Diskussion um Sechser bei den BayernErster großer Zoff zwischen Tuchel und Hoeneß?

Bislang schien es zwischen Bayern-Boss Uli Hoeneß und Trainer Thomas Tuchel zu passen. Beide sprachen in höchsten Tönen über den anderen. Jetzt gibt es eine erste Meinungsverschiedenheit.

von Denis Canalp (can)

Beim FC Bayern dreht sich dieser Tage alles um die Transferpolitik. Die Wechsel der Engländer Harry Kane (29) und Kyle Walker (33) sollen sich auf der Zielgeraden befinden, der Transfer des Südkoreaners Min-jae Kim (26) aus Neapel ist schon perfekt, wenngleich noch nicht offiziell vermeldet.

Raphael Guerreiro (29) und Konrad Laimer (26) wechseln ablösefrei an die Säbener Straße. Die Bayern sind auf dem Transfermarkt sehr aktiv, doch eine Frage lässt aufhorchen.

Dem FC Bayern fehlt ein Sechser wie Declan Rice

Bayern-Trainer Thomas Tuchel (49) wurde am Samstag (15. Juli 2023) während der Pressekonferenz zum Auftakt des Trainingslagers des Rekordmeisters am Tegernsee zu Declan Rice (24) befragt.

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Der defensive Mittelfeldspieler wechselt innerhalb der englischen Premier League von West Ham United zum FC Arsenal. Der Nationalspieler der „Three Lions“ kostet 116 Millionen Euro.

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Bevor die „Gunners“ den Transfer eintüteten, hatten die Bayern auch schon ihr Interesse an dem zweikampfstarken Sechser signalisiert. Besonders Tuchel soll von Rice begeistert gewesen sein, da der Coach die aktuelle Besetzung der defensiven Mittelfeldzentrale als größtes Bayern-Problem ausgemacht hat. 

Da der Spieler aber früh das Zeichen gab, sich bereits mit Arsenal über einen Transfer einig zu sein, ließen die Bayern locker, gaben erst gar kein Angebot für den Engländer ab.

Seitdem ist es ruhig geworden, um einen neuen Sechser bei den Bayern. Nur wenige Gerüchte behandeln konkret einen defensiven Mittelfeldspieler, die zwischendurch genannten Sofyan Amrabat (26) und Edson Alvarez (25) fielen offenbar durchs Raster.

Eigentlich alles dreht sich bei den Bayern derzeit um Kane, Kane, Kane und nochmals Kane. Ein Sechser ist gerade kein Thema rund um die Allianz-Arena.

Der FC Bayern schießt immer weniger Tore

Zwar hatten die Bayern in der vergangenen Saison keinen echten Torjäger in ihren Reihen – und schon gar keinen wie den nach Barcelona abgewanderten Robert Lewandowski (34). Und doch liest sich die Offensivbilanz mehr als ordentlich: 92 Treffer erzielten die Bayern in 34 Bundesligaspielen. In den Jahren zuvor waren die Zahlen zwar noch besser, lagen bei 97, 99 und 100 Bundesligatoren, doch auch 92 Tore reichen in der Regel, um die Liga nach Belieben zu beherrschen.

Der Schuh drückt eigentlich auf der Sechs. Vor allem, wenn es darum geht, international mit den Top-Klubs mitzuhalten. Tuchel sucht einen Partner, der besser mit Joshua Kimmich (28) harmoniert, als es Leon Goretzka (28) aktuell tut. Der neue Mann sollte laut Tuchel vor allem Kimmich den Rücken freihalten – ein Mann wie Rice eben.

Am Samstag sagte Tuchel auf die Frage, warum es mit dem Rice-Transfer nicht geklappt habe: „Er hat ein Profil, das wir meiner Meinung nach so nicht im Kader haben.“ Wer dem Bayern-Coach genau zuhörte, der konnte durchaus raushören, dass Tuchel einen defensiven Mittelfeldspieler haben will. Auch wenn er es nicht so deutlich formulierte, wie einst Pep Guardiola (52) mit seinem längst legendären Ausspruch: „Thiago – oder nix!“ Einen Spielertyp wie Rice bezeichnete Tuchel immerhin als potenziell „interessante Ergänzung“ zum bisherigen Kader der Bayern.

Erster Machtkampf zwischen Tuchel und Hoeneß?

Doch die Bayern-Bosse um Uli Hoeneß (71) sehen das wohl anders. Denn nur wenige Stunden nach der Tuchel-PK sprach Hoeneß – und der Transfer-Hauptverantwortliche bei den Bayern widersprach seinem Trainer.

Und das deutlich: „Die Frage auf der Sechs stellt sich mir gar nicht, weil Laimer ein Transfer ist, an dem wir sehr, sehr viel Spaß haben werden.“ Rumms! Eine Aussage, die wenig Spielraum für Interpretationen übriglässt. 

Klar ist: Im Bayern-Mittelfeld herrscht großes Gedränge: Leon Goretzka, Ryan Gravenberch (21), Marcel Sabitzer (29) buhlen neben Laimer um den Platz neben Kimmich. Selbst Jamal Musiala (20) spielte dort schon in der Vergangenheit. Die Profis haben aber alle etwas gemeinsam: Sie sind keine klassischen Sechser, sondern eher Achter, also offensiver positioniert – auch Laimer.

Bahnt sich da etwa der erste Streit zwischen Tuchel, dem ohnehin in der Branche ein schwieriges Verhältnis zu Chefs unterstellt wird, und dem allmächtigen Hoeneß an? Pocht Tuchel auf seinen Sechser und gefährdet so den Burgfrieden mit den Bossen? Harmonie sieht jedenfalls anders aus.