Er ist einer der Kölner Neuzugänge, die sich schwerer tun: Alessio Castro-Montes kam bislang nur zu vier Kurzeinsätzen für den FC in der Bundesliga. EXPRESS.de traf ihn zum Interview.
„Ehrlicher Austausch“Castro-Montes über Wechsel-Gerüchte & Kwasniok
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Alessio Castro-Montes (28) durfte am vergangenen Spieltag erstmals von Beginn an für den 1. FC Köln aufs Feld. Der Belgier erwischte keinen optimalen Tag, wurde beim 1:1 gegen Bremen nach 45 Minuten ausgewechselt. Immerhin war es sein längster Einsatz bislang im FC-Trikot.
Trainer Lukas Kwasniok (44) sagte über den Flügelflitzer: „Wir haben gemeinsam darauf hingearbeitet und er hat im Training mehr angeboten, er hat sich auch jetzt zurechtgefunden. Gegen Bremen hat er leider verwachst. Das passiert, ist aber bitter, wenn es im ersten Startelfeinsatz passiert. Deswegen kommt er bei mir aber nicht in eine Schublade, die ich zumache. Er hat unter Beweis gestellt, dass er eineVerstärkung sein kann, jetzt gilt es dranzubleiben. Schauen wir mal, wenn er die nächste Chance bekommt.“
Castro-Montes entschied sich für FC und gegen die Königsklasse
EXPRESS.de traf den belgischen Profi vor dem Heimspiel gegen den FC St. Pauli (Samstag, 6. Dezember 2025, 15.30 Uhr, Sky und Liveticker auf EXPRESS.de). Es ist sein erstes Interview, das er mit deutschen Medien geführt hat.
Alessio, wie beurteilen Sie Ihren Start beim 1. FC Köln?
Alessio Castro-Montes: Ich bin zufrieden. Der FC ist ein großer Klub, sogar noch größer als ich es erwartet habe. Die Fans sind absolut außergewöhnlich. Einige Spieler aus Belgien, die in der Bundesliga gespielt haben, hatten mir bereits vorgeschwärmt, aber diese Wucht hätte ich nicht erwartet. Ich bin rundum glücklich, auch weil meine Familie und ich uns in der Stadt sehr wohlfühlen. Die Nähe zu Belgien war auch mit ausschlaggebend für meinen Wechsel. Da wir im Februar Eltern geworden sind, ist es schön, nicht weit entfernt von der Grenze und unseren Eltern und Freunden zu leben.
Sie haben mit Ihrem Ex-Team Gilloise die Champions League erreicht, könnten nun also in der Königsklasse spielen. Wieso haben Sie sich dennoch für den Schritt zum FC entschieden?
Castro-Montes: Es war schon länger mein Wunsch mal außerhalb von Belgien zu spielen und meine Komfortzone zu verlassen. In Belgien habe ich über 300 Spiele gemacht, bin Meister geworden und habe zweimal den Pokal gewonnen. Ich hatte irgendwann einfach das Gefühl, dass es Zeit für ein neues Kapitel in meiner Karriere ist. Ich finde es wichtig, dass man sich nach einer gewissen Zeit auch noch mal neu herausfordert, um sich auf einem anderen Level zu beweisen. Die Champions League war zugegebenermaßen der einzige Grund, warum ich überhaupt noch gezweifelt habe. Das Ziel eines jeden Fußballers ist es ja, mindestens einmal in diesem Wettbewerb zu spielen. Doch nachdem ich die Auslosung gesehen habe, stand meine Entscheidung fest. Wenn wir mit Gilloise gegen Real oder Barca gespielt hätten, wäre ich vielleicht geblieben, aber gegen die Bayern spiele ich nun auch mit dem FC in der Bundesliga (schmunzelt).
Sie hatten im Sommer verschiedene Optionen. Was hat den Ausschlag für den FC gegeben?
Castro-Montes: In der Tat gab es im Sommer einige Vereine, die ihr Interesse bekundet hatten. Es musste aber schon etwas ganz Besonderes sein, damit ich auf die Champions League verzichte. Beim FC hatte ich sofort dieses besondere Gefühl. Hier habe ich die Chance, mich in der Bundesliga auf höchstem Niveau zu beweisen und persönlich meinen nächsten Schritt zu gehen. Das fühlt sich richtig an.
Was wussten Sie vorher über den FC? Gab es vielleicht sogar einen Austausch mit ehemaligen belgischen FC-Spielern wie Sebastiaan Bornauw?
