Für mehr AbwechslungBütt-Star Guido Cantz präsentiert revolutionäre Idee für den Karneval

Martin Zylka, Horst Müller und Guido Cantz am Schreibtisch.

Die drei Geschäftsführer der Event- und Künstleragentur Go bei der Arbeit: Martin Zylka, Horst Müller und Guido Cantz (v.l.).

Nach der Corona-Pandemie hat sich der Karneval gut erholt. Die Nachfrage nach Tickets für Veranstaltungen ist enorm hoch. Dennoch gibt es bei den Machern der jecken Events durchaus Sorgen.

von Marcel Schwamborn  (msw)Daniela Decker  (dd)

Nach drei wilden Wochen zur Sessionseröffnung legt der Karneval in der Stadt nun eine kleine Pause ein, ehe es ab Anfang Januar 2025 dann endgültig wieder richtig jeck wird. Hinter den Kulissen geht die Arbeit natürlich weiter. Bei der Event- und Künstleragentur Go wurden beispielsweise auch schon die Termine für 2026 geplant.

Ein Trend zeichnet sich bereits jetzt ab: Die Ticketverkäufe für Sitzungs- oder Party-Formate haben stark angezogen. Die großen Kölner Karnevalsgesellschaften können bereits jetzt bei fast allen Terminen einen ausverkauften Saal vermelden. Wer noch Karten für einen jecken Abend im Januar und Februar sucht, sollte sich beeilen.

Kölner Karneval: Die meisten Sitzungen sind schon ausverkauft

„Nach Corona waren wir eigentlich nachdenklich. Es gab besorgniserregende Signale“, sagt Geschäftsführer Horst Müller (64). „Aber jetzt spüren wir eine wirklich positive Energie, die Verkäufe haben stark angezogen“. Dadurch, dass die laufende Session bis Anfang März dauere, wären zehn bis 20 Prozent mehr Auftritte als im Vorjahr möglich.

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Das Go-Team kümmert sich um rund 45 Künstlerinnen und Künstler und betreut rund 400 Veranstaltungen, zudem die Prinzengarde, Ehrengarde sowie die Altstädter. „Wir tragen da durchaus eine Verantwortung und fühlen uns als Unternehmensberater im rheinischen Brauchtum“, sagt Müller im EXPRESS.de-Gespräch. „Diese Pflanze Brauchtum ist so wertvoll, bei der aber immer weniger mit anpacken. Es wird immer schwieriger, Menschen für das Ehrenamt zu finden.“

Auch wenn die aktuellen Verkaufszahlen stimmen, sehen Müller und seine Mit-Geschäftsführer Guido Cantz (53) und Martin Zylka noch viele Knackpunkte. Veranstaltungen unter der Woche fallen immer häufiger weg, würden generell kürzer. Viele Bands arbeiten mit ihren großen Crews teils unter der Wirtschaftlichkeit.

Cantz, der in dieser Session sein 33-jähriges Bühnenjubiläum feiert, sieht vor allem im Bereich der Rede große Probleme. „Neue Gesichter zu finden, ist absolut schwer. Ohne Nachwuchs wird es auf Dauer nicht funktionieren. Als Faustregel gilt, dass es zehn Jahre dauert, ehe man sich im Karneval etabliert hat.“ Mit Bütt-Neuling Djavid oder Handwerker Peters, der einen Neustart wagt, gibt es immerhin zwei frische Typen. Aber von der Vielfalt früherer Jahre, als es Parodien, Bauchredner, Trios oder Zwiegespräche gab, sei man weit entfernt.

Redner Djavid in der Bütt.

Djavid ist einer der wenigen Nachwuchs-Redner, der sich den Schritt in den Karneval zutraut.

Der Moderator und Komiker hat einen Ansatzpunkt im Dilemma gefunden. „Wir sollten bei den Auftrittszeiten zurückgehen“, sagt Cantz. Er habe früher 15 Minuten auf der Bühne gestanden, aktuell seien es 30. „Dabei ist die Aufmerksamkeitsspanne bei vielen durch das TikTok- oder Instagram-Zeitalter zurückgegangen. Wenn jeder Redner oder jede Rednerin nur 20 Minuten machen würden, dann könnte man bei großen Sitzungen drei unterbringen, was eine Chance für den Nachwuchs wäre.“

Kürzere Auftritte würden jedoch zu geringeren Gagen führen. „Es gibt aber keinen, der mit einer Gagenkürzung ein Problem hätte“, glaubt Müller. „Wir sind alle glücklich für jedes neue Gesicht. Die Literaten wollen jedoch kein Risiko eingehen und setzen bei ihren Buchungen daher stets auf die Top vier. Wenn jemand drei Sitzungen in der Session besucht, hört er auch oft dreimal die gleiche Rede. Das ist ein Thema, an dem wir arbeiten.“

Kasalla beim Auftritt auf der Bühne.

Kasalla gehört zu den meistgefragten Bands. Im Musikbereich gibt es ein Überangebot an Gruppen.

Um generell für mehr Abwechslung zu sorgen, hat Zylka bei den von ihm organisierten Events ein Muster etabliert. „Wir nehmen immer zwei Top-Bands und zwei Top-Redner, mit denen die Gesellschaften in die Bewerbung gehen können. Ein Slot bleibt aber immer noch frei, den wir mit Newcomern besetzen können.“

Denn auch im Bereich der Bands hätten es junge Talente schwer. „Wir haben ein Überangebot an Gruppen und müssen aufpassen, dass es nicht zu viel wird“, sagt Müller. „Um den großen Kuchen kämpfen zehn Top-Bands, da bleibt dann kaum mehr Platz für Nachwuchskräfte.“

Kölner Karneval: Knöllchen für die Crew an den Veranstaltungssälen

Die Event-Profis haben mit zahlreichen weiteren Themen zu kämpfen. An vielen Sälen herrscht Parkplatz-Not, das Ordnungsamt verteile auch an den Band-Bussen, die meist nur eine halbe Stunde vor Ort sind, Knöllchen. „Die ganze Stadt lebt im Januar und Februar von diesem Fest. Aber kommt sie auch dieser Verantwortung nach?“, fragt sich Müller. „Wo ist die Wertschätzung der Verwaltung für das Brauchtum, was so viel Geld in die Stadtkasse spült?“ Dem kann Cantz nur beipflichten: „München weiß, was das Oktoberfest für die Stadt bedeutet.“

Außerdem hat sich die Künstlersozialkasse das Thema Karneval erstmals auf die Agenda gesetzt und kann Abgaben bis zu fünf Jahre rückwirkend verlangen. Ab vier Veranstaltungen besteht bei einer Gesellschaft eine Abgabepflicht. Die Verantwortung, dass die Beiträge ordnungsgemäß abgeführt werden, liegt bei den Vereinen. Das Festkomitee Kölner Karneval hilft in dem Bereich auch mit Seminaren.