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Weltmeister-Trainer im Exklusiv-InterviewLöw adelt Flick – und kündigt Katar-Reise an

Bundestrainer Joachim Löw (r.) und Co-Trainer Hans Dieter Flick (l.) stehen auf dem Platz.

Erfolgreiches Duo: Am 13. Juli 2014 feierten Hansi Flick (l.) und Joachim Löw zusammen den Weltmeister-Titel mit Deutschland in Brasilien.

Vor dem Start der deutschen Nationalmannschaft in die Fußball-WM äußert sich Ex-Trainer Joachim Löw exklusiv bei EXPRESS.de über seinen Nachfolger, die Titelchancen und seine Katar-Pläne.

von Marcel Schwamborn (msw)

Joachim Löw (62) betreute die Nationalmannschaft mehr als 15 Jahre bei drei Weltmeisterschaften (2010, 2014, 2018), vier Europameisterschaften (2008, 2012, 2016, 2021) sowie beim Confed-Cup (2017).

Nach den Turnier-Enttäuschungen 2018 und 2021 verkündete der Weltmeister-Coach seinen Rücktritt. Seitdem tritt der 198-malige Bundestrainer nur noch sporadisch in der Öffentlichkeit auf. Vor dem ersten deutschen WM-Spiel gegen Japan (Mittwoch, 23. November 2022, 14 Uhr, ARD & Magenta TV) nahm er sich aber Zeit für ein Gespräch mit EXPRESS.de.

Joachim Löw reist nach der Vorrunde zur WM nach Katar

Wie verfolgen Sie die umstrittene Weltmeisterschaft? Joachim Löw: Noch bin ich zu Hause. Nach der Vorrunde werde ich aber nach Katar reisen. Ich möchte einfach ein paar Spiele – auch anderer Nationen – einfach mal aus neutraler Sicht besuchen, ohne jegliche Aufgaben. Hoffentlich sehe ich dann auch noch begeisternde deutsche Spiele. Ich bin einer der allergrößten Fans der Mannschaft und von Hansi Flick.

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Er hat übrigens verraten, dass Sie sich neulich noch mit ihm getroffen haben. Löw: Wir sind ständig in Kontakt, telefonieren häufig. Jetzt wollten wir uns noch mal treffen und waren zusammen Mittag essen. Da haben wir noch mal darüber gesprochen, was nun ansteht und worauf es ankommt. Für ihn ist es schließlich sein erstes Turnier als Cheftrainer.

Aber er hat doch vier Turniere mit Ihnen im Gespann erlebt? Löw: Es ist trotzdem etwas anderes. Als Bundestrainer stehst du in der vordersten Linie und bist ganz in der Verantwortung. Er muss am Ende immer Entscheidungen treffen und muss diese dann entsprechend vertreten. Natürlich ist es ein Unterschied zu seiner Zeit als Co-Trainer.

Trauen Sie ihm den Job denn zu? Löw: Hansi hat es eingehend bewiesen, dass er das richtige Händchen hat. Und natürlich ist es ein Vorteil für ihn, dass er eine gewisse Turniererfahrung mitbringt. Er war acht Jahre an meiner Seite und weiß, was bei so einem Turnier wichtig ist und was vielleicht den Ausschlag geben kann. Es ist bekannt, dass er eine sehr große Empathie für die Spieler hat. Das ist wichtig im Turnier, mit allen im Gespräch zu sein und beispielsweise die Führungsspieler mit in die Verantwortung zu nehmen.

Joachim Löw: „Hansi Flick hat eine sehr große Empathie“

Worauf kommt es noch an? Löw: Er weiß, worauf man bei einer WM vorbereitet sein muss. Ein Turnier ist nicht von Anfang bis zum Schluss planbar. Es gibt unterschiedliche Momente, Gefühle, Emotionen und manchmal auch unterschiedliche Ergebnisse (lacht). Er weiß auch, wie wichtig seine engsten Mitarbeiter sind.

Sie meinen, seine Co-Trainer? Löw: Ein Trainer braucht in vielen Bereichen gute Berater, die ihre Stärken in den jeweiligen Arbeitsfeldern haben. Hansi hat ein hervorragendes Team um sich herum, das unglaublich professionell ist. Jeder stellt seine Eitelkeiten hintenan. Bei allen Turnieren hatte man bei der Nationalmannschaft immer das Gefühl, dass alle von früh morgens bis spät abends alles tun, um die Mannschaft zu unterstützen, um erfolgreich zu sein. Das sind wichtige Stützen und Ratgeber.

