referat an der medizinischen Fakultät der Uni Bonn vor Medizinstudierenden im dritten Semester.
Dass das Schicksal jederzeit erbarmungslos zuschlagen kann, erlebte Henning Krautmacher (68), der ehemalige Frontmann der Höhner, kurz vor seinem geplanten Bandabschied Ende 2022.
Der Sänger war im September 2022 mit der Band auf einem Schiff unterwegs, als er von der Diagnose seiner Frau Anke erfuhr: Magenkrebs, Stadium T4. Die schlimmste Form, nicht heilbar und keine Chance zu überleben.
Henning Krautmacher und seine Anke: 152 Tage Kampf gegen Krebs
Trotz der Aussage der Ärzte, dass es keine Überlebenschancen gebe und dadurch auch keine zweite Meinung mehr eingeholt werden müsste, gaben die beiden nicht auf.
„Zum Glück haben wir uns von der niederschmetternden Diagnose nicht abschrecken lassen und eine Zweitmeinung eingeholt, denn wir haben vom ersten Moment an die Hoffnung nicht aufgegeben“, betont Krautmacher im EXPRESS.de-Gespräch.
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Mit der Hoffnung im Hinterkopf und der liebevollen Unterstützung von Henning überstand Anke Krautmacher die kräftezehrenden Chemotherapien samt Lungenentzündung und schwerer Blutvergiftung. Dann folgten die Operationen. „Anke wurden 41 Metastasen und der komplette Magen entfernt.“
Während der ganzen Zeit, insgesamt 152 Tage, haben sie gemeinsam gegen den Krebs gekämpft. „Ich war jeden Tag zwischen acht und 15 Stunden im Krankenhaus und habe alles miterlebt. Ich hatte das Gefühl, dass ich in dieser Zeit ein halbes Medizinstudium absolviert habe. Ich weiß mittlerweile alles über Blutwerte und habe mich mit den Ärzten unterhalten, als wären wir Kollegen. Es fehlte nur noch der weiße Kittel“, sagt er lächelnd.

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Henning Krautmacher mit seiner Ehefrau Anke. Für sie komponierte er auch das Lied „Unsere Wääch“.
Wie anstrengend die Zeit war, bekam Henning selbst zu spüren, als er im Krankenhaus wegen des Verdachts auf Herzinfarkt für eine Nacht auf der Intensivstation landete. „Klingt dramatisch, war aber nur ein kleiner Schwächeanfall. Ich hatte einfach, bevor ich nach Bonn ins Krankenhaus gefahren bin, vergessen zu frühstücken und getrunken hatte ich auch nichts.“
Für den Musiker zählt nur eins nach dieser schweren Zeit: „Wir haben nie die Hoffnung und das Lachen verloren. Anke hat es überstanden und es geht ihr wieder gut.“

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„Hoffnung hilft“ war der Titel des Vortrags, den Henning Krautmacher an der Bonner Uni hielt.
Durch einen Fernsehauftritt, bei dem das Paar offen über die Krebserkrankung sprach, wurde Prof. Dr. Veit Braun auf ihren gemeinsamen Kampf gegen den Krebs aufmerksam. Der Chefarzt der Neurochirurgie am Jung-Stilling-Krankenhaus Siegen war so beeindruckt, dass er Krautmacher für ein Referat an die Uni Bonn einlud.
Jetzt war es so weit. „Auf der Bühne stehen ist eine Sache, aber ein Referat an der medizinischen Fakultät der Uni Bonn vor Medizinstudierenden im dritten Semester zu halten, ist schon eine ganz andere Herausforderung“, gesteht Krautmacher im EXPRESS.de-Gespräch.
Unter anderem schilderte er den Studierenden den gesamten Krankheitsverlauf seiner Frau. Der Schwerpunkt des Vortrags lag dabei immer auf dem sogenannten „Prinzip Hoffnung.“ Dazu hatte er zusammen mit der Kölner Filmproduktion Eitel Sonnenschein einen Video-Clip produziert, der eindrucksvoll dokumentiert, dass Hoffnung ein sehr wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit dem Heilungsprozess – nicht nur bei Krebserkrankungen – ist.
„Mir war es wichtig, die angehenden Ärztinnen und Ärzte inständig aufzufordern, in ihrer medizinischen Zukunft insbesondere auf die Psyche ihrer Patienten mit der gegebenen Empathie einzuwirken. Ihren zukünftigen Schützlingen Mut zuzusprechen, auch wenn die Diagnose noch so niederschmetternd sein sollte.“

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Henning Krautmacher und der Chefarzt der Neurochirurgie am Jung-Stilling-Krankenhaus Siegen, Prof. Dr. Veit Braun.
Hoffnung dürfe nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. „Es gehört die tiefgründige Überzeugung dazu, dass sich die Hoffnung auch erfüllt, beziehungsweise erfüllen könnte. Dabei können nicht nur Mediziner, sondern auch Angehörige, Freunde und Wegbegleiter hilfreich zur Seite stehen.“
Einen weiteren Schwerpunkt legte der Gast-Dozent auf das Thema Zweitmeinung. „Mein Appell an die Studierenden zu diesem Thema war, in ihrem späteren Berufsleben keine Eitelkeiten zu entwickeln, sondern den Wunsch eines Patienten nach einer zweiten Beurteilung der Diagnose nicht nur zuzulassen – sondern sogar zu befürworten.“
Nach rund 90 Minuten beendete Krautmacher sein Referat. Auch wenn er es kaum glauben konnte: Es gab tatsächlich Applaus im Raum – wie früher vor den Karnevalsbühnen.