Christian Erdmann (50) ist Wahl-Düsseldorfer, hält Kölner aber für warmherziger. Außerdem erklärt er, wieso er als (TV-) Schauspieler keinen Fernseher hat.
Christian Erdmann„Social Media? Da geh' ich lieber mit meinem Sohn angeln“

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Christian Erdmann ist einer der meist beschäftigen Schauspieler in Deutschland, spielt ebenso gern in Krimis wie in Komödien mit. Das Foto wurde 2022 aufgenommen.
Ein Schauspieler, der daheim schon früh den Fernseher abgeschafft hat, lieber mit seinem Sohn im Fluss steht und angelt als über den roten Teppich zu flanieren und dennoch beruflich total erfolgreich ist?
Gibt's wirklich. Wahldüsseldorfer Christian Erdmann (50) ist rundum glücklich und zufrieden im Rheinland. Nur eine Sache nervt den Fortuna-Fan gewaltig. Was das ist, verrät er im großen Talk mit EXPRESS.
Christian Erdmann über Social Media: „Brauche diese Ablenkung nicht“
In der ZDF-Komödie „Ein ganz großes Ding“ spielen Sie einen etwas trotteligen Ehemann. Da hat ganz klar die Frau die Hosen an. Wie sieht das in der Realität aus?
Christian Erdmann: Unsere Beziehung ist sehr gleichberechtigt, da haben alle die Hosen an, auch unsere beiden Kinder. Im Film geht es auch um die Neudefinition von Partnerschaft und Verliebtsein, und das sind in der Tat Fragen, die meine Frau und ich uns natürlich auch regelmäßig stellen, auch wenn wir uns nicht als Paar infrage stellen. Verfolgt jeder auch noch seine eigenen Ziele? Was bringt der Einzelne in die Beziehung ein? Sind wir noch das Paar, das wir vor zwei Jahren waren? Das sind Fragen, die hat Lennart, um den Bogen zum Film zu schlagen, oft verpennt. Da versuche ich schon wachsamer zu sein.
Ihre Filmfigur ist IT-Spezialist. Wie digital sind Sie aufgestellt, auch, was Social Media betrifft?
Christian Erdmann: Furchtbar schlecht. Ich bin jemand, der auf solche Sachen gut verzichten kann. Bahnfahrten, Reiseplanungen, Ämtergänge, da weiß ich das Digitale zu schätzen. Aber es lebt sich ohne Social Media entschieden entspannter. Deshalb habe ich noch nicht einmal einen Fernseher.
Als Schauspieler?
Christian Erdmann: Ja. Da muss ich ein bisschen aufpassen, das ist so eine Falle, in die ich allzu oft reingetappt bin in meinem früheren Leben. Als ich am Staatstheater in Meiningen beschäftigt war, meine erste eigene Wohnung und meinen ersten eigenen Fernseher hatte, habe ich nach den Proben nach jeder Vorstellung bis morgens um zwei, drei Uhr vorm Fernseher gesessen. Doch dann habe ich erkannt, was das für eine sinnlose Berieselung ist und dass man die Zeit doch viel besser nutzen kann. Deshalb schaue ich nur noch sehr gezielt ausgewählte Sachen in der Mediathek. Ich brauche diese Ablenkung nicht. Mich nervt es schon, wenn ich im Restaurant sitze und da Musik läuft. Ich verstehe das Vergnügen nicht, beim Essen Musik zu hören. Ich fühle mich abgelenkt vom Wesentlichen.

