Karneval statt ComedyDjavid ist ein neuer jecker Stern am Redner-Himmel – „auch Ausländer haben Humor“

Djavid bei seinem Auftritt im Gürzenich.

Von der Comedy- auf die Karnevals-Bühne. Djavid will sich im hart umkämpften jecken Geschäft durchsetzen und hat dafür schon viel Lob bekommen.

Viele neue Redner gehen im hart umkämpften Geschäft um die wenigen Auftrittsmöglichkeiten im Karneval unter. Ein Neuling sorgt nun jedoch für Furore: Djavid wagt den Sprung aus dem Comedy-Bereich in die Bütt.

Im Kölner Karneval sind neue Büttenredner Mangelware. Für viele ist die Herausforderung, sich im jecken Haifischbecken zu behaupten, einfach zu groß. Einer, der nun den Schritt gewagt hat, ist Djavid Sediqi.

So wie Volker Weininger (2012) und Ingrid Kühne (2013) schaffte der Mann, der auch über sich selbst lachen kann, den Schritt auf die Vorstellbühne der Kajuja Köln. Im September wurde Djavid im Theater am Tanzbrunnen als Neuentdeckung und Abräumer des Abends gefeiert.

Djavid hat bereits 40 Auftritte in der laufenden Session

Die Große Kölner KG mit ihrem Präsidenten Joachim Wüst und Vizepräsident Harald Hahn hat seit vielen Jahren ein offenes Ohr für den Nachwuchs. „Man muss dem Nachwuchs nicht nur eine Chance geben, sondern ihnen auch die richtige Bühne bieten. Es bringt niemanden etwas, wenn ein Literat einen Nachwuchsredner zu später Stunde für seine Sitzung bucht. So kann eine vielversprechende Karriere ganz schnell vorbei sein“, betont Hahn und buchte ihn für den Sessionsstart.

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Vor seinem ersten Auftritt im Gürzenich traf EXPRESS.de den neuen Stern am Kölner Redner-Himmel und sprach mit ihm über seine Flucht, den Respekt vor dem Karnevalspublikum und das Problem, dass das Karnevalsgeschäft mit dem Nachwuchs nicht immer fair umgeht.

Du stammst gebürtig aus Afghanistan, lebst aber in deiner Wahlheimat Köln.

Djavid Sediqi: Der Grund, warum wir nach Köln gekommen sind, ist, dass wir in einem Land lebten, in dem seit 45 Jahren Krieg herrscht. Wir haben in Kabul, was lange Zeit unter Beschuss lag, gelebt. Dennoch wollten meine Eltern ihr Heimatland nicht verlassen. Mein Vater war Geologe und es ging uns gut. Erst als direkt neben unserem Haus eine Rakete einschlug und ich schwer verletzt wurde, haben wir Afghanistan verlassen. Da war ich zehn Jahre alt.

Wieso gerade Deutschland?

Djavid Sediqi: Wir hatten die Wahl zwischen den USA und Deutschland. USA, weil die ganze Familie meiner Mutter in San Francisco lebt und Deutschland, weil ein Bruder von meinem Vater in Sankt Augustin wohnt. Ich bin bis heute unendlich dankbar, dass wir nach Deutschland kommen konnten, auch wenn die vier Jahre in der Flüchtlingsunterkunft nicht einfach waren. Die Verhältnisse waren so hart, dass wir fast wieder in den Krieg zurückgekehrt wären.

Djavid bei seinem Auftritt im Gürzenich.

Erstmals stand Djavid bei der Großen Kölner im Gürzenich auf der Bühne. Seit vielen Jahren hat die KG ein offenes Ohr für den Nachwuchs.

Trotz des Erlebten hast du dir zur Aufgabe gemacht Menschen zum Lachen bringen.

Djavid Sediqi: Das ganze Trauma, Krieg, dann in Deutschland vier Jahre in einem Zimmer mit acht Familienmitgliedern zu leben und dennoch die Schule und später mein Studium erfolgreich abzuschließen, hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, ehrgeizig zu sein und niemals aufzugeben. Eher durch Zufall entdeckte ich für mich die Comedy und merkte schnell: Das ist meine wahre Leidenschaft. Und so ist es zu meiner Berufung geworden, Menschen zum Lachen zu bringen.