Wie stark hat Hansi Flick Sie damals unterstützt? Löw: Ein Trainer kann nicht mehr alles allein entscheiden. Die anderen müssen ihn bestärken oder manche Dinge kritisch hinterfragen. Da wird diskutiert, es gibt unterschiedliche Meinungen. Unsere Stärke war, dass wir eine absolute Einheit waren. Zwischen uns passte kein Blatt Papier, das war wie Pech und Schwefel, obwohl es in manchen Dingen unterschiedliche Auffassungen und Sichtweisen zwischen uns gab. Trotz allem haben wir uns immer gegenseitig vertraut. Dies zu spüren, ist wichtig.

Jetzt hat Flick unter anderem Hermann Gerland in seinem Team. Löw: Hermann hat wahnsinnig viel Erfahrung und ein gutes Auge für einzelne Spieler. Er erkennt, wenn jemand Sorgen hat und vielleicht eine individuelle Ansprache braucht. Da ist er sehr erfahren und hoch qualifiziert.

Zurück zur Mannschaft: Ist sie in Ihren Augen gut genug? Löw: Absolut. Die Mannschaft hat sich im vergangenen Jahr stabilisiert, sie ist eingespielter. In meinen letzten zwei, drei Jahren gab es immer das Thema des Umbruchs, dann war da die Pandemie. Viele Spieler waren verletzt, wir hatten unterschiedliche Kader-Zusammenstellungen. Das war nicht so einfach. Hansi hat es hinbekommen, dass sich das Team in den WM-Quali- und Nations-League-Spielen findet.

Was trauen Sie dem Team zu? Löw: Die Mannschaft hat eine hohe Qualität, die Ergebnisse waren überwiegend gut, auch die Art und Weise des Fußballs. Deutschland gehört auf jeden Fall zu den Mit-Favoriten um den Titel, so optimistisch bin ich. Ich weiß auch, dass bei einem Turnier mehrere Dinge zu beachten sind. Es gibt auch andere Nationen, die hohe Qualität mitbringen.

Also haben Sie keine Bedenken, dass es erneut ein frühes Turnier-Aus gibt? Löw: Japan, Spanien und Costa Rica spielen auch auf einem sehr guten Niveau. In der K.-o.-Runde sind die Spiele meistens auf Messers Schneide. Da zählt die Tagesform, einzelne Situationen im Spiel. Man muss als Trainer für solch ein Turnier neben Optimismus auch Realismus mitbringen. Frankreich, Argentinien, Brasilien, England, Belgien oder Holland spielen alle auf einem sehr guten Niveau, mit Spielern aus Top-Ligen, die individuell große Klasse mitbringen. Die Spiele sind eng, da muss schon sehr viel stimmen. Wenn man von 32 Mannschaften die beste sein will, muss das Meiste passen, ein besonderer Spirit herrschen und einiges mehr. Hansi weiß, dass man nicht ohne jegliche Probleme durch ein Turnier gehen kann.

Joachim Löw zur Binden-Debatte: „Es zählt jetzt der Sport“

Zuletzt wurden viele andere Dinge besprochen, unter anderem das Verbot der „One-Love“-Binde. Kann dies das Team ablenken? Löw: Ich glaube, dass die Mannschaft diese Konzentration mitbringt. Wir haben viele Spieler, die in ihren Vereinen schon große Erfahrungen gesammelt haben. Sie sind in der Lage, sich auf die Spiele zu konzentrieren. Da lässt sich das Team nicht von anderen Dingen aus der Ruhe bringen oder in Diskussionen verstricken. Es zählt jetzt der Sport. Unsere Mannschaft hat schon die Aufgabe, gute Ergebnisse zu erzielen und den Menschen daheim Freude zu bereiten mit der Spielweise. Das ist die wichtigste Aufgabe. Dass unsere Spieler unsere Werte vertreten, steht außerhalb jeglicher Zweifel.

Wer kann Deutschlands WM-Trumpf werden: Jamal Musiala vielleicht? Löw: Wir haben einige Spieler, die der Mannschaft etwas Besonderes geben können. Klar, Jamal ist hochtalentiert. Auf der anderen Seite ist es sein erstes Turnier. Bei einer Weltmeisterschaft sollte man die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen. Er kann für entscheidende Momente sorgen, aber das muss man mal sehen. Man darf von einem jungen Spieler in seinem ersten Turnier nicht direkt Wunderdinge erwarten. Es gibt andere, die vorangehen und Verantwortung übernehmen müssen.