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Ehe-Szene aus „Ein ganz großes Ding“ (31. Juli, ZDF, jetzt schon in der Mediathek) mit Silke Bodenbender und Christian Erdmann.
Schaffen Sie es auch, Ihre Kinder zu digitaler Sparsamkeit zu erziehen?
Christian Erdmann: Ja, bei uns gibt es eine Begrenzung der Aktivitäten im Netz. Mein Sohn (13) hat eine Konsole und hält sich schon mal anderthalb Stunden am Handy auf, das ist das Limit bei uns. Er fragt auch schon mal nach TikTok, Facebook und Instagram. Nein, gibt es nicht. Doch er ist dann auch froh, wenn er mit seiner Fußballmannschaft unterwegs sein oder mit mir im Fluss stehen und angeln kann. Ich glaube, dass er diese Zeit in der realen Welt mehr zu schätzen weiß. Und ich denke, das hat tatsächlich was mit den Werten, die wir vermitteln, zu tun.
Sie kommen als Naturbursche rüber. Wenn Sie die Wahl hätten zwischen Stadt oder Land ...
Christian Erdmann: ... würde ich tatsächlich Land wählen. Beruflich war ich immer an Städte gebunden, Dresden, Hannover, jetzt Düsseldorf. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass wir aufs Land ziehen, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Zum Beispiel ins Chiemgau, dort machen wir immer Urlaub, unser Herzens- und Sehnsuchtsort. Wenn ich da aus dem Fenster schaue, denke ich immer, wie schön muss es sein, hier zu leben. Vorerst sind wir sehr gerne in Düsseldorf.
Haben Sie als Thüringer kein Problem mit den rheinischen Frohnaturen?
Christian Erdmann: Im Gegenteil. Diese Offenheit, diese permanent gute Laune und Neugier auf andere Menschen sind toll. Es fällt so wahnsinnig leicht, hier mit Menschen ins Gespräch zu kommen, auch bei so banalen Dingen wie Einkaufen. In Thüringen, Sachsen, Berlin oder auch München habe ich manchmal das Gefühl, dass ich mich entschuldigen muss, wenn ich einen Laden betrete.
Fortuna-Fan Erdmann übern FC: „Sehen uns in der Relegation wieder“
Machen Sie doch bitte mal beim Düsseldorf-Köln-Bashing mit.
Christian Erdmann: Das betrachte ich als Düsseldorf-Zugezogener mit einer amüsierten Distanz. Okay, in Köln empfinde ich die Leute sogar noch eine Ecke entspannter, herzlicher und wärmer. Nicht falsch verstehen: Das ist ein Vergleich auf hohem Niveau, weil es mir in Düsseldorf ähnlich geht. Aber in Düsseldorf stelle ich dann doch fest, dass ein gewisses Geltungsbedürfnis größer ist als in Köln. Aber die Düsseldorfer machen auch manches besser.
Zum Beispiel?
Christian Erdmann: Dem gesamten Stadtbild ein Gesicht zu geben. Die machen da sehr viel mehr als die Kölner, so weit ich das beurteilen kann. Der Stadtraum wird dem Fußgänger und dem Fahrradfahrer zurückgegeben, was ich auch architektonisch aufregend finde. Wenn ich in Köln bin, ist es enger, lauter, was es aber, mal positiv gesagt, auch quirliger macht. Was mich als Fortuna-Fan allerdings wahnsinnig getroffen und verletzt hat: Einer unserer besseren Spieler geht ausgerechnet zum FC. Da wünsche ich Köln von Herzen alles Schlechte (lacht). Wir werden uns im nächsten Jahr in der Relegation wiedersehen.
Und wie sieht es mit Karneval aus? Ein Düsseldorfer Namensvetter war sogar schon Karnevalsprinz ...
Christian Erdmann: Nein, Karneval ist nicht meins. Ich kann diese Entgrenzung, die Menschen an ein paar Tagen suchen, zwar nachvollziehen. Aber Kostümieren, Alkoholkonsum und diese Gruppendynamik, das habe ich alles in meinem Beruf, das brauche ich privat wirklich nicht.

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Den beliebten Ostfriesenkrimis, hier mit Picco von Groote und Barnaby Metschurat hat Erdmann (r.) den Rücken gekehrt, um nicht auf eine Rolle festgelegt zu werden.
Sie sind in diesem Jahr 50 geworden. Haben Sie Angst vor Alter?
Christian Erdmann: Nein, was ich an mir beobachte, ist eine größere Gelassenheit. Je älter ich werde, desto ruhiger und angstfreier werde ich. Ich habe meinen Platz gefunden, als Familienvater und auch im Beruf. Ich war noch nie so der Ehrgeizling oder das Rennpferd. Je älter ich werde, desto mehr freue ich mich über Freiräume, die Zeit mit meiner Familie, auf neue Hobbys wie Boxen, Tennis, Golf und Schlagzeug spielen.
Die Ostfriesenkrimis haben samstags immer Top-Quoten eingefahren. Warum sind Sie ausgestiegen?
Christian Erdmann: Das war eine große Entscheidung, auch finanziell. Es war ein Geschenk, Samstagabend, Kommissar im ZDF, das hätte ich auch noch mit 70 Jahren spielen können. Doch ich fand, jetzt mit 50 ist es an der Zeit, sich auf ein neues Terrain zu begeben, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Und dazu kommt: Wenn man allzu lange der Kommissar ist, fehlt manchen Leuten in der Branche auch die Fantasie, jemanden anders zu sehen, zu besetzen als in der Rolle, die schon lange bedient wird.
Also kein Neustart als „Tatort“-Kommissar?
Christian Erdmann: (lacht) Darüber würde ich nachdenken. Es gibt ja kein Ermittler-Team mehr in Düsseldorf, oder?
Christian Erdmann: Sein Herz schlägt für Fortuna Düsseldorf
Christian Erdmann wurde 1975 in Rudolstadt (Thüringen) geboren und studierte von 1995 bis 1999 an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg. Ab 1999 spielte er am Meininger Theater (Südthüringisches Staatstheater). 2002 wurde er festes Ensemblemitglied am Schauspiel Hannover. Von 2009 bis 2016 war Erdmann am Staatsschauspiel Dresden engagiert, 2016 bis 2020 am Düsseldorfer Schauspielhaus.
Mittlerweile konzentriert der Wahl-Düsseldorfer sich verstärkt auf Film und Fernsehen. Erdmann ist nicht nur Schauspieler, sondern auch Dozent an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Er lebt mit seiner Frau, Schauspielerin Anya Fischer, und seinen beiden Kindern in Düsseldorf und ist leidenschaftlicher Fortuna-Fan.