Castro-Montes: Das hätte ich tatsächlich machen können. Ich kenne Seb nämlich sehr gut. Wir sind zusammen beim RSC Anderlecht ausgebildet worden. Er ist zwar etwas jünger als ich, dennoch haben wir teilweise im selben Jahrgang gespielt, wir waren sogar auf der gleichen Schule. Im Zuge meines Wechsels hatte ich aber keinen Kontakt zu ihm. Ich habe dafür mit meinem ehemaligen Mitspieler Dennis Eckert Ayensa über Köln und den FC geredet. Er kommt aus der Gegend und hat in der Jugend selbst mal beim FC gespielt. Er hat mir nur Positives über den Verein und das Umfeld erzählt. Und was die Atmosphäre betrifft, habe ich mit Freunden und Bekannten gesprochen, die am Wochenende über die Grenze fahren, um sich Bundesliga-Spiele des FC anzuschauen. Die haben in den höchsten Tönen geschwärmt, denn solche großen Stadien haben wir in Belgien nicht.

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Alessio Castro-Montes (1. FC Köln) mit Express-Redakteur Jürgen Kemper beim Interview.
Apropos große Stadien: Sie haben in Ihrer Karriere bereits an der Anfield Road gespielt. Wie ist die Stimmung im Rhein-Energie-Stadion im Vergleich dazu?
Castro-Montes: Anfield ist ein Mythos. Es ist etwas ganz besonderes, in diesem ehrwürdigen Stadion zu spielen. Man muss aber ehrlich sagen, dass die Stimmung gegen ein kleines Team aus Belgien nicht außergewöhnlich war. Es war daher nicht so beeindruckend, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wenn ich das mit Köln vergleiche, sind die Fans hier deutlich lauter und enthusiastischer. Unsere Fans unterstützen uns auch, wenn der Gegner Chancen hat. Das kannte ich bislang nicht, dass die Kurve kontinuierlich singt und Stimmung macht. Das motiviert ungemein und ist eine große Hilfe für uns auf dem Platz.
Sie kamen am letzten Tag der Transferperiode. Hat Ihnen der späte Wechsel den Start erschwert?
Castro-Montes: Natürlich ist es nicht einfach, wenn man als Letzter in eine Gruppe kommt, die sich seit Wochen gemeinsam auf eine Aufgabe vorbereitet. Es braucht dann ein bisschen Zeit, um sich zu integrieren, Kontakte zu knüpfen und sich an die Abläufe und den Rhythmus zu gewöhnen. Die Zeit der Anpassung ist inzwischen abgeschlossen. Jetzt schaue ich nur noch nach vorne und will so viele Spielminuten wie möglich sammeln.
Wer hat Ihnen bei der Integration besonderes geholfen?
Castro-Montes: Ich muss sagen, dass ich sehr herzlich aufgenommen wurde und all meine Mitspieler von Anfang an sehr hilfsbereit waren. Wir haben einen sehr guten Teamgeist. Ich habe das Gefühl, jeder steht für den anderen ein. Diese Offenheit hat es mir enorm erleichtert, mich an eine neue Umgebung zu gewöhnen. Ich bin glücklich, dass ich jetzt Teil der FC-Familie bin.
Was war die größte Umstellung vom belgischen Fußball auf den deutschen?
Castro-Montes: Der größte Unterschied ist, dass man in der Bundesliga praktisch jede Woche auf höchstem Niveau gefordert ist. Das ist in Belgien nicht so, da gibt es ein deutliches Gefälle innerhalb der Liga. In Deutschland entscheiden dagegen in nahezu allen Spielen lediglich Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage. Es gibt hier keine einfachen Spiele. Dazu ist die Intensität nochmal höher als in Belgien, auch daran muss man sich gewöhnen.
Castro-Montes ist Kwasniok dankbar für ehrlichen Austausch
Lukas Kwasniok hat nach Ihrem ersten Training gesagt: „Wir dachten, wir haben eine Mischung aus Neymar und Messi verpflichtet.“ Was sagen Sie zu diesem Vergleich?
Castro-Montes: Davon habe ich natürlich gehört, weil meine Mitspieler in der Kabine darüber Späße gemacht haben (lacht). Ich fand den Vergleich auch lustig, habe ihn aber nicht ernst genommen. Der Trainer hat mir gesagt, dass meine erste Woche sehr gut war, er danach aber nicht mehr ganz zufrieden mit den Trainingsleistungen war. Das war auch einer der Gründe, warum ich nach Wolfsburg nicht mehr gespielt habe.
Sie haben es angesprochen: Nach Ihrer ersten Woche hat er Sie direkt ins kalte Wasser geworfen und danach zwei Monate nicht mehr berücksichtigt. Hatten Sie Verständnis dafür?
