Auch FC-Gedanke war „mal im Kopf“CL-Debüt gegen Barca: Kölnerin krönt „Auf-und-Ab-Karriere“ im Ausland

Anna Gasper spielt den Ball im portugiesischen Supercup.

Anna Gasper, hier am 13. September 2023 im portugiesischen Supercup gegen Sporting, spielt seit Jahresbeginn bei Meister Benfica in Lissabon.

Seit Winter spielt die Kölnerin Anna Gasper beim portugiesischen Meister Benfica, jetzt feiert sie in der Uefa Women’s Champions League ihr Debüt gegen den FC Barcelona. Damit lebt auch der Traum vom Nationalteam wieder.

von Béla Csányi (bc)

Ihre Fußball-Karriere begann Anna Gasper (26) im Alter von fünf Jahren auf Asche in Köln, spielte jahrelang in den Jungs-Mannschaften von DJK Südwest. Am Dienstag (14. November 2023) steht sie vor ihrem Debüt in der Uefa Women’s Champions League (UWCL), gastiert dort mit Portugal-Meister Benfica Lissabon bei Titelverteidiger FC Barcelona.

Im Interview mit EXPRESS.de spricht Gasper, die einer Familie mit leidenschaftlichen FC-Fans entstammt, über ihre „Auf-und-Ab-Karriere“ mit der ersten großen Auslands-Station in Portugal, ihre ursprünglichen Polizei-Pläne und den noch immer bestehenden Traum von einer Rückkehr zur Nationalmannschaft. 

Anna Gasper feiert UWCL-Debüt gegen die Besten der Welt

Anna Gasper, am 14. November geht die Champions League wieder los, mit Benfica spielen Sie zum Start gleich mal beim FC Barcelona. Wie groß ist die Vorfreude auf das Spiel beim Titelverteidiger?

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Anna Gasper: Beim Titelverteidiger zu spielen, ist sicher schwierig, aber die Vorfreude auf das Duell gegen die besten Spielerinnen der Welt ist groß. Es ist klar, wer der Favorit in diesem Spiel ist. Wir glauben aber auch an uns selbst und haben das Selbstvertrauen, dass wir dort punkten können. Wir wissen alles einzuordnen und versuchen, es zu genießen.

Mit Aitana Bonmatí und Alexia Putellas warten die aktuelle und die vorige Weltfußballerin, die zuletzt auch den WM-Titel geholt haben. Ist das Duell für Sie eines der ganz großen Karriere-Highlights?

Gasper: Für mich kommt noch dazu, dass es mein Hauptrunden-Debüt in der Champions League wird. Wenn dann das erste Spiel gegen die Besten der Welt geht, ist es ein Highlight. Man möchte sich zeigen und will beweisen, was man kann.

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Neben Barca wartet auch Eintracht Frankfurt in der Gruppe. Ist ein Spiel in der UWCL in Deutschland für Sie am Ende sogar noch spezieller als Barcelona?

Gasper: Die Champions League ist immer ein Highlight, egal gegen wen man spielt. Dass es gegen Frankfurt geht, ist für mich und Lena (Gaspers deutsche Benfica-Kollegin Lena Pauels, Anm. d. Red.) schon etwas Besonderes, weil sich schon sehr viele Leute angekündigt haben. Familie und Freunde versuchen, bei diesem Spiel alle zu kommen.

Wie verfolgt die Familie zu Hause Ihre Portugal-Station?

Gasper: Ich habe täglich Kontakt zu meiner Familie, die alle im Kölner Raum leben. Ich bin mit meinem Zuhause in Portugal die einzige Ausreißerin. In Lissabon waren aber alle sehr schnell, das ist zum Glück ein attraktives Reiseziel.

Mit Barca, Frankfurt und Rosengard hat Benfica eine knackige Gruppe erwischt. Mit welchem Ziel gehen Sie in die Vorrunde?

Gasper: Wir haben das klare Ziel formuliert, in die nächste Runde einzuziehen. Mit den beiden Gegnern hinter Barcelona werden es Duelle auf Augenhöhe, wo die Tagesform entscheiden kann.

Benfica hat erst seit 2018 ein Frauenteam, ist inzwischen aber schon der dominante Klub in Portugal. Wie sind die Bedingungen?

Gasper: Hinter der Entwicklung steckt sehr viel Arbeit, das zeigt auch der Sprung der vergangenen Jahre auf Platz 15 im Uefa-Klubranking. Im Verein haben sich die Frauen nach und nach auch den Respekt erarbeitet. Seit Sommer trainieren wir am Campus, wo auch die Männer und Junioren-Teams trainieren. Schon letzte Saison haben wir vor 27.000 Zuschauern im großen Stadion das Lissabon-Derby gegen Sporting gespielt. Die Erfolge werden immer mehr anerkannt und das Team ums Team herum ist sehr professionell aufgestellt.

Nach den ersten Karriere-Jahren in Deutschland bei Bayer Leverkusen und Turbine Potsdam haben Sie zwischenzeitlich in Österreich gespielt. Wie kam letzten Winter dann der Kontakt mit Benfica zustande?

Gasper: Ich habe in Österreich Vollzeit gearbeitet und der Fußball ist zwischenzeitlich eher zur Nebensache geworden. Ich habe für mich selbst dann entschieden, dass ich mein Talent noch mal nutzen und professionell spielen möchte. Auch, um mir Zeit und Geld für mein Fernstudium in Sportmanagement zu ermöglichen, das ich inzwischen angefangen habe. Ich habe meinem Berater gesagt, dass mich Portugal als Land reizen und in meiner persönlichen Entwicklung weiterbringen würde. Nach meiner vorigen Situation haben wir aber beide nicht damit gerechnet, dass es am Ende Benfica werden würde.

