FC sauer auf DFL & LeverkusenBaumgart muss sich zügeln – stichelt dann aber mit Streich-Frage

Steffen Baumgart gibt an der Seitenlinie Anweisungen beim Spiel 1. FC Köln gegen SC Freiburg.

Steffen Baumgarts 1. FC Köln verlor am Samstag (29. April 2023) mit 0:1 gegen Christian Streichs SC Freiburg.

Das Nachbarschaftsduell Bayer Leverkusen gegen 1. FC Köln wurde um zwei Tage vorverlegt. Die FC-Verantwortlichen reagieren mit Unverständnis, Steffen Baumgart muss sich zurückhalten.

von Jürgen Kemper (kem)Martin Zenge (mze)

In diesem Rhein-Duell steckt schon knapp eine Woche vor Anpfiff ordentlich Feuer!

Am Freitag (28. April) verlegte die DFL das Spiel des 1. FC Köln in Leverkusen vom 7. Mai (Sonntag, 15.30 Uhr) auf den 5. Mai (Freitag, 20.30 Uhr). Auf „eindringlichen Wunsch von Bayer 04”, damit die Werkself mehr Vorbereitungszeit auf das Europa-League-Halbfinale bei der AS Rom (11. Mai) hat.

Keller: „Habe mal gehört, dass es Integrität des Wettbewerbs gibt“

Die FC-Verantwortlichen schwiegen zunächst zu dem Vorgang – doch nach dem 0:1 gegen den SC Freiburg gibt’s Köln-Klartext für die DFL und Bayer!

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„Wir drücken Leverkusen die Daumen, das meine ich ganz ehrlich und aufrichtig. Sie sollen weiterkommen und bestenfalls auch die Europa League gewinnen. Es ist für den deutschen Fußball wichtig, dass wir international erfolgreiche Mannschaften haben. Davon profitiert auch der FC, wenn die Bundesliga international erfolgreich ist und dadurch an Renommee gewinnt“, legt Sport-Geschäftsführer Christian Keller (44) diplomatisch los.

Auch sportlich sei die Verlegung für den FC „nicht zwingend ein Nachteil“, werde „nicht ausschlaggebend für ein erfolgreiches Spiel“ sein. Dann kommt Keller zum „ganz großen Aber“.

Und zwar: „Ich habe mal gehört, dass es so etwas wie eine Integrität des Wettbewerbs gibt. Die gilt auch, wenn Bayer Leverkusen international spielt. Ich frage mich: Warum wurde nicht verlegt, als Frankfurt um die Europa League gespielt hat? Bayern München spielt fast jedes Jahr um einen internationalen Titel, da habe ich noch nie erlebt, dass ein Spiel verlegt wird. Kommt irgendwann jeder und will sein Spiel verlegen aus übergeordneten Gründen?“

Christian Keller: „Wir als Gegner werden als allerletztes involviert“

Was Keller meint: Laut Spielordnung darf die DFL eine Partie aus „übergeordneten Gründen“ derart kurzfristig verschieben. Im Falle von Bayer, dem einzigen verbliebenen deutschen Europapokal-Teilnehmer, wird dies so ausgelegt: Von einem Erfolg auf internationaler Ebene hat durch die Uefa-Fünfjahreswertung die ganze Liga etwas.

„Was sind übergeordnete Gründe?“, macht Keller weiter: „Ich habe verstanden, dass es für den deutschen Fußball wichtig ist. Was für mich noch wichtiger ist, ist die Gesundheit der Spieler. Wenn ich sehe, dass wir nur etwas mehr als 48 Stunden nach Slovacko gegen Hoffenheim spielen mussten – wegen einer 48-Stunden-Regel, die so überhaupt nirgendwo steht – verstehe ich das nicht. Das kann mir auch intern keiner erklären.“

Zur Erinnerung: Im Oktober 2022 wollte der FC seine Heim-Partie gegen Hoffenheim verschieben. Damals hatten die Kölner nach dem – wegen Nebel erst an einem Freitagmittag beendeten – Conference-League-Auftritt bei Tschechien-Klub Slovacko nur rund 52 Stunden Vorbereitungszeit. Hoffenheim durfte aufgrund der Kurzfristigkeit des FC-Antrags widersprechen. Anders als die Geißböcke jetzt, es gilt laut Liga-Spielordnung eine Vier-Tage-Frist.