Gab es in deiner Jugend schon Berührungen mit Karneval?

Djavid Sediqi: Ja klar, haben wir Karneval gefeiert. Allerdings wusste ich nicht, wie intensiv man in Köln feiert. Wir haben uns am 11. im 11. und von Weiberfastnacht bis Rosenmontag ins Getümmel gestürzt. Dass die Kölschen aber auch dazwischen nicht zu bremsen sind, das habe ich nicht gewusst.

Viele Comedians haben Angst und großen Respekt vorm Karneval. Wie siehst du das?

Djavid Sediqi: Der Karneval ist viel lauter und die Leute hören halt nicht immer zu. Das habe ich auch schon erlebt, aber da muss man durch und sein Ding durchziehen. Man muss sich einfach im Vorfeld darüber klar sein, dass Comedy und Karneval zwei ganz verschiedene Bühnen sind.

Was ist alles nach deinem erfolgreichen Auftritt bei der Kajuja auf dich eingestürzt?

Djavid Sediqi: Viele Karnevalsgesellschaften sind auf mich zugekommen. Einige Agenturen haben Interesse gezeigt, mit mir zusammenzuarbeiten. Ich wollte in die Karnevals-Szene rein und plötzlich durch die Kajuja bin ich drin. Ich bin der Kajuja sehr, sehr dankbar, dass sie mir es ermöglicht hat, vor so vielen Leuten auftreten zu dürfen. Ich kann es kaum glauben, aber ich habe schon für die Session 2026 Anfragen und für die aktuelle sind bereits über 40 Auftritte gebucht.

Djavid und Harald Hahn.

Harald Hahn (r.), Vizepräsident der Großen Kölner, gab Djavid die Chance, bei der Gesellschaft auf der Bühne zu stehen.

Zu Beginn deiner Rede erzählst du aus deiner Jugend. Themen, die eigentlich so gar nicht in den Karneval passen.

Djavid Sediqi: Ich möchte, dass die Leute mich ein bisschen kennenlernen. Ich will nicht nur irgendwas erzählen, was sie lustig finden, sondern auch sehen, wer hinter Djavid steckt. Natürlich überwiegt der Humor in meiner Rede. Ich erzähle zum Beispiel aus dem Blickwinkel eines integrierten Flüchtlings und Angestellten im Kölner Jobcenter. Ich bin Familienvater, erzähl über meine Kinder und über die Kuriositäten des Alltags. Dabei oute ich mich als Mett-Liebhaber und dass ich deswegen mit dem Islam beef habe.

Du stehst dafür, dass man mit Humor die Welt ändern kann. Wie kann man das aus deiner Sicht schaffen?

Djavid Sediqi: Viele Leute, die mich nicht kennen, haben Vorurteile. Wenn sie mich dann aber auf der Bühne erleben, merken sie, dass auch Ausländer Humor haben. Und genau das möchte ich den Leuten näherbringen, dass eben nicht alle Ausländer für schlechte Schlagzeilen stehen. Ich möchte sichtbar machen, dass es auch Menschen gibt, die einfach nur gerne leben und anderen Menschen etwas Gutes tun möchten.

Leider geht der Karneval nicht immer fair mit dem Nachwuchs um. Was hast du dir für die Session vorgenommen?

Djavid Sediqi: Ich bin Horst Müller und Guido Cantz sehr dankbar, dass sie mich mit ihrer Agentur ein bisschen an die Hand genommen haben. Sie haben mich davor gewarnt, keinen Auftritt zu später Stunde anzunehmen und haben mich auch schon das eine oder andere Mal gerettet und mir klargemacht, dass man eben nicht jede Anfrage annehmen muss. Im Karneval die Leute zum Lachen zu bringen ist nicht einfach und man muss sehr viel an sich arbeiten. Ganz wichtig: Sollte es an einem Abend mal nicht so rundlaufen, nicht aufgeben.