Anna Gasper startete Polizei-Studium neben dem Fußball

Wie ging der Wechsel am Ende über die Bühne? Und wie fällt jetzt Ihr Zwischenfazit nach fast einem Jahr aus?

Gasper: Es war alles recht spontan, weil ursprünglich ein Sommer-Wechsel geplant war und alles dann doch schon im Winter über die Bühne ging. Die ersten Monate waren schon schwierig, ich war in einem neuen Land, konnte die Sprache nicht und musste auch mein Fitnesslevel erst mal wieder aufbauen. Im Endeffekt war genau dieses halbe Jahr aber gut, um mich hier schon einzugewöhnen, in dieser Saison durchzustarten und mich zu Hause zu fühlen. Es ist ein Riesen-Klub, die Fans stehen so leidenschaftlich dahinter. Das ist schon Wahnsinn. Ich selbst habe vom Verein das Feedback bekommen, dass sie sehr froh sind, mich jetzt hier zu haben. Und es war auch für mich definitiv die richtige Entscheidung.

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Sie haben nach dem Abitur und dem Wechsel zu Turbine Potsdam 2016 ein Studium zur Polizeikommissarin begonnen. Ist der Job noch eine Option für die Zukunft?

Gasper: In Deutschland habe ich das dreieinhalb Jahre gemacht, habe dann aber durch ein Praktikum gemerkt, dass es nicht das ist, was ich mein Leben lang machen möchte. Erst dort bekommt man in den täglichen Begegnungen mit, was es heißt, Polizistin zu sein.

Sie wurden vor einigen Jahren schon mal in die Nationalmannschaft berufen, einen Einsatz gab es damals aber nicht – jetzt sind Sie im besten Fußball-Alter und bei den DFB-Frauen ist gerade vieles in Bewegung. Lebt der Traum weiter?

Gasper: Für jeden, der Fußball spielt und es professionell macht, ist es natürlich das Ziel. Ich muss in meiner persönlichen Situation sagen, dass ich das nicht mehr so verbissen sehe – was aber, glaube ich, gut ist und nicht heißt, dass ich es nicht möchte. Aber ich kann mit einer gewissen Lockerheit rangehen und weiß: Wenn ich meine aktuellen Leistungen weiter bringe, habe ich das Ziel, auch eingeladen zu werden und mich in Deutschland zu zeigen.

Der DFB sitzt in Frankfurt – die Eintracht als Gegnerin in der Uefa Women’s Champions League wäre also die perfekte Gelegenheit …

Gasper: Definitiv! Die Champions League in Frankfurt – vielleicht ist dann doch der eine oder andere da. Es ist schon eine Chance, aber ich versuche mich trotzdem nicht zu sehr unter Druck zu setzen. Und wenn ich am Ende wirklich mein erstes Länderspiel machen darf, würde das meine ganze Auf-und-Ab-Karriere wirklich rund machen.

Vom möglichen Höhepunkt mal zu den Anfängen: Gebürtig kommen Sie aus Köln, haben hier schon mit fünf Jahren bei DJK Südwest gespielt. Wo kam die frühe Begeisterung für den Sport her?

Gasper: Wir haben schon immer bei uns auf der Straße gespielt. Und als meine älteren Brüder mich dann im Verein mal mit zum Training mitgenommen haben, sind sie mich da nicht mehr losgeworden. Ich habe in den Jungs-Mannschaften angefangen und dort bis zur U15 gespielt. Als es Mädchen-Teams gab, habe ich auch dort ausgeholfen. Am Ende bin ich aber mit noch einer Teamkollegin bei den Jungs groß geworden.

In der U19-Nationalmannschaft haben Sie früher mit Anna Gerhardt gespielt, die jetzt nach vielen Jahren wieder zurück nach Köln gewechselt ist. Wäre es für Sie auch eine Herzensangelegenheit, irgendwann mal für den FC zu spielen?

Gasper: So langfristig plane ich erst mal nicht, ich habe hier einen Vertrag bis 2025, den ich auch erfüllen werde. Meine Brüder würden ausflippen, weil alle in meiner Familie FC-Fans sind. Ich lasse alles auf mich zukommen, weil auch in diesen kommenden anderthalb Jahren noch viel passieren kann. Aber grundsätzlich war der Gedanke auf jeden Fall schon mal in meinem Kopf.

Anna Gasper bei einer Spielszene der Frauen-Bundesliga mit Turbine Potsdam gegen den 1. FC Köln am Ball.

Am Geißbockheim spielte Anna Gasper (v.) bislang nur als Gegnerin – so wie hier am 13. September 2019 beim Gastspiel mit Turbine Potsdam gegen den 1. FC Köln.

Aus Köln ging es in Ihrer Karriere nach Potsdam vor den Toren Berlins, dann nach Wien und jetzt nach Lissabon. Geht es irgendwann wieder zurück nach Hause?

Gasper: Meine Partnerin lebt in Wien, wo ich davor gewohnt und mich sehr wohlgefühlt habe. Aktuell sieht es daher so aus, dass es, wenn ich irgendwann aufhöre, Wien wird. Aber ich bin noch immer sehr heimatverbunden. Ich liebe Köln und trage das auch in mir, weil meine Familie dort lebt. Und ich höre hier ab und zu auch noch Karnevalslieder.