„Wenn der beste Spieler Deutschlands das sagen würde“Coming-out im Fußball? So denkt Ralf Schumacher

Ralf Schumacher und sein Lebensgefährte Etienne gehen durch das Fahrerlager.

Ralf Schumacher und sein Lebensgefährte Etienne beim Großen Preis von Monaco.

Ralf Schumacher hat die Reaktionen auf sein Coming-out positiv erlebt. Würde das im Fußball auch so reibungslos funktionieren?

von Antje Rehse  (are)

Vor knapp einem Jahr wagte er den Schritt: Im Juli 2024 zeigte sich Ralf Schumacher (49) in einem Instagram-Post erstmals öffentlich an der Seite seines Partners Etienne.

Das Coming-out des ehemaligen Formel-1-Fahrers schlug hohe Wellen – sehr zur Überraschung von Schumacher selbst, wie er nun zugegeben hat. 

Schumacher über Coming-out: „Eigentlich soll es nicht mutig sein“

„Also ganz ehrlich, es waren ja andere Themen und ich dachte, andere Themen wären auch viel wichtiger als ich auf meine alten Tage“, so der TV-Experte im Sky-Interview, der sein Coming-out am 14. Juli 2024 eine Stunde vor Anpfiff des Finals der Europameisterschaft in Deutschland postete. „Und das ist vielleicht das einzige, ich will jetzt gar nicht sagen ‚Problem‘, aber dass es halt immer noch ein großes Thema ist. Jeder soll doch machen, was er möchte, solange er niemanden damit stört, beeinflusst oder beeinträchtigt.“

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Für ihn sei der Schritt vor allem deshalb wichtig gewesen, weil er sich mit Etienne ganz frei und unbeschwert in der Öffentlichkeit bewegen wollte. „Für mich hat sich gar nichts verändert. Ist ja auch keine große Sache eigentlich. Ich habe es auch nur gemacht, damit mein Partner und ich – also Etienne und ich – auch wirklich ganz normal ins Fahrerlager gehen können und uns ganz normal bewegen können.“

In der Formel 1 habe es keine einzige negative Reaktion gegeben, betont Schumacher. „Viele Teamchefs sind auf mich zugekommen, auch die Fahrer. Also das war auch nie ein großes Thema, ganz im Gegenteil. Und dann hat der eine oder andere gesagt: ‚Finde ich verdammt mutig.‘ Und dann sage ich, nein, eigentlich soll es nicht mutig sein, sondern man muss es so machen, wie man sich fühlt.“

Zuletzt hatte Schumacher Sebastian Vettel (37) kritisiert, nachdem dieser Schumachers Mut gelobt hatte. Auf Instagram hatte sich der Sky-Experte zwar für die Wertschätzung bedankt, sich aber an einer Formulierung massiv gestört. „Aber natürlich ist der Motorsport noch die Welt, in der alte weiße Männer eine Benzin-Party feiern“, hatte Vettel gesagt. „Allerdings finde ich die Bemerkung über alte weiße Männer völlig daneben, weil es nicht der Wahrheit entspricht. Finde diese Formulierung sehr engstirnig“, schrieb daraufhin Schumacher. „Ich glaube, dass die Formel 1, die Sponsoren, die Partner auch ein ganzes Stück weiter sind“, sagte er nun.

Noch immer hat sich in Deutschland kein aktiver Bundesliga-Profi geoutet. Der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger (43) wagte den Schritt erst nach der Karriere. Wenn sich die Motorsport-Königsklasse so tolerant zeigt, wäre das nicht ein Zeichen an den Fußball?

Ein paar Bedenken hat Schumacher schon. „Fußball ist natürlich so eine Männerdomäne, gerade auch im Lokal und die ganzen 84 Millionen Fußballtrainer, die es da so gibt. Da könnte ich mir schon vorstellen, dass das ein bisschen schwerer ist“, sagte er.

Gleichzeitig macht er queeren Profis Mut: „Ich glaube nicht, dass Spieler untereinander und die Klubs ein Problem damit hätten. Das sind vielleicht noch so Alteingesessene, die das Problem damit hätten. Auf der anderen Seite: Wenn der beste Spieler Deutschlands das sagen würde, glaube ich nicht ... Da ist das Tor wichtiger als das, was er zu Hause macht. Da bin ich mir ziemlich sicher.“

Er selbst hat sein öffentliches Coming-out jedenfalls nicht bereut. Auf die Frage, ob er es wieder so machen würde, sagte Schumacher: „Wie gesagt, für uns war es durchweg positiv, deshalb ja.“ Der Bruder von Formel-1-Legende Michael Schumacher (56) erklärte: „Man muss gar nicht so viel Angst davor haben. Wichtig ist, dass man es mit der Familie und den Freunden irgendwo abspricht, damit die es nicht aus den Medien erfahren. Der Rest kommt ganz von allein. Da macht man sich viel zu viel verrückt.“