1. FC Köln in der Einzelkritik

Bundesliga-Spiel gegen den SC Freiburg am 29. April 2023: Die Noten der FC-Profis

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Die Leverkusener bekommen von Keller ebenfalls ihr Fett weg: „Was mich auch nervt: Dass wir als Gegner als allerletztes involviert werden, wo die Nummer mehr oder weniger schon durch ist. Ich habe nach dem Slovacko-Spiel als allererstes Hoffenheims Alex Rosen (Sportchef, Anm. d. Red.) angerufen und gefragt, ob wir über eine Verlegung reden können. Wir sind nun als letztes angerufen worden.“

Es war die DFL, die den FC über den Antrag in Kenntnis setzte. Erst dann meldete sich Leverkusen! Für Keller nicht nachzuvollziehen. Genauso wie die Entscheidungsfindung innerhalb der DFL: „Wie die Abläufe sind, will niemand wissen, sonst verliert der eine oder andere den Glauben an die Integrität des Wettbewerbs.“ Harte Worte.

Steffen Baumgart mit vielsagender Pressekonferenz-Frage an Streich

Die Posse bringt sogar Trainer Steffen Baumgart (51), der eigentlich nie ein Blatt vor den Mund nimmt, zum Schweigen. Zumindest fast. Der FC-Coach musste sich bei der Freiburg-Pressekonferenz zügeln, sagte mehrfach „Ähm“ und dann nur: „Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Menschen, die mich kennen, wissen, was in mir abgeht. Manchmal muss selbst ich lernen, mich nicht zu allem zu äußern, das werde ich auch nicht.“

Als Freiburg-Kollege Christian Streich (57) über das Pokal-Halbfinale am Dienstag (2. Mai) gegen RB Leipzig sprach, konnte sich Baumgart doch nicht zurückhalten, schickte einen kleinen Giftpfeil nach Leverkusen, indem er Streich rhetorisch fragte: „Ihr kriegt das hin, nach so kurzer Vorbereitungszeit zu spielen?“

Kölns Vize-Kapitän Florian Kainz (30) biss sich auf die Lippen: „Ich weiß nicht, inwiefern ich mich dazu äußern soll. Wenn ich alles preisgebe, was ich dazu denke, kriege ich Probleme.“ Stürmer Davie Selke (28): „Da schließe ich mich an. Wir wollen kein Fass aufmachen, ich könnte jetzt hier auch einen raushauen. Es ist so entschieden worden und ich glaube, jeder kann nachvollziehen, wie wir das sehen.“

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Auch aus der Südkurve gab’s am Samstag Gegenwind für die DFL, die bekanntlich einen Investoren-Einstieg plant. In der Anfangsphase des Freiburg-Spiels waren zahlreiche Spruchbänder zu sehen. Unter anderem „Schluss mit dem Vermarktungswahnsinn“ oder „Ihr seid die größten Banditen, Anteilsverkäufe verbieten.“ Dazu „Scheiß DFL“-Wechselgesänge mit dem SC-Anhang.

Keller, seit März im Aufsichtsrat der DFL, meint: „Die Kritik kann ich in Teilen nachvollziehen. Mein Grund-Credo ist: Wir spielen Fußball für die Menschen. Da sollte man darauf hören, was den Menschen wichtig ist.“

Die Leverkusen-Verlegung ist für Teile der Fans, speziell mit weiter Anreise, gewiss ein Schlag ins Gesicht. „Viele Zuschauer und Dienstleister sind betroffen. Auch der Aspekt Sicherheit, die Polizei muss sich auf so ein Hochsicherheitsspiel einstellen“, gibt Keller zu bedenken: „Da muss man sich überlegen, ob das in der kurzen Zeit so clever war.“

Seine Abschlussworte: „Was mir wirklich wichtig ist: Wir drücken Leverkusen die Daumen und hätten im Normalfall ohne zu motzen mitgemacht. Aber den Ablauf und die Art und Weise finde ich nicht gut.“