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„Schreie in der Nacht“Boris Becker packt über Knast-Leben aus

Boris Becker verbrachte 231 Tage in England im Gefängnis, verbrachte die Zeit hinter Gittern ohne Sonderbehandlung. Über die schwere Zeit berichtet er in Kürze in einem Buch.

Der Tiefpunkt seines Lebens begann für Boris Becker am 29. April 2022. Wegen Insolvenzvergehen wurde die Tennis-Legende in England schuldig gesprochen, verbrachte von dort an mehr als ein halbes Jahr im Gefängnis.

Nach vielen Glamour-Jahren und dem anschließenden Absturz landete die deutsche Sport-Ikone im Knast, eine Sonderbehandlung war ihm dabei nicht vergönnt. Über die schwere Zeit hat Becker jetzt ein Buch geschrieben, „Inside“ erscheint am 10. September.

Boris Becker: „Spielschulden bei richtigen Verbrechern“

Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ sprach er vorab über seine dramatischen Erfahrungen hinter Gittern. Schon im ersten Monat im Gefängnis verlor Becker sieben Kilo Gewicht. „Seelischer Stress, wenig Essen, kein Alkohol, keine Süßigkeiten. Abendessen gab es schon um 16 Uhr“, sagte er über die veränderten Gewohnheiten.

Zur Vorbereitung auf den Aufenthalt habe er vor dem Urteilsspruch mehrere Gefängnis-Filme geschaut und sich an den dort gezeigten Verhaltensweisen orientiert, verriet Becker

„Deine Körpersprache ist wichtig. Gehe mit geradem Rückgrat und halte dein Kinn hoch. Wenn du Schwäche oder Angst zeigst, kommt einer der vielen Bullys in deine Zelle und macht dich fertig“, sagte er über die angelernten Verhaltensweisen.

Die erste Nacht in der Zelle sei blanker Horror gewesen, erinnert sich Boris Becker zurück. Als besonders schlimm habe er „die Schreie in der Nacht“ durch andere Häftlinge empfunden. „Als ob Menschen um ihr Leben schreien. Das geht die ganze Nacht so.“ In den ersten Nächten habe er gedacht: „Die wollen sich alle umbringen“.

Becker verbrachte die Zeit in einer Einzelzelle inklusive Schnurtelefon, von dem 15-minütige Anrufe getätigt werden durften. Von Luxus waren die Verhältnisse dennoch weit entfernt. „In manchen Nächten war es in meiner Zelle so kalt, dass ich in zwei Jacken und zwei Paar Socken schlief und mir ein Handtuch um den Kopf wickelte“, verriet Becker.

Negativ auffallen wollte er in Haft unter keinen Umständen. Anders als viele Mithäftlinge habe er daher kein ins Gefängnis geschmuggeltes Handy mit Internet-Zugang besessen. Bei mehrfachem Vergehen hätte sonst eine Verlängerung der Haftzeit gedroht.

Becker bemühte sich im Knast um einen den Umständen entsprechenden Alltag, war nicht isoliert von anderen Insassen. Fast schon klischeehaft: Bei einer Pokerrunde häufte er Spielschulden an, verzockte nach Gefängnis-Maßstäben durchaus happige 500 britische Pfund.

„Ich habe mit richtigen Verbrechern gepokert, die in meine Zelle kamen und mir eins über die Nase geben wollten, wenn ich nicht zahle“, erklärte Becker, dem schließlich ein Freund außerhalb der Gefängnis-Mauern mit einer Überweisung aus der Patsche half.