Löw reagiert auf scharfe Matthäus-Kritik„Wer was sagt, ist mir völlig egal“

Jogi_Training

Der Bundestrainer wirkt nach der harten Kritik nachdenklich: Joachim Löw beim Abschlusstraining in Kiew.

Kiew – Der Ton rund um die Nationalmannschaft wird rauer. Vor seinem 185. Länderspiel in seiner mehr als 14-jährigen Amtszeit steht vor allem Joachim Löw (60) im Fokus der Kritik. Allen voran Rekord-Weltmeister Lothar Matthäus (59) hatte scharfe Kritik am Bundestrainer geübt.

Joachim Löw: „Ich mache alles aus größter Überzeugung“

Doch an Löw prallen die Attacken der Ex-Nationalspieler noch ab. „Ich habe in den letzten zwei Tagen nichts gelesen, weil es mir völlig egal ist, wer was und wie sagt. Es gibt unterschiedliche Meinungen, so ist es eben. Die Dinge, die ich mache, mache ich aus größter Überzeugung“, sagt er am Freitag nach der Landung in Kiew.

GnabryAbreise

Auch Bayerns Serge Gnabry machte sich am Freitag mit auf den Weg von Köln nach Kiew.

„Warum wir was machen, welche Spieler wir schonen – das hat alles Gründe. Natürlich hat es mich geärgert, dass wir wieder ein spätes Unentschieden kassiert haben. Schließlich will man immer gewinnen. Aber es ist klar, dass man in diesem Jahr besonders aufpassen muss. Deshalb gibt es Testspiele, das ist eine sehr gute Gelegenheit, jüngeren Spielern die Gelegenheit zu geben, ihr Können zu zeigen. Florian Neuhaus zum Beispiel hat ein gutes Debüt gegeben“, sagt Löw.

Alles zum Thema Joachim Löw

Durch die unsinnige Terminplanung mit drei Länderspielen innerhalb von sieben Tagen sah sich der Bundestrainer genötigt, Bundesliga-Ergänzungsspieler zu nominieren und Leistungsträger frühzeitig auszuwechseln, um diese zu schonen. Das Resultat war eine inhomogene Mannschaft, die dreimal eine Führung hergab.

Neuer-Abreise

Manuel Neuer besteigt den Bus zum Flughafen. Samstag steht der Kapitän wieder im Tor.

„Das Ergebnis steht nicht über allem, das man vielleicht in der Außenwirkung anders sein“, sagt Löw. „Klar gibt es nach einem 3:3 gegen die Türkei Kritik, das kann ich verstehen. Aber das beeinflusst mich wenig. Jeder hat das Recht, kritisch zu sein und seine Meinung zu äußern. Aber ich kann die Situation sehr gut selbst einschätzen. Dafür bin ich zu lange dabei. Ich erwarte in diesen Spielen keine Wunderdinge. Die Zeit des Einspielens kommt schon noch. Natürlich weiß ich auch, dass es durch die Wechsel einen Bruch im Spiel geben kann. Aber ich bin überzeugt von dem Plan bis zum nächsten Jahr.“

DFB-Präsident Fritz Keller erwartet nun Sieg von Löw

Trotz aller Planspiele und der notwendigen Belastungssteuerung muss aber mal wieder ein Länderspielsieg her. „Jetzt gibt's nur einen Weg: punkten und punkten! Wir können es uns nicht leisten, abzusteigen“, sagte bereits Präsident Fritz Keller (63). Nach den beiden Auftakt-Unentschieden gegen Spanien und die Schweiz muss nun gegen die Ukraine (Samstag, 20.45 Uhr, ARD) der Dreier her.

Das weiß auch Löw. „Unsere erste und wichtigste Aufgabe ist es, das Spiel zu gewinnen. Wir sind in den letzten Spielen auf gewisse Widerstände gestoßen, die müssen wir nun überwinden. Wir lassen uns nicht vom Ergebnis der Ukraine in Frankreich (1:7, d. Red.) blenden. Die Spieler, die gegen uns auflaufen werden, sind am Mittwoch weitestgehend geschont worden.“

Toni Kroos, Timo Werner und Serge Gnabry fit für Ukraine-Spiel

Zuversicht schöpft der Coach vor allem aus der Tatsache, dass er erstmals seit November 2019 wieder die Bayern-Stars dabei hat. Alle nominierten Spieler – auch die zuletzt angeschlagenen Toni Kroos (30), Timo Werner (24) und Serge Gnabry (25) – sind fit. Joshua Kimmich (25) ist zum Beispiel einer dieser Leader, der dem DFB-Team zuletzt gefehlt hatte.

Kimmich-Abreise

Seine Führungsqualitäten sind gefragt. Joshua Kimmich bei der Abreise am Freitag aus Köln.

„Joshua ist die personifizierte Leidenschaft und Professionalität. Er ist extrem ehrgeizig und motiviert in jedem Training. Er strahlt Gewinner-Mentalität aus und hat sich bei den Bayern und bei uns auf der Position festgespielt“, sagt Löw. „Er strahlt in seinen jungen Jahren sehr viel Führungsqualität aus und beschäftigt sich ständig mit dem Fußball.“

Löw freut sich auf 20.000 Fans in Kiew

Am Samstagabend werden in Kiew übrigens – obwohl die Ukraine ein Risikogebiet ist – rund 20.000 Fans im Olympiastadion sitzen. Der Bundestrainer hat dabei aber kein mulmiges Gefühl. Im Gegenteil: „Ich denke, dass für niemanden auf dem Spielfeld oder in den Kabinen eine Gefährdung vorliegt. Für uns alle ist es mal wieder schön, wenn eine gewisse Stimmung da sein wird. Das haben wir schon lange vermisst, darauf kann man sich freuen.“ Bleibt abzuwarten, ob sich Löw auch nach dem Schlusspfiff noch freuen kann oder ob die Kritik noch heftiger wird.