Ex-Kapitän bei Viktoria KölnMike Wunderlich spricht über sein Burn-out: „Wurde aufs Übelste beleidigt“

Mike Wunderlich bejubelt seinen Treffer zum 1:0.

Mike Wunderlich bei der Partie 1. FC Kaiserslautern gegen Hannover 96 am 15. Juli 2022 in der 2. Bundesliga.

Mike Wunderlich schaffte vergangene Saison mit dem 1. FC Kaiserslautern den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Sein Weg bis dorthin war jedoch von vielen Schattenseiten geprägt.

von Felix Rasten (fr)

Mit dem 1. FC Kaiserslautern feierte Mike Wunderlich (36) in der vergangenen Saison den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Nun, mit vier Punkten aus zwei Spielen, startete das Team von Betzenberg mehr als erfolgreich in die neue Saison.

Bereits am ersten Spieltag glänzte der 36-Jährige beim 2:1-Sieg gegen Hannover 96 mit dem ersten Treffer der Zweitliga-Saison. Doch der Weg von Wunderlich bis dorthin war von vielen Tiefpunkten in seinem Leben geprägt. 

1. FC Kaiserslautern: Mike Wunderlich litt an Depressionen und Erschöpfung

2010 startete der damals 24-Jährige mit dem damaligen Zweitligisten FSV Frankfurt erstmals so richtig durch: „In der Hinrunde lief es zunächst überragend für uns. Vielleicht sogar zu gut. Wir waren zwischenzeitlich nah dran an einem Aufstiegsplatz, ich wurde nach der Hinrunde in der „Kicker“-Rangliste als bester Spieler im Mittelfeld eingestuft“, erklärte Wunderlich gegenüber der „Sport Bild“.

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Der große Traum von der höchsten deutschen Spielklasse war somit zum „greifen nah“. Doch ihm „wurde die Chance in die Bundesliga zu wechseln, nicht ermöglicht.“ Der FSV ließ Wunderlich nicht gehen: „Irgendwie brach eine Welt in mir zusammen.“

„Zudem lief die Rückrunde sehr schlecht für uns, ich könnte mich nicht mehr motivieren zum Training zu kommen. In meinem Zustand war nicht mehr an Fußball zu denken. Zum Glück hatte mein Vater meine schwierige Situation erkannt, mich sofort nach Hause geholt und zu einem Psychologen gebracht“, erklärte der Lautern-Star.

Die Diagnose: Burn-out! Depressionen und Erschöpfung zeichneten diese Phase seines Lebens. „Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und hatte – nein, ich habe – eine große Schwäche: Ich kann nie mit etwas zufrieden sein. Damals in Frankfurt konnte ich das nicht kanalisieren. Ich hatte einfach auf nichts mehr Lust“, so der gebürtige Kölner.

Nach seiner Erkrankung war Wunderlich im Januar 2011 auf Leihbasis zu seinem Heimatverein Viktoria Köln gewechselt, um sich zu regenerieren und Spielpraxis zu sammeln. Doch der Stürmer erlitt einen Rückfall. „Ich habe mich wieder beim Therapeuten in Behandlung begeben und bin bis Ende Juli krankgeschrieben. Es ist die gleiche Burn-out-Diagnose wie vor einem Jahr“, äußerte er damals gegenüber dem EXPRESS.

Nach dem sich seine Gesundheit wieder zum Besseren wendete, verpflichten ihn 2012 die Kölner dann fest – damals noch in der fünften Liga. Nach dem Aufstieg in die Regionalliga hatte Wunderlich wieder zu alter Stärke gefunden. Es gab sogar Gespräche mit dem damaligen Leverkusen-Coach Roger Schmidt (55) über einen Wechsel in die Bundesliga – der heute 36-Jährige blieb aus Dankbarkeit jedoch bei der Viktoria. 

Mike Wunderlich: Gegner wünschte seinen Kindern Depressionen 

Seine Erkrankung nutzten jedoch einige Gegenspieler aus, um den Kölner zu provozieren: „Ich war als Kapitän der Viktoria der dominanteste Spieler, und viele haben mir auf dem Platz Sprüche zugerufen.“ Später Relegations-Hinspiel zur 3. Liga gegen Carl-Zeiss Jena machte Wunderlich eine noch schlimmere Erfahrung.

In der 90. Minute rief er einem Gegenspieler „Halt's Maul, du Missgeburt“ zu: „Das war natürlich ein großer Fehler. Aber ich muss eines dazu sagen: Ich wurde das ganze Spiel aufs Übelste beleidigt. Als dann meinen Kindern Depressionen gewünscht wurden, ist es aus mir rausgebrochen.“

Ein weiterer Vorfall ereignete sich mit einem Linienrichter im Frühjahr 2013 bei einer Partie gegen Velbert. „Ich hatte einen Velberter angeschossen, und es hätte Einwurf für uns geben müssen. Der Linienrichter stand, ein zwei Meter entfernt und entschied gegen uns. ‚Wie kannst du so etwas nicht sehen?‘ habe ich ihm dann zugerufen. Seine Antwort lautete: ‚Du hast doch dein Freistoß-Tor geschossen, mehr kannst du ja eh nicht mehr, du warst ja an Burn-out erkrankt.‘“

Nach der Partie fragte der Stürmer beim Offiziellen nach, was diese Aktion denn sollte. Der Linienrichter lachte nur und winkte ab. Wunderlich nannte ihn daraufhin ein „arrogantes Schwein“, was mit vier Spielen Sperre bestraft wurde. Obwohl vor dem Sportgericht ein Gegenspieler als Zeuge für den damaligen Viktoria-Akteur aussagte, blieb die Strafe bestehen.

2021 folgte dann der Wechsel zum 1. FC Kaiserslautern, mit denen er im Relegations-Duell gegen Dynamo Dresden direkt den Aufstieg in die 2. Bundesliga schaffte.

„Dass ich Köln 2021 Richtung Lautern verlassen habe, war für mich ein sehr schwerer Schritt, aber ich wollte es mir nochmal einmal beweisen und die letzte Chance nutzen, in der zweiten Liga zu spielen. Und was soll ich ihnen sagen: Es war die beste Entscheidung.“ (fr)