„Der Herr der schlaflosen Nächte“So sah Harald Lesch früher aus

Der Physikprofessor, der die Welt erklärt: Harald Lesch feiert am 28. Juli seinen 65. Geburtstag. (Bild: ZDF / [F] Johanna Brinckman / [H] Colourbox / Denisov / [M] Dirk Staudt)

Der Physikprofessor, der die Welt erklärt: Harald Lesch feiert am 28. Juli seinen 65. Geburtstag. (Bild: ZDF / [F] Johanna Brinckman / [H] Colourbox / Denisov / [M] Dirk Staudt)

Seit fast 20 Jahren erklärt Harald Lesch zur besten Sendezeit im ZDF die (wissenschaftliche) Welt, seine TV-Karriere begann der Physikprofessor, der am 28. Juli 65 wird, aber fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Gibt es Fragen, auf die selbst er keine Antwort findet? Man kann es sich kaum vorstellen. Schließlich findet Harald Lesch in seinen TV-Sendungen doch meist so passende wie unterhaltsame Worte, sei es zu Klimawandel und Energiewende, Mobilität und KI oder Smartphones und Haustieren.

Seit 2008 kennt man ihn als Moderator von zahlreichen Wissenssendungen im ZDF, in denen sich der Physikprofessor der gesamten Bandbreite der Forschung widmet - und klärt mit der Macht der Fakten darüber auf, wie unsere Welt funktioniert und was sie gefährdet.

Dabei war diese „Nebentätigkeit“ keineswegs geplant, in seine TV-Karriere stolperte Lesch per Zufall. Und war lange Zeit nur Menschen ein Begriff, die spät nachts noch vor dem Fernseher hingen.

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So fing alles an: In der BR-Sendung „alpha centauri“ klärte Harald Lesch über Phänomene des Weltraums auf. (Bild: BR)

So fing alles an: In der BR-Sendung „alpha centauri“ klärte Harald Lesch über Phänomene des Weltraums auf. (Bild: BR)

Aufgewachsen ist er in Oberhessen. Sein Vater war Starkstromelektriker, die Mutter Hausfrau, dazu eine Gaststätte, und er war das Kneipenkind. Sein Abitur machte er auf der Gesamtschule, seine Leistungen in Mathematik waren nicht überragend. „Ich bin ein klassischer Bafög-Mensch“, erzählt er einst im teleschau-Interview. Einer aus einfachen Verhältnissen also, und das ist bis heute für ihn die Grundlage für sein Talent, Wissen so zu vermitteln, dass es jeder versteht.

2008 wurde Harald Lesch der Nachfolger von Joachim Bublath als Moderator der ZDF-Wissensendung „Abenteuer Forschung“. (Bild: ZDF / Thomas R. Schumann)

2008 wurde Harald Lesch der Nachfolger von Joachim Bublath als Moderator der ZDF-Wissensendung „Abenteuer Forschung“. (Bild: ZDF / Thomas R. Schumann)

Er ging ins Rheinland, machte ein wenig Theater und Kabarett und begann, gerne zu reden. „Der Rheinländer ist genetisch erzählinkontinent, das hat mich geprägt.“ Dann wechselte er nach München, und hier ist er seit 30 Jahren Professor für Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität.

Leschs Formel: Sachverhalte in Alltagssprache erklären

Und wie kommt ein Professor ins Fernsehen? Der Bayerische Rundfunk bat ihn, einen Vortrag zu halten. Sie hielten mit der Kamera drauf. 15 Minuten sollten es werden. Und Lesch redete und redete. Es ist überliefert, dass bei seinem ersten TV-Auftritt, die Dreharbeiten unterbrochen werden mussten, weil die Kameraleute nicht mehr auf ihre Ausrüstung achteten. Sie wandten den Blick dem Referenten zu und lauschten.

Theologe trifft Naturwissenschaftler: In der ZDF-Reihe „Lesch sieht Schwartz“ diskutiert Harald Lesch (links) mit dem Theologen Thomas Schwartz über die großen Fragen des Lebens. (Bild: ZDF/THOMAS BRESINSKY)

Theologe trifft Naturwissenschaftler: In der ZDF-Reihe „Lesch sieht Schwartz“ diskutiert Harald Lesch (links) mit dem Theologen Thomas Schwartz über die großen Fragen des Lebens. (Bild: ZDF/THOMAS BRESINSKY)

Von 1998 bis 2007 moderierte der Professor die Sendung „alpha centauri“, die sowohl im Spartenkanal BR-alpha als auch beim BR im Rahmen der „Space Night“ nach Mitternacht lief, ein frühes Portrait nannte ihn dementsprechend „Herr der schlaflosen Nächte“.

Faszination Universum: Harald Lesch ist seit 30 Jahren Professor für Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität. (Bild: ZDF / Claudius Pflug)

Faszination Universum: Harald Lesch ist seit 30 Jahren Professor für Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität. (Bild: ZDF / Claudius Pflug)

Warum fällt der Mond nicht auf die Erde? Brauchen wir den Jupiter? Wie dünn war die Ursuppe? Wie entsteht ein Galaxienhaufen? Lesch lockte bereits damals mit simplen Fragen und präsentierte in klar formulierten Antworten komplexe Zusammenhänge.

Und schon damals war ihm eines wichtig: Es reiche ein „gesunder Menschenverstand“, um ihm zu folgen. Er benutzte keine Grafiken, keine Bilder, maximal kritzelte er etwas an die Tafel, die im „alpha centauri“-Studio stand. Nur ohne die Verwendung von Hilfsmitteln könne er sich selbst beweisen, ob er „etwas wirklich verstanden habe“, sagte Lesch über seine Methode, „Wenn das so ist, kann ich jeden Sachverhalt in Alltagssprache erklären.“

Was Harald Lesch sprachlos macht

Und doch kann sich Lesch nicht alles erklären. Vor allem dass es eine wachsende Anzahl von Menschen gibt, die gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen skeptisch sind und an falschen Theorien festhalten, erstaunt ihn immer wieder.

Im teleschau-Interview schilderte er im Mai eine Begegnung mit einem U-Bahn-Fahrer: „Der sagte mir: 'Herr Lesch, schön, dass wir uns sehen, ich liebe Ihre Sendungen. Aber bei einer Sache sind wir uns nicht einig: Kugel oder Scheibe?' Natürlich ist die Erde eine Kugel, antwortete ich. Er verneinte das. Da war ich fassungslos.

Und das ist noch ein lustiges Beispiel, es gibt natürlich diese ganz harten und unangenehmen Varianten. Und das hat sich im Laufe der Jahre verstärkt.“ (tsch)