Castro-Montes: Mir ist es in den ersten Wochen nicht zu 100 Prozent gelungen, die Erwartungshaltung an mich zu erfüllen. Ich wusste schon, was das Trainerteam von mir verlangt, und habe hart daran gearbeitet, die Dinge zu verbessern, die sie sehen wollten. Inzwischen habe ich das Gefühl, dass ich das verinnerlicht habe und wieder zurück in der Spur bin. Ich bin dankbar, dass der Trainer und ich so einen ehrlichen Austausch haben, er mir seine Meinung sagt und ich immer weiß, woran ich bin und arbeiten muss. Dass ich zuletzt in Bremen von Anfang an gespielt habe, zeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Wie schwer war die Zeit ohne Einsätze für Sie, kamen Zweifel bei Ihnen auf?
Castro-Montes: Es ist natürlich nicht einfach. Das Einzige, was man als Fußballer will, ist am Wochenende 90 Minuten auf dem Platz zu stehen. Die letzte Saison war die erfolgreichste in meiner Karriere. Ich habe vor Energie und Selbstvertrauen gestrotzt und war heiß auf die neue Herausforderung. Und wenn man dann erstmal etwas ausgebremst wird, ist das anfangs schon hart. Nach all den Jahren im Profi-Fußball bin ich erfahren genug, um das einzuordnen. Solche Phasen gehören im Fußball dazu, die hat fast jeder schon mal mitgemacht. Wichtig ist, dann dranzubleiben, weiter hart zu arbeiten und da zu sein, wenn man gebraucht wird.
Wie sehen Sie die Konkurrenz-Situation auf Ihrer Position?
Castro-Montes: Mein Vorteil ist, dass ich flexibel einsetzbar bin. Ich kann sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite spielen. Am Anfang haben es die Jungs super gemacht, wir sind mit sechs Punkten gestartet, da gab es für den Trainer keinen Grund zu wechseln. Inzwischen haben wir einige Verletzte und man sieht, dass wir jeden brauchen werden.
In Bremen standen Sie zum ersten Mal in der Startelf. Wie beurteilen Sie Ihre Leistung und warum mussten Sie bereits zur Pause runter?
Castro-Montes: Eigentlich habe ich mich gut gefühlt. Ich denke auch nicht, dass man mir die fehlende Wettkampfpraxis angesehen hat. Ich weiß natürlich, dass ich es deutlich besser kann, aber es war auch keine einfache Halbzeit für uns als Mannschaft. Bremen hat es im ersten Durchgang sehr gut gemacht, wir hatten zwischendurch richtig zu kämpfen. Der Trainer hat dann in der Pause reagiert und das System umgestellt. Wir lagen 0:1 hinten und er wollte offensiv wechseln. Der Plan ist aufgegangen und wir konnten am Ende noch einen wichtigen Punkt mitnehmen.
Sie haben zusammengerechnet bislang erst enttäuschende 90 Minuten gespielt. Prompt gab es erste Gerüchte, dass Sie dem FC im Winter leihweise den Rücken kehren. Was können Sie dazu sagen?
Castro-Montes: Das kann ich ausschließen. Ich werde definitiv hierbleiben und verschwende keinen Gedanken daran, woanders hinzugehen. Ich will beweisen, dass es die richtige Entscheidung der Verantwortlichen war, mich nach Köln zu holen. Dafür werde ich weiter hart arbeiten.
Sie haben in Belgien alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Wieso hat es bislang noch nie mit der belgischen Nationalmannschaft geklappt?
Castro-Montes: Ich stand mehrere Male kurz davor, nominiert zu werden. Vor allem vor der letzten WM hatte ich gute Chancen. Ich war in der Vorauswahl und mein Konkurrent Thomas Meunier hat sich damals verletzt. Ich habe mir berechtigte Hoffnungen gemacht mitzufahren, doch der Nationaltrainer entschied sich schließlich, eine andere Position im Kader zu besetzen. Das war echt schade, ich würde gerne für mein Land spielen – und habe den Traum noch nicht aufgegeben. Ich bin überzeugt davon, dass ich eine Chance bekommen werde, wenn ich beim FC konstant gute Leistungen zeige.
Lebt Ihr WM-Traum noch?
Alessio-Castro: Das wird so kurzfristig nicht reichen, so ehrlich muss man sein. Es ist einfach zu wenig Zeit bis zum Turnier. Im März ist schon die letzte Länderspiel-Unterbrechung und ich denke, der Coach wird dabei auf ein eingespieltes Team zurückgreifen. Da mache ich mir keine Illusionen.
Abschließend: Was sind Ihren nächsten Schritte und Ziele beim FC?
Castro-Montes: Ich will mich einfach immer weiter verbessern und so viele Einsatzminuten wie möglich sammeln. Bremen war hoffentlich nur der Anfang. Mein Anspruch ist es, dauerhaft in der Startelf zu stehen und der Mannschaft mit meinen Fähigkeiten weiterzuhelfen.




